vonRedaktion Salzburg
MÄRZ 02, 2023
Steiermark beteiligte sich als erstes Bundesland am „Equal Care Day“.
Graz (2. März 2023).- Der „Equal Care Day“ ist eine deutsche – und nunmehr mit der Steiermark eine internationale – Initiative rund um den im Kalender zumeist unsichtbaren 29. Februar. Ziel ist mehr Sichtbarkeit, Wertschätzung und eine faire Verteilung der Mental Load, Sorge-, Pflege- und Versorgungsarbeit.
Der erste Steirische Equal Care Day wurde unter dem Motto „Wege in eine fürsorgliche Steiermark“ am 1. März 2023 im Steiermarkhof veranstaltet und war mit rund 150 Teilnehmerinnen und Teilnehmern ein großer Erfolg. Erstmals konnten sich rund 30 Care-Organisationen zum Thema vernetzen, das unter dem Radar der öffentlichen Wahrnehmung läuft und gleichzeitig unverzichtbar für die Gesellschaft ist – Fürsorgearbeit ist die Grundvoraussetzung, dass Wirtschaft und Gesellschaft überhaupt erst funktionieren.
Am Vormittag gab es Impulsvorträge von Klaus Wegleitner (Zentrum für Interdisziplinäre Alters- und Care-Forschung) und Elli Scambor (Institut für Männer- und Geschlechterforschung) zu den Themen „Fürsorgliche Kommunen“ und „Fürsorgliche Unternehmen“. Am Nachmittag stand neben dem Marktplatz zur Vernetzung und nach einer eindrucksvollen szenischen Intervention von InterACT ein Podiumsgespräch mit Landesrätin Juliane Bogner-Strauß, Elke Edlinger von der Initiative „Fair sorgen“, Harald Koberg (A6 – Fachabteilung Gesellschaft) und Bernadette Pöcheim von der Arbeiterkammer Steiermark zum Thema „Männer, mehr Wertschätzung oder eine neue Sorgekultur – wen oder was braucht es eigentlich für eine fürsorgliche Steiermark?“ am Programm.
Juliane Bogner-Strauß zeigte sich dankbar für die Initiative. Es brauche mehr Aufmerksamkeit, „gesellschaftlich und natürlich auch politisch“ für die Care-Arbeit, um Gleichstellung, wie sie in der Steirischen Gleichstellungsstrategie beschrieben und mit dem Aktionsplan hinterlegt ist, „auf den Boden zu bringen“. Es sei zudem wirtschaftlich irrational, die Potentiale von Frauen für die Gesellschaft, und die Potentiale von Männern für die Care-Arbeit nicht zu nutzen, so die Landesrätin. Elke Edlinger schlug in die gleiche Kerbe: Die öffentliche Wahrnehmung lasse das Thema unbezahlte Sorgearbeit gerne aus. Als die Publikation des Landes Steiermark „Gleichstellung in Zahlen“ am Jahresbeginn präsentiert wurde, war das mediale und gesellschaftliche Echo überschaubar, so Edlinger. Vor allem Corona hat die Problematik der Care-Arbeit verschärft. Viele Frauen mussten diese vermehrt zu Hause oder in „systemrelevanten“ Berufen leisten, aber es fehle weiter an einer gesellschaftlichen Verständigung zu den Rahmenbedingungen von Sorgearbeit. Bernadette Pöcheim betonte, dass es vor allem Frauen aus gescheiterten Ehen und damit auch Kinder unter einer ungerechten Verteilung von Care Arbeit leiden. Diese hätten keine Wahl, es fehle nicht nur an persönlichen Ressourcen, sondern vor allem an Kinderbetreuung und sozialer Abfederung bzw. vor allem fairer Entlohnung. Der Kulturanthropologe Harald Koberg postulierte: „Wir haben kein Wissens-Problem, wir haben ein Tun-Problem!“. Viele Väter lebten eine „performative Vaterschaft“ und hätten oft nicht das Gefühl, ihre Partnerinnen noch mehr unterstützen zu müssen. Dazu brauche es neue Narrative der Männlichkeit. „Die Welt wird für Männer dadurch nicht schlechter, sondern für alle besser“, so Koberg.
Care-Arbeit beschreibt die unbezahlten und bezahlten (re-)produktiven Tätigkeiten des Sorgens und Sich-Kümmerns, ist Fürsorge und Selbstsorge. Sie beginnt mit der Begleitung und Versorgung Neugeborener und Gebärender, reicht über die Erziehung, Bildung und Betreuung von Kindern im Vor- und Grundschulalter, die familiäre und professionelle Pflege und Unterstützung bei Krankheit oder Behinderung über die Hilfe zur Selbsthilfe – unter Freundinnen und Freunden, Nachbarinnen und Nachbarn, im Bekanntenkreis – bis zur Altenpflege, Sterbebegleitung und Grabpflege.
Zahlen, Daten, Fakten zum Thema Gleichstellung in der Steiermark
Jede zweite Steirerin ist teilzeitbeschäftigt. 51 Prozent der Frauen sind in der Steiermark teilzeitbeschäftigt – bei Männern sind es 11 Prozent. Als Hauptgrund für Teilzeit nennen die Frauen die Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen.Nur 8 Prozent der Männer arbeiten in den Bereichen Erziehung und Unterricht, Gesundheit und Sozialwesen.Nur 1,7 Prozent des Betreuungspersonals in Kinderbetreuungseinrichtungen sind Männer.Der Gender Pay Gap beträgt in der Steiermark knapp 40 Prozent – berechnet man nur die Vollzeiterwerbstätigkeit, beträgt er knapp 15 Prozent.Der Pension Pay Gap beträgt in der Steiermark 40,5 Prozent – Frauen erhalten also um 40 Prozent weniger Pension als Männer.2020 waren 18,6 Prozent der Personen, die in Elternkarenz gewechselt haben, männlich – der Anteil der Männer in Elternkarenz steigt kontinuierlich. Der Großteil (92,5 Prozent) der Männer bleibt unter drei Monate in Karenz.Der Familienzeitbonus (= Papamonat) wird bei rund 17 Prozent der Geburten in Anspruch genommen.Die Kinderbetreuungsquote bei den Unter-Dreijährigen beträgt 22,9 Prozent.30,4 Prozent der Kinderbetreuungseinrichtungen haben zehn und mehr Stunden geöffnet.In der Steiermark gibt es 123 Pflegeheimbetten pro 1.000 Einwohnerinnen und Einwohner.20,3 Prozent der Frauen und 12,6 Prozent der Männer gaben 2019 an, eine Personen zu pflegen.23,8 Prozent der steirischen Bevölkerung ist 65 Jahre und älter.
Quelle: Land Steiermark