Blühendes Österreich Insektenmonitoring 2020: Erfreuliche Erstnachweise gefährdeter Arten
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Rotbraune Sackspinne erstmals in Oberösterreich entdeckt, Pappel-Weichwanze in der Steiermark
Wien (OTS) - „...auf da Mauer, auf da Lauer, sitzt a kloane Wonzn“, singen Kinder gerne und auch Blühendes Österreich hat sich wieder angesehen, wo Wanzen und Co. tanzen können.
Zwei Funde lassen besonders aufhorchen. Die Rotbraune Sackspinne Clubiona saxatilis wurde erstmals beim Krabbeln auf oberösterreichischem Boden gesichtet und die extrem seltene Pappel-Weichwanze Brachyarthrum limitatum wurde das erste Mal in der Steiermark nachgewiesen. Diese Wanzen-Art war in Österreich 100 Jahre verschollen und nur aus historischen Einzelfunden in Niederösterreich und Vorarlberg bekannt.
„So erfreulich derartige Nachweise sind, zeigen sie doch den enormen Forschungsbedarf, der nach wie vor besteht. Deshalb sind Monitoring-Projekte wie von Blühendes Österreich ein wichtiges Werkzeug, um die momentan ablaufenden dramatischen Umweltveränderungen zu dokumentieren und in weiterer Folge konstruktiv reagieren zu können“, so Stephan Weigl, Leiter des Biologiezentrums Linz.
Naturschutzfachlich interessant sind auch die Nachweise mehrerer hochgradig gefährdeter Arten wie die Trespenspornzikade, die Trug-Schilfspornzikade, der Schwarzhaar-Troll, eine Wanzen-Art, und 35 Spinnen-Arten, die als gefährdet auf der Roten Liste stehen.
Messung des ökologischen Werts von landwirtschaftlich genutzten Flächen
Die krabbelnden, kriechenden und hüpfenden Tierchen sind nicht bei jedem*r beliebt, aber nützlich sind sie. Deshalb hat Blühendes Österreich 2020 gemeinsam mit dem Ökoteam, der ARGE Schrefler-Komposch aus Graz und motivierten Bewirtschafter*innen zum zweiten Mal ein zoologisches und botanisches Monitoring durchgeführt, deren Ergebnisse nun vorliegen.
Die Inventur der vorhandenen Biodiversität fand auf denselben elf landwirtschaftlichen Flächen in Niederösterreich, Oberösterreich und der Steiermark statt, wie bereits im Jahr 2018: eine Intensiv-Obstplantage und zehn unterschiedliche Offenlandflächen und Biotoptypen. Ziel der Wiederholungsstudie ist es aufzuzeigen, wie sich die Art der Bewirtschaftung auf die Biodiversität der jeweiligen Fläche auswirkt. Auf gesunden, extensiv bewirtschafteten Nutzflächen leben etliche anspruchsvolle und daher seltene Arten, wie etwa der Schwarzhaar-Troll, eine Wanzen-Art, die Kurzflügelige Schwertschrecke oder die Königskerzen-Blattzikade. Im Gegensatz dazu nehmen Monokulturen den Tieren ihren Lebensraum und weisen eine sehr geringe Artenvielfalt auf.
„Im Rahmen des zoologischen Monitorings wurden alle Flächen anhand der Indikatorgruppen Zikaden, Wanzen, Heuschrecken und Spinnen naturschutzfachlich bewertet und dieser Wert mit jenem aus 2018 verglichen. Die Ergebnisse belegen einen durchwegs positiven Trend und eine Stabilisierung bzw. Erhöhung der Artenvielfalt“, erklärt Thomas Frieß vom Ökoteam, Institut für Tierökologie und Naturraumplanung in Graz. „In neu angelegten, blumenreichen Wiesen auf ehemaligen Ackerböden wimmelte es nach kurzer Zeit an lebendiger Vielfalt. Die Naturschutz-Bemühungen zahlen sich aus! Die Flächen entwickeln sich positiv und sind Lebensraum unzähliger Kleintiere.“
12.432 Individuen und 355 Arten in vier Tiergruppen nachgewiesen
Die Zahl der beim Monitoring nachgewiesenen Arten auf den elf Untersuchungsflächen ist beeindruckend. In Summe wurden im Zuge der Studie 355 Tierarten registriert und 12.432 Individuen erfasst.
- 122 Wanzen-Arten (mit 2.411 Individuen)
- 109 Zikaden-Arten (mit 7.391 Individuen)
- 91 Spinnen-Arten (mit 980 Individuen)
- 33 Heuschrecken-Arten (mit 1.650 Individuen)
„Bei der Vegetation ist es über alle Flächen hinweg zu einer Artenzunahme von zwei Arten pro Fläche gekommen. Die naturschutzfachliche Wertigkeit hat sich bei zwei Flächen von „mäßig“ auf „hoch“ geändert. Dies ist vorwiegend der Veränderung des Biotoptyps infolge der geänderten Bewirtschaftung zuzuschreiben“, freuen sich die Biologen Klaus Schrefler und Harald Komposch, die gemeinsam mit den engagierten Bäuerinnen und Bauern die standortgerechte Bewirtschaftung festlegen.
Insektensterben: Warum eine quirlige Vielfalt wichtig ist
Ja, das ist ein Plädoyer für kriechende, zirpende, springende Insekten und für krabbelnde Spinnen. Diese Tiergruppen dienen als Bioindikatoren, die anzeigen, wie gesund und vital Lebensräume sind. Sie fressen Organismen und stellen ihrerseits die Nahrungsketten für weitere Arten sicher. Eine Vielfalt an Zikaden, Wanzen, Heuschrecken und Spinnen ist die Basis dafür, dass der Kreislauf eines Ökosystems funktioniert. Dieses wiederum ist ein äußerst wichtiges Reservoir für unsere Bienen und Schmetterlinge, die durch Bestäubung eine gesunde Lebensmittelproduktion aufrechterhalten.
„Ein Monitoring dieser Art gibt es in Österreich nur sehr selten. Umso wichtiger sind die Ergebnisse nicht nur für die Biodiversitätsforschung, sondern auch für den Insektenschutz und den Erhalt der heimischen Artenvielfalt“, stellt Dagmar Schratter, Vorstand von Blühendes Österreich und ehemalige Direktorin des Tiergartens Schönbrunn, fest.
Abschließend bedankt sich Christian Hatzenbichler, Obmann des Vereins Bergwiesn in Oberösterreich: „Dass von uns betreute Flächen durch Blühendes Österreich im Rahmen des Monitorings untersucht werden, ist für unsere Initiative eine große Bereicherung. Die wissenschaftliche Begleitung bietet für unsere weiteren Projekte und deren Planung wichtige Grundlagen und Anhaltspunkte.“
Über Blühendes Österreich
Blühendes Österreich – REWE International gemeinnützige Privatstiftung setzt sich für eine gesunde Umwelt und eine nachhaltige Landwirtschaft ein. Deshalb fördert Blühendes Österreich seit 2015 rund 200 Bäuerinnen und Bauern, Naturschutzorganisationen, Gemeinden und andere Initiativen, die durch eine verantwortungsvolle Landwirtschaft und Schutz der Biodiversität unsere natürliche Vielfalt schützen. Mit ca. 4.000 Angeboten und Naturerlebnissen sowie 80 Partnern ist bluehendesoesterreich.at die größte digitale Plattform für Naturtourismus und Naturcontent Österreichs. www.bluehendesoesterreich.at
Quelle: OTS