Wien: 10 Jahre Verwaltungsgericht Wien
Erfolgreiche Etablierung einer Bundesländerverwaltungsgerichtsbarkeit
Am Montag, dem 15. Jänner 2024, feierte das Verwaltungsgericht Wien mit zahlreichen Ehrengästen aus Politik, Verwaltung, Gerichtsbarkeit und Wirtschaft seinen zehnjährigen Geburtstag.
Vor genau 10 Jahren trat in Österreich eine Neustrukturierung des Rechtsschutzsystems im Bereich der Verwaltungsgerichtsbarkeit sowie die größte Verwaltungsreform der letzten Jahrzehnte in Kraft:
Statt zahlreicher Berufungssenate, Sonderbehörden und Kommissionen pro Bundesland wurden in Österreich neun Landesverwaltungsgerichte sowie zwei Verwaltungsgerichte des Bundes (Bundesverwaltungsgericht und Bundesfinanzgericht) geschaffen. Dieser Systemwechsel hin zu einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz in den Bundesländern war dafür gedacht, den übergeordneten Verwaltungsgerichtshof zu entlasten und die Dauer von Verfahren für Bürgerinnen und Bürger zu verkürzen.
Wiener Verwaltungsgericht: 85 Richter*innen, 16.000 – 17.000 Verfahren jährlich
Pro Jahr fallen zwischen 16.000 und 17.000 Akten an, die vom Verwaltungsgericht Wien bearbeitet werden müssen. In Summe waren in den letzten 10 Jahren daher 170.000 Verfahren zu bewältigen. Dass davon rund 165.000 erledigt werden konnten, ist als herausragende Leistung aller Gerichtsbediensteten einzustufen.
Neben 85 Richterinnen und Richtern arbeiten dort 20 Landesrechtspflegerinnen und - rechtspfleger, die einerseits den Richterinnen und Richtern zuarbeiten und andererseits einfache Verfahren im Bereich der Mindestsicherung und der Wohnbeihilfe selbst führen. Die Übrigen der insgesamt 220 Gerichtsbediensteten gehören zum Verwaltungspersonal, das den Betrieb am Laufen hält und im Kanzlei- und Bürobereich den Judizierenden zuarbeitet.
Trotz unterschiedlicher Ausrichtung gilt professionelles Arbeiten mit der Rechtsmaterie
„Von der Arbeitsbelastung besonders spürbar waren Verfahren im Bereich der komplexen Bauordnung einer Großstadt, das Niederlassungs- und Aufenthaltsrecht als Seismograf der wirtschaftlichen Migration in einer Zwei-Millionen-Stadt, oder auch das Vergaberecht im Vollziehungsbereich des Landes mit komplexen Großaufträgen etwa für neue Straßenbahnen oder medizinische Geräte für die großen Krankenhäuser des Wiener Gesundheitsverbundes“, betonte der Präsident des Wiener Verwaltungsgerichts, Dieter Kolonovits, in seiner Festrede und zollte so den 220 Gerichtsbediensteten Dank und Anerkennung aus. Er hob insbesondere hervor, dass „94% aller Entscheidungen von den rechtsschutzsuchenden Parteien akzeptiert und nicht mehr weiter bekämpft werden“.
Der Leiter des Inneren Dienstes des Magistrats Wien und damit der größten Verwaltungsstrafbehörde Österreichs, Magistratsdirektor Dietmar Griebler, gratulierte und dankte ebenfalls der „sehr guten Arbeit“ des Verwaltungsgerichts Wien und wies in seiner Rede auf eine Gemeinsamkeit beider Institutionen hin, nämlich deren faire, professionelle Ausrichtung: „Bei aller Unterschiedlichkeit, die die Behörden 1. Instanz und das Verwaltungsgericht Wien in ihrer Ausrichtung haben bzw haben müssen, ist erfreulich festzustellen: Sie arbeiten mit den gleichen Rechtsmaterien und bearbeiten zB Verwaltungsübertretungen sowie Handlungen gegen gesetzliche Vorschriften von Bürgerinnen und Bürgern – also dieselben Lebenssachverhalte – in einem äußerst professionellem Ausmaß“. Als Beispiel beleuchtete er die COVID-Pandemie, während der es neben den erforderlichen kurzfristigen Rechtsanpassungen auch zu großer Stressbelastung aller kam, was sich ua auch in stark steigenden Verfahrenszahlen widerspiegelte: „In 76% der Beschwerdefälle von Wiener COVID-Verwaltungsstrafverfahren wurde die Entscheidung der Wiener Verwaltung durch das Verwaltungsgericht Wien bestätigt. Dies ist vor dem Hintergrund sich teils im Staccato ändernder Vorgaben ein ausgezeichnetes Ergebnis. Vielmehr aber: Damit wurde von unabhängiger, weisungsfreier Stelle bestätigt, dass etwas mehr als ¾ aller beeinspruchten Fälle der Wiener Verwaltung in 1. Instanz kongruent zu den gesetzlichen Vorgaben behandelt wurden.“
Umsetzung Sicherheitskonzept und Digitalisierungsschub
Das Wiener Verwaltungsgericht war in den letzten Jahren mit größeren Umbaumaßnahmen zur Weiterentwicklung des Sicherheitskonzeptes beschäftigt, im Zuge dessen ein vom Bürobereich abgetrennter öffentlicher Bereich im bestehenden Amtshaus eingerichtet wurde. In diesem öffentlichen Bereich sind die Einlaufstelle, 21 Verhandlungssäle und der zentrale Akteneinsichtsraum angesiedelt. Diese moderne Infrastruktur bietet zeitgemäße Voraussetzungen für die rund 8.000 mündlichen Verhandlungen, die pro Jahr im Gericht abgehalten werden.
In den nächsten Jahren gilt es, den Gerichtsbetrieb auf die Herausforderungen der Digitalisierung in der Aktenführung bestmöglich aufzusetzen, waren sich alle Beteiligten am Ende der gelungenen Veranstaltung einig.
Quelle: Stadt Wien