Österreich: Aids Hilfe Wien - Wir müssen reden!
Foto: Aids Hilfe Wien/Jürgen Hammerschmid
Foto: Aids Hilfe Wien/Jürgen Hammerschmid
3 Forderungen zum Welt-AIDS-Tag, um HIV-Pandemie einzudämmen
Im Schnitt erhielt in Österreich im Vorjahr jeden Tag mindestens eine Person die Diagnose HIV-positiv (im Schnitt etwa 1,3 Neudiagnosen/Tag [1]). Weltweit betrachtet lebten 2022 etwa 39 Millionen Menschen (circa 0,5% der Weltbevölkerung) mit einer HIV-Infektion – ungefähr 53% davon weiblich.[2] Anlässlich des Welt-AIDS-Tages am 1. Dezember, macht die Aids Hilfe Wien daher mit drei Forderungen auf den dringenden Handlungsbedarf aufmerksam.
Auch wenn das Leben mit einer HIV-Diagnose mit den heute etablierten Therapien gut bewältigbar ist, bedeutet sie für manche Menschen einen dramatischen Einschnitt. Doch das müsse nicht sein, so die Geschäftsführerin der Aids Hilfe Wien, Andrea Brunner. In einer Aussendung zum Welt-AIDS-Tag hob sie hervor: “Wir müssen reden. Neben dem niederschwelligen Zugang zu modernen Therapien, müssen wir auch über die bestehende Stigmatisierung von Menschen mit HIV sprechen. Denn allein schon die Angst davor, als HIV-positiver Mensch vielleicht stigmatisiert zu werden, hält Menschen von einem HIV-Test ab. Hier gibt es noch viel zu tun.
“ Und weiter: „Bauen wir Vorurteile ab indem wir uns alle informieren und schaffen wir gemeinsam Räume, in denen es zunehmend normal ist auch über Themen rund um sexuelle Gesundheit zu reden.“
Auch UNAIDS, ein Programm der Vereinten Nationen, verfolgt mit dem Projekt „2025 AIDS Target“ das Ziel, Bewusstseinsbildung und Aufklärungsarbeit voran zu treiben und den betroffenen Personen einen gesunden und diskriminierungsfreien Alltag zu ermöglichen.
Aus diesem Grund hat die Aids Hilfe Wien für den heurigen Welt-AIDS-Tag drei Forderungen formuliert:
- Forderung 1: Null Diskriminierung von Menschen mit HIV
Niemand soll aufgrund seiner HIV-Infektion eine Ungleichbehandlung erfahren müssen. Auch weiterhin bedarf es hier an Aufklärung. Zum Beispiel ist es wichtig zu wissen: Menschen unter wirksamer Therapie geben das Virus auch auf sexuellem Wege nicht weiter. Und wichtig ist es sowieso immer zu verstehen: Im normalen Lebensalltag kann HIV ohnehin nie weitergegeben werden. Die Einschränkung der Lebensqualität und des psychischen Befindens durch Abwertung und Diskriminierung verursacht viel größere Probleme als die tatsächlich geringen gesundheitlichen Einschränkungen, die sich aufgrund einer HIV-Infektion unter wirksamer Therapie heutzutage ergeben.
Viele Menschen mit HIV erleben abwertendes Verhalten, wenn sie ihren Status bekannt geben. Angst, Scham und ein herabgesetztes Selbstwertgefühl - verursacht durch Diskriminierung - führen bei Menschen mit HIV häufig zu einer schlechteren Lebensqualität. Die Aids Hilfe Wien tritt daher deutlich gegen moralische Be- und Abwertungen von HIV-positiven Menschen auf und stellt klar: Aufgrund der medizinischen Fortschritte und mit gesichertem Zugang zu wirksamer antiretroviraler Therapie lässt sich das Leben mit HIV in Österreich gut und gesund gestalten. Andrea Brunner, Geschäftsführerin der Aids Hilfe Wien: „Abwertung und Ausgrenzung HIV-positiver Menschen dürfen nicht länger vorkommen, deshalb fordern wir einen diskriminierungsfreien Umgang mit Menschen, die mit HIV leben. Sollte es zu Diskriminierungserfahrungen kommen, dann können diese sich bei der Aids Hilfe Wien juristisch beraten, unterstützen und begleiten lassen.“
- Forderung 2: Optimierung der HIV-Prävention – auch durch die kostenfreie HIV-PrEP
Die Aids Hilfe Wien fordert eine möglichst breite Verfügbarkeit von HIV-Behandlungs-,Test- und Präventionsangeboten, damit alle Menschen gut versorgt sind. Dazu gehört unter anderem auch der niederschwellige und kostenfreie Zugang zur HIV-Präexpositionsprophylaxe (PrEP). Dabei handelt es sich um HIV-Medikamente, die von einer HlV-negativen Person vorbeugend eingenommen werden. Bei korrekter Einnahme ist sie ein ebenso zuverlässiger Schutz wie das Kondom. Andrea Brunner betont in dem Zusammenhang: „Es wird endlich Zeit, dass nicht das Geldbörsel darüber entscheidet, ob jemand eine wirksame Präventionsmaßnahme wie die PrEP nutzen kann.“
- Forderung 3: Reden über sexuelle Gesundheit
Laut WHO-Definition ist sexuelle Gesundheit untrennbar mit der Gesundheit insgesamt, mit Wohlbefinden und Lebensqualität verbunden und sollte als wichtiger Bestandteil der Gesamtgesundheit wahrgenommen werden.
Sexuelle Gesundheit setzt eine positive und respektvolle Haltung zu Sexualität und sexuellen Beziehungen voraus, es geht also nicht bloß um die Abwesenheit von Krankheit. Für die Aids Hilfe Wien ist es daher wichtig, sichere Räume zu schaffen, um über Bedürfnisse und Probleme zu sprechen und auf diese Weise zu Selfcare Kompetenz und Empowerment beizutragen.
Andrea Brunner, Geschäftsführerin der Aids Hilfe Wien fasst zusammen: „Gerade bei Menschen, die mit HIV – unter wirksamer Therapie einer mittlerweile chronischen Infektion – leben, verändert sich auch heute noch häufig das Sexualleben. Das müsste aber nicht zwangsläufig sein: Mit Präventionsmethoden wie ‚Treatment as Prevention‘ oder der HIV-Prä-Expositionsprophylaxe ist eine Übertragung von HIV fast gänzlich auszuschließen. Was wir häufig noch erleben sind (Selbst-)Stigmatisierung und Ausgrenzung. Daher ist es der Aids Hilfe Wien am Welt-AIDS-Tag besonders wichtig, die sexuelle Gesundheit von Menschen, die mit HIV leben, zu thematisieren, aber auch Sexualität aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten.“
Fachkonferenz rückt sexuelle Gesundheit ins Rampenlicht
Am 1. Dezember, dem Welt-AIDS-Tag, veranstaltet die Aids Hilfe Wien deshalb gemeinsam mit dem Wiener Programm für Frauengesundheit (MA24) in der Klinik Floridsdorf eine Fachkonferenz zum Thema „Lust auf Reden. Sexualität und Intimität im Kontext von physischer und psychischer Gesundheit.“ Ziel dieser Fachkonferenz ist es, Mediziner*innen und Angehörige von Gesundheitsberufen über das Zusammenspiel von sexueller Gesundheit bei HIV, STI, chronischen, gynäkologischen sowie psychischen Erkrankungen aufzuklären und zu Vernetzung und Austausch anzuregen.
Weiterführende Links:
[1] Zentrum f. Virologie d. Med. Universität Wien (2022 und 2023)
[2] UNAIDS (2023a)
Quelle: OTS