Wien: Czernohorszky - Wiens Kläranlage ist Pionierin bei der Energiewende
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Öko-Kraftwerk Kläranlage erzielt mit „Grünem Gas“ Überschüsse bei Strom- und Wärme – Großwärmepumpe nutzt künftig Wärme des gereinigten Abwassers
Diese Woche tagte der Gemeinderatsausschuss für Klima, Umwelt, Demokratie und Personal auf dem Gelände der Wiener Kläranlage. Ein bewusst gewählter Ort, so Klima-Stadtrat Jürgen Czernohorszky, denn: „Die Wiener Kläranlage ist eine Pionierin auf dem Wiener Weg zur Klimaneutralität 2040. Das Team der ebswien mit Christian Gantner an der Spitze hat seit mehr als zehn Jahren konsequent daran gearbeitet, die Kläranlage von einer großen Energieverbraucherin zu einem echten Öko-Kraftwerk zu transformieren.“ Der Erfolg sei beeindruckend, so der Stadtrat: „Die Wiener Kläranlage erzeugt jetzt aus Grünem Gas mehr sauberen Strom und saubere Wärme, als sie zur Abwasserreinigung benötigt.“ Im Jahr 2021 lag der Eigendeckungsgrad der ebswien bei Strom bei 111 %, bei Wärme bei 171 %. Im ersten Halbjahr 2022 stiegen die Eigendeckungsgrade auf 115 % (Strom) bzw. 180 % (Wärme). Die Energie-Überschüsse, im Jahr 2021 rund 8,4 GWh an Öko-Strom und 26,7 GWh an Öko-Wärme, werden in die jeweiligen Netze eingespeist. „Damit leistet die ebswien schon jetzt einen ganz wichtigen Beitrag zur Energiewende in Wien“, so Klimastadtrat Czernohorszky: „Zusätzlich nutzen wir künftig in einer von der Wien Energie errichteten Großwärmepumpenanlage die im gereinigten Abwasser enthaltene Wärme, im Endausbau können damit 112.000 Wiener Haushalte mit Öko-Wärme versorgt werden. Das ist eine weitere ganz wesentliche Station auf dem Wiener Klimafahrplan.“
Öko-Wärme aus gereinigtem Abwasser
Auf seinem Weg in Richtung Donaukanal macht das in der Wiener Kläranlage gereinigte Abwasser künftig einen Umweg über die Großwärmepumpenanlage, die derzeit am Kläranlagen-Ablauf errichtet wird. Dort stehen im Vollausbau sechs Wärmepumpen, die mit Wärmetauschern dem gereinigten Wasser rund 6 Grad Celsius entziehen. Diese geringe Temperatur kann Wien Energie dank moderner Technik nutzen, um Wärme mit mehr als 90 Grad Celsius zu erzeugen. Diese Wärme fließt dann in Form von heißem Wasser über das Fernwärmenetz in die tausenden Wiener Wohnungen, die mit Fernwärme versorgt werden. Den Öko-Strom für den Betrieb der Anlage bezieht Wien Energie direkt vom nahegelegenen VERBUND-Donaukraftwerk Freudenau. So kommt sämtliche eingesetzte Energie direkt aus der Umgebung und wird für die Wärmeversorgung der Wienerinnen und Wiener genutzt. Ab 2023 wird die Großwärmepumpe mit einer Leistung von 55 Megawatt bis zu 56.000 Wiener Haushalte mit Öko-Wärme versorgen, im Vollausbau (2027) mit der doppelten Leistung (110 Megawatt) dann bis zu 112.000 Haushalte.
Öko-Kraftwerk Kläranlage
Mikroorganismen sorgen in Wien nicht nur dafür, dass das Abwasser wieder sauber wird, sie sorgen auch für sauberen Strom und Wärme. Für die optimale Reinigung der Abwässer der Wienerinnen und Wiener brauchen die Mikroorganismen aber zunächst – genau wie wir Menschen – Sauerstoff. Für die „Belebung“, also das Einbringen von Sauerstoff in die Klärbecken, ist sehr viel Energie nötig, insbesondere Strom. Der Strombedarf der Wiener Kläranlage entspricht dem Verbrauch von 25.000 Wiener Haushalten. Mit einem gemeinsam mit der TU Wien entwickelten innovativen Verfahren nutzt die ebswien seit 2021 die im Klärschlamm enthaltene Energie optimal aus. Die bei der Abwasserreinigung entfernten Schmutzstoffe sind im Klärschlamm gebunden, pro Jahr fallen davon in Wien rund zwei Millionen Kubikmeter als. Der „voreingedickte“ und auf 38 Grad Celsius erwärmte Schlamm kommt in sechs riesige Faulbehälter, mit einer Höhe von jeweils 30 Meter und einem Gesamtvolumen von 75.000 Kubikmeter das sichtbarste Zeichen der Schlammbehandlungsanlage. Unter Luftabschluss bauen dort Bakterien die organischen Inhaltsstoffe des Klärschlamms ab. Während des 25 Tage dauernden Faulungsprozesses – der „anaeroben Stabilisierung“ – entsteht das „grüne“ Klärgas, das zu zwei Drittel aus dem energiereichen Methan (CH4) besteht. 20 Millionen Kubikmeter davon fallen jährlich in den Faulbehältern der ebswien an. Der ausgefaulte Schlamm wird aus den Faulbehältern abgezogen und verbrannt. Das Klärgas hingegen gelangt über Filteranlagen von den Gasbehältern in Blockheizkraftwerke, wo es als Brennstoff für riesige Gasmotoren dient. Dabei entsteht nicht nur mechanische Energie, die mittels Generatoren in elektrischen Strom umgewandelt wird, sondern auch Wärme. Dadurch bringen es die Blockheizkraftwerke auf einen hohen Gesamtwirkungsgrad von mehr als 80 Prozent.
Sauberes Abwasser, sauberer Strom
Seit 1980 reinigt die in Simmering gelegene zentrale Kläranlage der Stadt das Abwasser der Wienerinnen und Wiener, mehr als 6.000 Liter Abwasser gelangen pro Sekunde in die Anlage. In 20 Stunden durchläuft das Abwasser nach einer mechanischen Reinigungsstufe zwei biologische Reinigungsstufen, in denen sich die rund 170 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ebswien die Natur zum Vorbild nehmen. Rund 20.000 Kilogramm an Feststoffen und mehr als 100.000 Kilogramm an gelösten Schmutzstoffen werden dem Abwasser Tag für Tag entzogen. Über den Donaukanal fließt das gereinigte Abwasser in die Donau, ohne deren Wasserqualität zu beeinträchtigen. Die ebswien klärt also alles – und das zur Gänze mit Ökostrom aus eigener Erzeugung, Wiens Kläranlage ist ein echtes „Öko-Kraftwerk“. Gut für die Umwelt, gut fürs Klima.
Informationen zur Wiener Kläranlage unter: www.ebswien.at
Quelle: Stadt Wien