Wien: Blühende Verwandlung der Betonwüste Naschmarkt-Parkplatz liegt Planungsausschuss vor
Foto: Stadt Wien
Foto: Architekturbüro Mostlikely und DnD Landschaftsplanung
Aus riesigem Parkplatz wird großzügige Grün- und Freifläche – Hohe technische Anforderungen durch historische Wienflusswölbung – Baustart von ersten Abschnitten im Herbst
Blütenmeer statt Asphaltwüste: Wiens größte innerstädtische Hitzeinsel steht vor einer umfassenden Verwandlung! Ganz nach dem Motto „Raus aus dem Asphalt“ wird aus dem 12.000 m2 großen Parkplatz zwischen den Wienzeilen schon bald ein attraktiver Aufenthaltsort mit viel Begrünung und Kühlung. Es kommt zu keiner Verbauung der aktuellen Parkplatz-Fläche, sondern zur großflächigen Entsiegelung und der Gestaltung einer großzügigen innerstädtischen Grünoase inklusive Erhalt des allseits beliebten Flohmarkts. Auf der Fläche östlich der Kettenbrückengasse erhält der Naschmarkt mit einem neuen „Marktraum“ zudem ein attraktives Entrée mit einem breiten Angebot an regionalen und saisonalen Produkten. Besonderes Highlight wird der blühende und begehbare Dachgarten. Der Bauernmarkt bleibt ebenfalls erhalten und wird in die Neugestaltung integriert.
Die Pläne zur ersten Realisierungsphase des umfangreichen Projekts liegen dem Planungsausschuss des Gemeinderats nun zur Beschlussfassung für die Juni-Sitzung vor. Aufgrund des großen Umfangs wird das Projekt baulich in mehreren Phasen umgesetzt. Im Herbst soll der Umbau des aktuellen Parkplatzes in eine moderne Grünfläche sowie die Gestaltung des Landparteienplatzes begonnen werden. Erst nach Umsetzung dieser Projektteile bis Ende 2025 wird anschließend die Fläche des Flohmarkts gestaltet.
„Die Begrünung des Naschmarktparkplatzes ist eines unserer wichtigsten Projekte, wenn es darum geht, innerstädtische Hitzeinseln abzubauen. Es ist aber gleichzeitig auch eines der herausforderndsten und komplexesten in der Planung. Besonders die statischen Rahmenbedingungen auf der über 100 Jahre alten Wienflusswölbung, auf der das Projektgebiet verläuft, machen den Umbau zu einem hoch anspruchsvollen technischen und aufwändigen Vorhaben“, so Planungsstadträtin Ulli Sima.
„Mit diesem Projekt setzen wir ein starkes Zeichen für eine grünere und lebenswertere Stadt. Die Umgestaltung des Naschmarkt-Parkplatzes ist nicht nur ein Gewinn für das Stadtbild, sondern auch ein bedeutender Schritt zur Verbesserung der Aufenthaltsqualität und zur Bekämpfung der städtischen Überhitzung. Die Entsiegelung und Schaffung von großzügigen Grün- und Freiflächen trifft den Puls der Zeit und ist eine Entscheidung mit großer positiver Nachwirkung“, betont NEOS Wien Stadtentwicklungssprecherin Selma Arapovic.
Bürgerwünsche werden zur Realität
Der geplanten Umgestaltung des aktuellen Parkplatzes ist ein intensiver Prozess vorangegangen. „Am Beginn stand eine breite Bürger*innenbeteiligung, die sehr klare Ergebnisse brachte. Die Bürger*innen wünschten sich einen begrünten, konsumfreien Ort zum Verweilen, Platz für Kreatives und regionale Produkte sowie den Erhalt des Flohmarkts“, fasst Bezirksvorsteher-Stellvertreterin Julia Lessacher die Anliegen der Anrainer*innen zusammen.
Aufbauend auf den Ergebnissen dieser Bürger*innenbeteiligung, zahlreichen Grundlagenstudien, einem europaweiten Ideenwettbewerb und des aus einem anschließenden Planungsverfahren hervorgegangen Masterplans präsentierte die Stadt Ende letzten Jahres das von einer unabhängigen Jury gekürte Siegerprojekt des internationalen Realisierungswettbewerbs des Architekturbüros Mostlikely und DND.
Naschmarkt-Parkplatz: Aus Asphaltwüste wird Blütenmeer
Ganz so wie im Masterplan definiert, teilen sich westlich der Kettenbrücke, also am aktuellen Naschmarkt-Parkplatz, künftig Grünraum und Flohmarkt die großzügige Fläche. Mit rund 90 neu gepflanzten Bäumen und üppiger Begrünung soll nun dort, wo aktuell noch Autos parken und im Sommer ein Hitze-Hotspot glüht, ein urbaner, begrünter, gut gekühlter und nutzungsoffener Freiraum entstehen. Aufgrund des darunterliegenden Wienfluss-Gewölbes sind Baumpflanzungen nur in bestimmten Bereichen möglich. Die komplexen statischen und bauphysikalischen Bedingungen erfordern aufwändige Maßnahmen im Untergrund. Mögliche Lasten sind beschränkt und lassen nur gewisse Aufbauhöhen zu. Auch die Lage von Bäumen ist genau abzustimmen. Es gilt statisch zulässige Positionen zu ermitteln und entsprechende technische Schutzmaßnahmen zu treffen. Weiters gibt es große Herausforderungen in Bereichen der U4-Überplattung. Auch hier sollen flächige Begrünungen ermöglicht werden.
In der Platzmitte werden weitläufige Grünflächen und Gräserbeete für Entsiegelung und Kühlung sorgen. Mit der Bepflanzung von bunten Stauden und einer blühenden Stadtwaldmischung wandelt sich die heute trostlose Betonfläche zum Blütenmeer für alle Sinne.
Die umfassenden Begrünungsmaßnahmen versprechen nicht nur Abkühlung für alle die hier vorbeikommen werden, sondern wirken auch darüber hinaus: So soll auch die dort verlaufende Kaltluftschneise entlang des Wienflusses verstärkt werden.
Historisches Wienflusswölbung erfordert technische Meisterleistung
Durch das historische Gewölbe erfordert die Umsetzung der klimafitten Verwandlung des Hitze-Hotspots einiges an technischem Aufwand. Zum Schutz der Wölbung wird eine eigens einzusetzende, zweite Dichtbahn über die gesamte Fläche gezogen und damit die geeigneten statischen Rahmenbedingungen geschaffen um den hitzelastigen Asphalt mit einer hellen und hitzeabweisenden Pflasterung zu ersetzen.
Das Spannungsfeld zwischen der historischen Konstruktion und den klimafitten Zukunftsplänen führt zu weiteren Herausforderungen: So sorgen die rund 90 geplanten Bäume künftig für Kühlung und Begrünung, machen aber ausführliche Zusatzmaßnahmen notwendig. Um die Wölbung vor großflächiger Wurzelausbreitung zu schützen, schirmt eine weitflächige Stahlbetonplatte samt wurzelfester Folie mit Schutzbeton das Gewölbe ab. Zum U4-Tragwerk müssen zusätzliche seitliche Stützmaßnahmen erfolgen.
Neues Foyer für den Naschmarkt mit Marktraum und Bauernmarkt
Wie im Masterplan festgehalten, wurde das Projektgebiet um die Fläche des Landparteienplatzes, östlich der Kettenbrückengasse erweitert. Auf ebenjener Fläche sieht das Siegerprojekt einen neuen „Marktraum“ vor.
Es handelt sich um einen ganzjährig nutzbaren Markt für Genießer*innen und Naschkatzen, samt blühendem Dachgarten, der zum Verweilen einlädt. Diese Lösung verleiht dem Naschmarkt von Westen her ein anziehendes Entrée und damit zugleich einen würdigen, zweiten architektonischen Abschluss. Denn während er von der Seite des Karlsplatzes kommend einen klar definierten Eingang hat, verläuft er sich in Richtung Kettenbrücke ohne erkennbare Vollendung, er „rinnt“ buchstäblich aus.
„Mit dem neugestalteten Foyer erhält der Naschmarkt nun einen angemessenen städtebaulichen Abschluss, der die historische Struktur zu einer homogenen Gesamtfigur entwickelt“, so Franz Kobermaier, Leiter der MA 19-Architektur und Stadtgestaltung. Hier soll sich künftig alles um regionale und saisonale Produkte drehen. Selbstverständlich bleibt der aktuelle Bauernmarkt wie im Masterplan vorgegeben in vollem Umfang erhalten. Auch künftig stehen Standflächen im bisherigen Ausmaß für die Landwirt*innen zur Verfügung.
Begrünter Dachgarten mit Blick auf historischen Naschmarkt
Der begrünte Dachgarten mit üppigen Stauden und Blumen wird zu einem besonderen Highlight des neuen Marktraums. Es entstehen Beete mit Kräutern, trockenverträglichen Pflanzen und Gräsern. Blühende Sträucher mit Felsennelke, Habichtskraut & Co. werden zur duftenden Insektenweide. Der bepflanzte Dachgarten wird öffentlich und frei begehbar sein und einen einmaligen Rundum-Blick auf den historischen Naschmarkt und auf den neugestalteten Grünbereich zwischen den Wienzeilen eröffnen.
Siegerprojekt als Ergebnis eines umfangreichen Prozesses
Der Entstehungsprozess dieses nun vor der Umsetzung stehenden Vorhabens begann bereits 2021 und war getragen von einer umfassenden Einbindung der Bürger*innen und Expert*innen. Eine breit angelegte Bürgerbeteiligung legte mit den Themen Begrünung, Erhalt des Flohmarkts, Platz für regionale Produkte und der ausreichenden Berücksichtigung konsumfreier Zonen die wesentlichen Vorgaben für die Pläne zur Neugestaltung fest. Auf Basis dessen wurde ein EU-weiter Ideenwettbewerb gestartet. Die 9 Sieger*innen des Wettbewerbs erarbeiteten in weiter Folge in einem kooperativen Verfahren einen gemeinsamen Masterplan für die große Hitzefläche. Der Masterplan fungierte in weiterer Folge als Grundlage für den Realisierungswettbewerb aus dem im Herbst 2023 schließlich das Architekturbüro Mostlikely und DnD Landschaftsplanung als Sieger hervorgingen. Der Baustart für die ersten Abschnitte soll nun im Herbst erfolgen.
Quelle: Stadt Wien