vonRedaktion International
OKTOBER 25, 2023
Investorengruppe DBR wird Verantwortung für Fernbus-Terminal Projekt entzogenWien Holding lässt Umwälzen von Mehrkosten auf Steuerzahler*innen nicht zu
Der in einem EU-weiten Wettbewerb als Sieger hervorgegangenen Investorengruppe DBR - Donau Busterminal Realisierung GmbH (Dr. Ariel Muzicant und Dr. Markus Teufel) wird von der Wien Holding die Verantwortung für den Bau des neuen internationalen Fernbus-Terminals in Wien Leopoldstadt entzogen.
Das geschieht durch Kündigung des im Jahr 2021 abgeschlossenen Baukonzessionsvertrages (BKV), der das Zusammenwirken von Stadt Wien, vertreten durch die zur Wien Holding gehörenden WH Fernbus-Terminal Projektentwicklung GmbH (WH Fernbus-Terminal), und der Investorengruppe DBR regelt. Die Kündigung wurde der DBR heute Dienstag, den 24. Oktober 2023, zugestellt.
Die DBR hatte die Aufgabe, das Projekt umzusetzen und zu finanzieren, und zwar zu den in der Ausschreibung vereinbarten Bedingungen und in einem vereinbarten Zeitraum mit Baubeginn 2024 und Fertigstellung Ende 2027. Das Projekt besteht aus dem Fernbusterminal und einem darüber angeordneten Hochbau von 105 Metern für Hotel- oder Büronutzung.
Fernbus-Terminal wird auf alle Fälle gebaut
Die Errichtung des zentralen Fernbus-Terminals Wien hat für die Stadt Wien und die Wien Holding wie bisher höchste Priorität. Denn er wird künftig neben dem Flughafen und dem Hauptbahnhof Wien die dritte starke Säule im Personen-Fernverkehr sein. Deshalb ist auch klar, dass das Projekt Fernbus-Terminal auf alle Fälle realisiert wird – auch in immobilienwirtschaftlich schwierigen Zeiten.
In der WH Fernbus-Terminal laufen derzeit die konkreten Planungen, den Fernbus-Terminal ohne die DBR umzusetzen. Bis zum Jahreswechsel wird über die Art und Weise der weiteren Projektumsetzung entschieden und diese dann so rasch wie möglich gestartet werden. Der ursprünglich für Mitte nächsten Jahres geplante Baubeginn wird sich dementsprechend verzögern.
Die Betreibergesellschaft BGR Busterminal GmbH, bestehend aus den Firmen Blaguss, Gschwindl und Dr. Richard, wird wie geplant für einen optimal geführten Fernbus-Terminal sorgen.
Unüberbrückbare Differenzen
Die WH Fernbus-Terminal Projektentwicklung GmbH setzt diesen Schritt der Vertragskündigung aufgrund des Vorliegens von im Baukonzessionsvertrag definierten wichtigen Gründen, die eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses unzumutbar machen. Darüber hinaus gibt es auch unüberbrückbare Differenzen hinsichtlich der Projektumsetzungsziele.
Diese Differenzen entstanden bereits im Mai 2023 im Zusammenhang mit der ungerechtfertigten Kündigung des Baukonzessionsvertrages durch den Investor. DBR begründete diesen Schritt mit der hohen Inflationsrate, den stark steigenden Baukosten und dem Einbruch des Marktes für Immobilieninvestments von institutionellen Endinvestoren. Die DBR hat dann jedoch diese Kündigung im Juli 2023 als „gegenstandslos“ wieder zurückgezogen.
Zur möglichen Auflösung der Differenzen wurde vereinbart, dass es über einen Zeitraum von maximal sechs Monaten entsprechende Gespräche und Verhandlungen mit der DBR geben wird. Diese Nachdenkpause ist jedoch ohne Annäherung der Vertragsparteien verlaufen.
Keine Bereitschaft des Investors, das Projekt vertragskonform und zügig umzusetzenDBR fordert, dass die Stadt Wien volles Risiko und Mehrkosten übernimmt
Obwohl die WH Fernbus-Terminal Projektentwicklung GmbH alle Voraussetzungen für eine erfolgreiche Projektumsetzung geschaffen hat, fehlt bei den Investoren weiterhin die Bereitschaft, das Projekt vertragskonform und zügig zu realisieren.
So verfolgte die Investorengruppe DBR – mit der Argumentation der schwierigen Situation auf den Immobilien- und Finanzmärkten – weiterhin das Ziel, das Risiko und die Mehrkosten auf die Stadt Wien oder die Wien Holding abzuwälzen. Obwohl vertraglich vereinbart ist, dass ein solches Risiko und die damit verbundenen Kosten vom Investor zu tragen sind.
Im Rahmen der Projektentwicklung durch die DBR hat sich aufgrund der umfangreichen abändernden Planungen des Investors und der nun vorliegenden immobilienwirtschaftlichen Krise die Situation ergeben, dass sich das Projekt für DBR in dieser weiterentwickelten und abgeänderten Form einfach nicht mehr rechnet. DBR versucht nun, auf Zeit zu spielen, in der Hoffnung, dass sich die immobilienwirtschaftliche Lage in den nächsten Jahren verbessert. Das dadurch entstehende Risiko und die Mehrkosten will DBR auf die Stadt Wien übertragen, was die Wien Holding als öffentlicher Auslober auf keinen Fall zulassen darf.
Einige der vielen Beispiele dafür:
In diesem Sinn ist die DBR bis heute trotz mehrfacher Aufforderung nicht bereit den ausverhandelten und unterschriftsreif vorliegenden Baurechtsvertrag zu unterzeichnen und den vereinbarten vorschüssigen Bauzins zu zahlen, obwohl er hierzu seit 14. Juli 2023 verpflichtet gewesen wäre.
Mit dem Bau des Fernbusterminals will die DBR (vertraglich vereinbart mit der DBR war ein Baubeginn Mitte 2024) erst beginnen, wenn der Leitzins der EZB unter 300 Basispunkte fällt. Wann das der Fall sein wird, kann derzeit niemand einschätzen. Für den Fall, dass der Leitzins nicht sinkt, verlangt die DBR ein Rücktrittsrecht und den Ersatz der bis dorthin angelaufenen und verzinsten Kosten durch die Stadt Wien oder die WH Fernbus-Terminal.
Die DBR verlangt hinsichtlich aller kommenden Bewilligungsverfahren, dass die WH Fernbus-Terminal dafür zu sorgen hat, dass keine Einwände der Stadt Wien oder ihr zuzuordnenden Stellen (Behörden, Betriebe, Unternehmen) erhoben werden. Die DBR will quasi einen „Persilschein“ der Behörden, damit das Projekt durchgewunken wird. Die mit behördlichen Auflagen verbundenen Kosten will die DBR ebenfalls auf die Stadt Wien abwälzen.
Auch die vertraglich vereinbarte Valorisierung des Bauzinses wird vom Investor nicht akzeptiert. Eine „Kleinigkeit am Rande“ zum Drüberstreuen: Die DBR will auch 300 Stellplätze mit garantierter Verfügbarkeit im Stadion Center, obwohl das nie vertraglich vereinbart war.
Wien Holding lässt Umwälzung von Mehrkosten auf Steuerzahler*innen nicht zu
Die Wien Holding und die WH Fernbus-Terminal werden es nicht zulassen, dass die vom Investor und seinen Forderungen verursachten Mehrkosten auf die Steuerzahler*innen abgewälzt werden. Die WH Fernbus-Terminal will und wird die Forderungen des Investors nicht erfüllen. Nicht zuletzt deshalb, da dies sogenannte „wesentliche Vertragsänderungen“ bedeuten würde. Solche Vertragsänderungen sind jedoch nicht zulässig, weil das Wettbewerbsrecht die nachträgliche, wesentliche Änderung von Ausschreibungsbedingungen eines Vergabeverfahrens nicht zulässt.
Gleichzeitig prüfen die Anwälte der WH Fernbus-Terminalauch mögliche Schadenersatzforderungen an die DBR.
Quelle: Stadt Wien