vonOTS
JUNI 02, 2022
Die Preisträgerin ging als Siegerin aus einer Short-List von 20 jungen Künstler*innen mit Lebens- und Arbeitsmittelpunkt in Österreich hervor.
Wien (OTS) - Huda Takriti darf sich über ein mit 60.000 Schweizer Franken (ca. 58.000 Euro) dotiertes Arbeitsstipendium der Stiftung Vordemberge-Gildewart freuen, das einmal jährlich an junge Künstler*innen unter 35 verliehen wird. Damit gehört das Vordemberge-Gildewart Stipendium zu den höchstdotierten Nachwuchsförderungen in Europa.
Im Rahmen der Eröffnung am 1. Juni 2022 im mumok verlieh die Präsidentin der Jury, Isabelle Krieg, den Preis an Huda Takriti. Die Jury begründete ihre Entscheidung mit folgenden Worten:
„In ihrer zweiteiligen Installation Refusing to Meet Your Eye von 2022, die aus einem Einkanalvideo und einer Sammlung von Dokumenten besteht, führt Huda Takriti uns in einen Strom von Archivbildern aus dem Jahr 1969. Ausgangspunkt für die fundierte Recherche ist eine Flugzeugentführung, bei der erstmals eine Frau federführend war. Bemerkenswert ist, dass die Entführerin einen Fotografen beauftragt hatte, die Sprengung des nach Damaskus umgeleiteten, leeren Passagierfliegers für Archivzwecke zu dokumentieren. Da der Fotograf jedoch vergaß, den Objektivdeckel abzunehmen, resultierte ein schwarzes Foto. Das Ereignis blieb undokumentiert.
Formal höchst präzise verbindet Huda Takriti das gesammelte Recherchematerial zu dem Vorfall mit weiteren Dokumenten aus dem ereignisreichen Jahr 1969 zu einer dichten und äußerst aktuellen Reflexion über die Macht des Bildes und den Prozess der Wahrheitsproduktion. Im Film ziehen in schnellen Schnitten teils ikonische Medienbilder am Auge vorbei, kombiniert mit Computeranimationen aus dem All und mit Fahrten durch ein fiktives Archiv. Dessen scheinbar gefluteter Boden, der als Verweis auf die zeitgenössische Flut von digitalen Bildern gelesen werden kann, bringt das Archiv ins Wanken – und damit stellvertretend auch den Wahrheitsgehalt der gelagerten Materialien. Mit dieser komplexen Zusammenführung verschiedener Themenstränge trifft Huda Takriti den Nerv der heutigen Zeit: Wie hängen Bilder und Geschichtsschreibung zusammen? Welche Bilder bekommen wir zu sehen, welche bleiben verborgen und wer entscheidet darüber? Wie entsteht daraus unsere Realität? Und wie kann es sein, dass in Zeiten von Photoshop und Fake News das Bild noch immer eine so hohe Beweismacht besitzt?
Die Jury ist beeindruckt von der Fähigkeit der jungen Künstlerin, uns auf eine Reise durch Raum und Zeit zu entführen und dabei mit den Mitteln des Bildes selbst den Status des Bildes zu hinterfragen.“
Biografie Huda Takriti
Huda Takriti geboren 1990 in Damaskus, Syrien, lebt und arbeitet in Wien. Sie studierte Malerei an der Faculty of Fine Arts, Damaskus University, Syrien und im Anschluss TransArts, an der Universität für Angewandte Kunst Wien. Ausstellungen: and|or–but, yay*, Kunstraum Lakeside, Klagenfurt / Universität für angewandte Kunst Wien, 2018; Weaving Truths, Untangling Fictions (Duo), Kunsthalle Wien, 2020; Produktive Unterbrechung II, TransArts beim Angewandte Festival, Wien, 2020; inframince, infra-mince, infra mince, Universitätsgalerie im Heiligenkreuzerhof, Wien, 2021 Huda Takriti ist Kunsthalle Wien Preisträgerin 2020.
„nominiert …“ Vordemberge-Gildewart Stipendium 2022
Die Ausstellung (2. Juni bis 21. August 2022) präsentiert die Short-List der nominierten Künstler*innen, wobei die Auswahl der gezeigten Werke oder Werkserien durch die Künstler*innen selbst erfolgte.
Auswahlverfahren 2022 mit mumok als organisatorischem Partner
Die/der Stipendiat*in wird jährlich von einer unabhängigen internationalen Jury auf Grundlage einer Gruppenausstellung ausgewählt, welche die Stiftung gemeinsam mit einer europäischen Kunstinstitution organisiert. Heuer hat das mumok als organisatorischer Partner die Vergabe des Stipendiums 2022 vorbereitet. Damit ging das Preisgeld 2022 an Huda Takriti, einer Künstlerin mit Arbeits- und Lebensmittelpunkt in Österreich, da jährlich die regionale junge Kunstszene der kooperierenden Institution im Fokus steht. Um einen möglichst umfassenden Überblick über die wesentlichen künstlerischen Positionen in diesem Bereich zu gewinnen, lud das mumok renommierte Künstler*innen und Kunstwissenschaftler*innen, die an hiesigen Kunstschulen tätig und mit jüngeren künstlerischen Entwicklungen bestens vertraut sind, ein, mögliche Teilnehmer*innen für die Ausstellung vorzuschlagen. Aus der so entstanden Long-List mit 83 Nennungen wurden anschließend von den Kurator*innen des mumok die finalen 20 Teilnehmer*innen bestimmt.
Short-List 2022
Für das Stipendium 2022 wurden Rehema Chachage, Ilkin Beste Çirak + Nigel Gavus, Lukas Gritzner, Jojo Gronostay, Flora Hauser, Aklima Iqbal, Ana Likar, Irina Lotarevich, Marlene Maier, Theodor Maier, Cecilie Norgaard, Anne Schmidt, Myles Starr, Miriam Stoney, Laurence Sturla, Huda Takriti, Anna Tje, Johanna Charlotte Trede, Valentina Triet und Antoinette Zwirchmayr nominiert.
Die Stiftung
Die Stiftung Vordemberge-Gildewart wurde 1981 testamentarisch von Ilse Engelina Vordemberge, geborene Leda, der Witwe des Künstlers Friedrich Vordemberge-Gildewart, in der Schweiz gegründet. Ziel der Stiftung ist es, das künstlerische Werk von Friedrich Vordemberge-Gildewart zu erhalten und in seinem Sinne junge bildende Künstler*innen zu fördern. In Zusammenarbeit mit namhaften Institutionen in ganz Europa werden jedes Jahr junge Künstler*innen zum Wettbewerb eingeladen. Seit 1983 vergab die Stiftung auf diesem Weg 38 Stipendien. Website der Stiftung
Friedrich Vordemberge-Gildewart
Friedrich Vordemberge-Gildewart (* 17. November 1899 in Osnabrück als Friedrich Vordemberge; † 19. Dezember 1962 in Ulm) war ein deutscher Grafiker, Maler und Bildhauer. Sein Nachlass, bestehend aus Kunstwerken, schriftlichen und fotografischen Dokumenten sowie seiner Bibliothek, befindet sich seit 1997 im Museum Wiesbaden. Friedrich Vordemberge-Gildewart war Teilnehmer der documenta 1 (1955) und der documenta II (1959) in Kassel. Weiterführende Informationen
„nominiert …“ Vordemberge-Gildewart Stipendium 2022 Laufzeit 2. Juni bis 21. August 2022
Quelle: OTS