Stadt Wien reduziert systematisch Energieverbrauch
Nach dem Lieferstopp von russischem Gas und der neuerlichen Eskalation des Krieges in der Ukraine geht die EU-Kommission von Energieknappheit aus und betont die Dringlichkeit des Energiesparens. Bereits im Sommer hat sie die Mitgliedsstaaten dazu aufgerufen, ihren Energieverbrauch bis 31. März 2023 freiwillig um 15 Prozent zu senken. Darauf bereitet sich die Stadt Wien seit Wochen intensiv vor.
Basierend auf einer umfassenden Bestandsanalyse soll ein mehrstufiger Punkteplan die Wienerinnen und Wiener krisensicher durch Herbst und Winter begleiten. Zeitgleich werden sämtliche Bestrebungen der Klimamusterstadt Wien intensiviert, um Alternativen zu fossilen Energieformen und umweltbewusstes Handeln zu ermöglichen. „Das Miteinander ist in Wien die wichtigste Grundlage, um gut und sicher durch schwierige Zeiten zu kommen“, sagte Bürgermeister Michael Ludwig. „Das haben wir während der Pandemie bewiesen und das werden wir jetzt beweisen. Unser Motto heißt: Zusammenhalten, damit es warm für alle bleibt“, so Ludwig.
Unter dieser Vorgabe setzt die Stadt Wien zentrale Maßnahmen zu energiebewusstem Verhalten:
Die schon seit Jahren laufende LED-Umstellung der Straßenbeleuchtung ist ein Musterbeispiel für die langfristige Reduktion des Energieverbrauchs. Sie spart bis zu 60 % der Energie ohne dabei den Interessen der Sicherheit und der Vermeidung von Angsträumen entgegenzulaufen. In Wien sind rund 153.000 Leuchten in der öffentlichen Beleuchtung verbaut. Rund die Hälfte der Lampen wurde bereits in energiesparende LED-Lampen getauscht. Derzeit läuft die Umrüstung der 80.000 sogenannten Ansatzleuchten (auf den Masten) auf Hochtouren. Über 21.000 dieser Ansatz-Leuchten werden Ende 2022 bereits umgestellt sein. Auch die 8.000 Kugelleuchten auf der Donauinsel wurden bereits ausgetauscht. Um den Umrüstungsprozess zu beschleunigen, werden jetzt die über 7300 historischen Lampen in das aktuelle Umrüstungsprogramm integriert und damit vorgezogen. Flankierend zum Ausbau der LED-Technik wurde auch der Einsatz der Straßenbeleuchtung in Wien bereits optimiert; ab 22 Uhr wird die Beleuchtung in verkehrsschwachen Bereichen auf 75 % reduziert, ab 24 Uhr auf 50 %. Durch abgeschlossene MA 34-Einspar-Contractings konnten bis 2022 bei 42 Objekten (Amtshäuser, Kindergärten & Schulen) Wärmeeinsparungen von in Summe ca. 193.000 MWh (und Kosten von 14,7 Mio. €) erzielt werden. Seit 2000 wurden an 16 Bäder-Standorten (MA 44) durch Energieeinspar-Contracting in Summe ca. 26.000 MWh Fernwärme, 6.500 MWh Gas und 2.600 MWh Strom erzielt. Weitere Energieeinspar-Contracting Projekte im Jörgerbad, dem Floridsdorferbad und dem Kongreßbad sollen bald in Umsetzung gehen. Diese werden jährliche Einsparungen von rund 6.900 MWh/a Fernwärme und rund 100 MWh/a Strom erzielen, was dem Jahreswärmebedarf von etwa 690 Haushalten bzw. ca. 103.500 €/a und dem Jahresstrombedarf von etwa 35 Haushalten bzw. 35.000 €/a entspricht. Fernwärmeversorgte Magistratsobjekte unterliegen in Wien einem laufenden Monitoring. Kommt es zwischen Vorlauf- und Rücklauftemperatur zu Auffälligkeiten, werden diese schnell erkannt und behoben. Bisher wurde der Energieverbrauch bei 150 Gebäuden optimiert. Dadurch konnten jährlich Fernwärmeeinsparungen von ca. 2.200 Megawattstunden/a erreicht werden, was ca. 220 Haushalten bzw. Jahreskosten von ca. 330.000 € entspricht. Neue Wiener Bildungsbauten wie die Bildungscampi „Liselotte-Hansen-Schmidt“ in der Donaustadt, Atzgersdorf in Liesing und Deutschordenstraße in Penzing werden ausschließlich mit erneuerbaren Standortressourcen (Geothermie) geheizt und gekühlt und verfügen über große PV-Anlagen. Je Standort werden ca. 400 MWh/a Fernwärme (ca. 40 Haushalte bzw. 60.000 €/a), 400 MWh/a Fernkälte und 150 MWh/a Strom (ca. 50 Haushalte bzw. 52.300 €/a) eingespart. Als Hilfestellung beim privaten Energiesparen stellt die Stadt einen übersichtlichen Leitfaden bereit, der auch nützliche Links zu Beratungsstellen wie etwa der Energieberatung beinhaltet. Rekordinvestitionen für Ausstieg aus fossiler Energie
„Für uns war immer klar, dass die Versorgung durch fossile Energieträger nur eine temporäre Lösung sein kann. Die kriegsbedingte Energiekrise hat die Dringlichkeit des Umstiegs auf erneuerbare Energie noch weiter verstärkt. Neben dem Ziel der Stadt bis 2040 klimaneutral zu sein, ist mir vor allem die Versorgungssicherheit der Wienerinnen und Wiener wichtig. Bis 2030 investieren wir über die Wiener Netze rund 3 Milliarden Euro in die Netzsicherheit der Bundeshauptstadt Wien. Ein derart stabiles Stromnetz macht die Integration erneuerbarer Energien erst möglich, denn 90% der Energiewende finden im Verteilnetz statt“, betont Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke.
Insgesamt nimmt die Wiener Stadtwerke-Gruppe von 2022 bis 2026 rund 6,2 Milliarden Euro in die Hand, um die entsprechende Infrastruktur aufzubauen – 91 Prozent oder 5,7 Mrd. Euro davon sind unmittelbar klimafördernde Investitionen. Alleine Wien Energie investiert bis 2026 1,2 Milliarden Euro in den Umbau des Energiesystems, eine Klimamilliarde für Wien. Rund 400 Millionen sind dabei für den Ausbau der erneuerbaren Stromproduktion reserviert. Bisher wurden seit 2000 durch Wien Energie bereits 50.000 Haushalte von Erdgas auf alternative Heizsysteme umgestellt, was einer kumulierten Gaseinsparung von mehr als 5 Terawattstunden entspricht. Unter dem Intensivprogramm „Raus aus Gas“ werden so rasch wie möglich weitere 400.000 Gasthermen umgestellt. Stichwort - "Raus aus Gas" - Um die Fernwärme klimaneutral zu machen, setzt Wien Energie neben der Müllverbrennung vor allem auf Geothermie und Großwärmepumpen wie jene am Kraftwerkstandort Simmering. Die Anlage ist die größte Wärmepumpe Österreichs und eine der stärksten Großwärmepumpen Mitteleuropas. Und Wien Energie baut bereits an der nächsten Großwärmepumpe: Bei der ebswien Kläranlage in Simmering entsteht derzeit eine der größten Großwärmepumpen Europas, die ab 2027 über 100.000 Wiener Haushalte mit grüner Wärme versorgen kann. Das Fernwärmesystem wird weiter massiv ausgebaut und durch Solarenergie, biogene Brennstoffe und den Einsatz von Großwärmepumpen optimiert. Bis 2030 wird Geothermie im Umfang von 120 MW thermisch ausgebaut. Dies entspricht einem Wärmebedarf von umgerechnet 125.000 Wiener Haushalten und einer Einsparung von etwa 1 TWh/a Erdgas. Bis 2030 soll die Gesamtleistung der Photovoltaik-Anlagen in Wien von derzeit 50 auf 800 MWp steigen. Dafür braucht es jährlich neue Photovoltaik-Flächen in der Größe von 100 Fußballfeldern. Aktuell verdoppelt Wien die Photovoltaik-Anlagen mit einer Leistung von 50 MWp. Die Anlagen werden auf allen öffentlichen und stadtnahen Gebäuden und Flächen, auf denen es technisch möglich, aufgestellt. Allein auf den Dächern stadteigener Gebäude stehen dafür rund 300.000 Quadratmeter zur Verfügung. Zu den derzeit größte Anlagen Wiens zählen das größte Solarkraftwerk Wiens in Unterlaa mit einer Gesamtfläche von 11.520 m² (6.500 Module versorgen etwa 600 Haushalte mit Strom) sowie das Solarkraftwerk Liesing mit 6.000 m² Fläche. Das 29. Bürger*innen-Solarkraftwerk am Wiener Zentralfriedhof ist seit Frühjahr 2022 in Betrieb. Die neue Anlage produziert jährlich rund 1.435 Megawattstunden Ökostrom.
Quelle: Stadt Wien