Burgenland: Anstellungsmodell für Pflegeeltern - Burgenland als Vorreiter in der Kinder- und Jugendhilfe
LH Hans Peter Doskozil und Soziallandesrat Leonhard Schneemann setzen mit dem Anstellungsmodell für Pflegeeltern einen sozialpolitischen Meilenstein in der Kinder- und Jugendhilfe.Dieses Modell ist eine Ausweitung des bereits bestehenden Anstellungsmodells für pflegende Angehörige, das europaweit für Aufmerksamkeit gesorgt hat. Ein weiterer Vorstoß ist, dass auch unbegleitete minderjährige Flüchtlinge unter 14 Jahren künftig über dieses Anstellungsmodell integriert werden sollen.
Das Land Burgenland ist Vorreiter, wenn es um die Anstellung pflegender Angehöriger geht – nun wird das Modell auf Pflegeeltern ausgerollt. Ähnlich dem Anstellungsmodell für pflegende Angehörige sollen künftig auch burgenländische Pflegeeltern die Möglichkeit einer Anstellung bekommen. „Trotz Zeiten von Budgeteinsparungen hat sich das Land Burgenland bewusst dazu entschieden, in die Versorgung von Kindern und Jugendlichen zu investieren und das erfolgreiche burgenländische Anstellungsmodell auf Pflegeeltern auszuweiten. Das Burgenland beweist damit einmal mehr, dass wir Vorreiter in Sachen sozialer Gerechtigkeit sind“, betont Landeshauptmann Hans Peter Doskozil im Rahmen der Pressekonferenz. „Was wir heute präsentieren, ist ein Meilenstein für die Versorgung
von burgenländischen Kindern und Jugendlichen, die nicht in ihrer Herkunftsfamilie verbleiben können. Die Ausweitung des Anstellungsmodells ist ein bewusster Qualitätssprung der burgenländischen Sozialpolitik“, ergänzt Soziallandesrat Leonhard Schneemann. Mit dem Modell sollen die Rahmenbedingungen für die Pflegepersonen verbessert werden – eine entsprechende Entlohnung zum burgenländischen Mindestlohn und eine sozialrechtliche Absicherung sind geplant. Die Anstellung erfolgt bei der Pflegeservice Burgenland (PSB). „Für Langzeitpflegepersonen mit burgenländischen Pflegekindern wird das Anstellungsverhältnis auf Wunsch angeboten, für Krisenpflegepersonen soll die Anstellung verpflichtend sein“, stellt LH Doskozil fest. Alle Pflegeeltern werden in den nächsten Tagen zu einer Informationsveranstaltung eingeladen.
„Mit der Ausweitung des Anstellungsmodells auf die Pflegeeltern und Pflegepersonen beweisen wir einmal mehr, dass wir kein Kind im Burgenland zurücklassen. Damit geben wir Kindern und Jugendlichen sowie deren Pflegeeltern und Pflegepersonen Sicherheit und ein engeres soziales Netz“, so der Soziallandesrat. Pflegeeltern leisten eine enorm wichtige Arbeit für unsere Gesellschaft, indem sie Kinder in der Krise aufnehmen und ihnen Halt und ein Zuhause geben. Können Kinder nicht mehr in ihrer Herkunftsfamilie verbleiben, bestehen zwei Möglichkeiten: die Unterbringung in Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen oder bei Pflegepersonen. 2020 waren 127 burgenländische Kinder bei Pflegepersonen und 243 weitere in den insgesamt 30 Kinderjugendhilfeeinrichtungen untergebracht. Gerade bei jungen Kindern ist aus fachlicher Sicht die Unterbringung bei Pflegepersonen empfehlenswert. Die Kinder können in kleinen, bekannten Strukturen wieder Sicherheit finden und sich entwickeln. Pflegepersonen werden wie bisher eine Grundausbildung absolvieren. Es gibt zwei Varianten einer Anstellung – für Krisenpflegepersonen (Anstellung verpflichtend) und Langzeitpflege (Anstellung auf Wunsch). „Wer in der Langzeitpflege das Modell nicht in Anspruch nimmt, hat keine Nachteile zum bisherigen Modell“, betonen LH Doskozil und Soziallandesrat Schneemann. Derzeit bekommen Pflegepersonen Pflegekindergeld in Höhe von 949 Euro pro Monat.
Die aktuelle Lage
· Im Juni 2021 waren insgesamt 87 Pflegepersonen mit der Pflege und Erziehung von 128 burgenländischen Kindern betraut.
· 34 Personen (40 Prozent) sind derzeit in einem Vollzeitbeschäftigungsverhältnis, während die restlichen 53 Personen (60 Prozent) einer selbstständigen, geringfügigen oder Teilzeitbeschäftigung nachgehen bzw. selbstständig, karenziert oder pensioniert sind.
· Insgesamt gibt es im Burgenland (Stand 2020) 239 Pflegepersonen.
Krisenpflegeunterbringung
Die Krisenpflegeunterbringung ist eine akute Unterbringung. Die Bezirkshauptmannschaften nehmen das Kind den Eltern sofort ab. Anschließend wird entschieden, was für das Kindeswohl gut ist, ob es zurück zur Herkunftsfamilie kommt, in Langzeitpflege oder zur Adoption freigegeben wird. Krisenpflegepersonen nehmen vorrangig maximal zwei Säuglinge und Kleinkinder – Ausnahme Geschwisterkinder - kurzfristig für bis zu sechs Monaten aufgrund einer familiären Krisensituation oder als Gefahr in Verzug-Maßnahme bei sich auf. Sie stehen auf Abruf zur Verfügung und können rund um die Uhr sieben Tage die Woche besetzt werden. „Daher soll das Anstellungsverhältnis nicht sofort beendetet werden, wenn kein Krisenpflegekind betreut wird, sondern erst, wenn eine Krisenpflegeperson sechs Monate durchgängig kein Pflegekind betreut hat. Für die Freihaltung bezahlen wir 871,63 Euro pro Monat“, erklärt Doskozil.
Die Krisenpflegepersonen werden durch Sozialarbeiter der Bezirkshauptmannschaften unterstützt. Ausbildungen, Weiterbildungen und Supervision sind teils verpflichtend. Im ersten Schritt sollen drei Krisenpflegepersonen angestellt werden und somit sollen sechs Plätze zur Verfügung stehen, die eine wichtige Ergänzung zu den sechs bestehenden Krisenpflegeplätzen im SOS Kinderdorf in Pinkafeld darstellen. „1.743,27 Euro netto bezahlt das Land für die Aufnahme eines Kindes, bei zwei Kindern sind es 3.083,73 Euro netto“, so Doskozil.
Langzeitpflege
Bei der Langzeitpflege – Langzeitpflegeeltern betreuen Kinder und Jugendliche mittel- bis langfristig und teilweise bis zur Verselbständigung - besteht keine Verpflichtung zur Anstellung. Sollte jemand nicht optieren, haben diese Personen keine Verschlechterung zur jetzigen Situation zu erwarten. Das Pflegekindergeld in Höhe von 947 Euro bleibt erhalten. In der Langzeitpflege können bis zu vier Kinder aufgenommen werden; ab drei Kinder bedarf es einer strengeren Eignungsbeurteilung. Aufgrund der Anzahl der Kinder ergibt sich das Einkommen: bei vier Kindern 1.700 Euro (eigentlich 1.983 Euro, weil es 14mal ausbezahlt wird.) Hinzu kommt pro Kind ein Pflegekindergeld von 550 Euro /über 14 Jahre: 605 Euro. Werden maximal zwei Pflegekinder betreut, soll die Möglichkeit bestehen, die Anstellung mit einer anderen Form der Berufstätigkeit zu kombinieren, sofern diese mit der Anstellung als Pflegeperson vereinbar ist. Ab dem dritten betreuten Kind soll eine sonstige un- oder selbstständige Tätigkeit nicht möglich sein. Die Anstellung sei mit Rechten und Pflichten wie Dokumentation, regelmäßiger Fortbildung oder Supervision verbunden, um die hohe Qualität der Versorgung garantieren zu können, so der Landeshauptmann.
Auch Pflegeeltern, die nicht im Burgenland leben, aber burgenländische Kinder betreuen, haben die Möglichkeit einer Anstellung. Dies gilt jedoch nur für bereits bestehende Pflegeverhältnisse. Künftig wird die Anstellung an den Wohnsitz im Burgenland gebunden – mit Ausnahmen.
Landeshauptmann Hans Peter Doskozil sorgte mit dem Vorstoß, das Modell auch für die Betreuung von minderjährigen Flüchtlingen bis 14 auszurollen, für Überraschung. Er sprach in diesem Zusammenhang von einem wichtigen Schritt im Sinne der Integration. „Ich bin nach wie vor für konsequente Migrationspolitik. Aber wir müssen auch die Frage beantworten, wie wir mit Menschen umgehen, die hierbleiben werden. Es ist davon auszugehen, dass sich minderjährige Flüchtlinge unter 14 Jahren in kleinen, familiären Strukturen besser integrieren können. Das Anstellungsmodell trägt diesem Ansatz Rechnung!“
Quelle: Land Burgenland