Österreich: Dringender Handlungsbedarf - Jährlich 40.000 neue Krebsfälle in Österreich

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Dringender Handlungsbedarf: Jährlich 40.000 neue Krebsfälle in Österreich
Foto: Iris Dorfegger
07 Aug 20:00 2024 von OTS Print This Article

Gesundheitsminister Rauch, BÖP und Krebshilfe für Ausbau der psychoonkologischen Unterstützung

In einem heutigen Treffen zwischen Bundesminister Johannes Rauch, der Präsidentin des Berufsverbandes Österreichischer PsychologInnen (BÖP) ao Univ. Prof.in Dr.in Beate Wimmer-Puchinger und dem Präsidenten der Österreichischen Krebshilfe Univ. Prof. Dr. Paul Sevelda wurde der dringende Bedarf an psychoonkologischer Unterstützung in Österreich betont. Das Gespräch fokussierte sich auf die Herausforderungen und Forderungen zur Verbesserung der psychoonkologischen Versorgung.

Herausforderungen und Bedarf

Jährlich erkranken in Österreich etwa 40.000 Menschen an Krebs. Eine Krebsdiagnose stellt in den meisten Fällen eine existenzielle Lebenskrise dar. Die Erkrankung und ihre medizinischen Behandlungen gehen für viele der betroffenen Menschen mit zahlreichen körperlichen, psychischen und sozialen Belastungsfaktoren einher. Diese umfassen unter anderem Angstzustände, Depressionen, Beziehungsstörungen sowie soziale, finanzielle und berufliche Belastungen.

Etwa über die Hälfte der Betroffenen weisen im Verlauf der Erkrankung eine psychosoziale Behandlungs- oder Beratungsbedürftigkeit auf. Schätzungen zufolge leiden je nach Krebsdiagnose und Stadium der Krankheit 25 bis 30 Prozent aller KrebspatientInnen im Verlauf ihrer Erkrankung an einer behandlungsbedürftigen psychischen oder psychosozialen Belastung, die ihre Lebensqualität wesentlich beeinträchtigen.

Laut Krebsreport 2023 wird die Zahl der Krebsneuerkrankungen bis 2030 auf bis zu 50.000 jährlich anwachsen. Im Jahr 2023 führte die Krebshilfe insgesamt 24.653 Beratungen für PatientInnen und deren Angehörige durch. Trotz dieser umfangreichen Unterstützung gibt es in einigen Bundesländern bereits Wartelisten für psychoonkologische Beratung. In Wien beträgt die Wartezeit beispielsweise aktuell knapp drei Wochen bis zum ersten persönlichen Kontakt.

„Ich hatte selber Krebs und wäre fast daran gestorben. Aus eigener leidvoller Erfahrung, weiß ich deshalb, dass eine Krebsdiagnose nicht nur mit starken körperlichen Schmerzen einhergeht, sondern vor allem die Psyche schwer belastet. Wir dürfen körperliche und mentale Gesundheit nicht getrennt voneinander betrachten, sondern müssen die psychologische Versorgung zentral im individuellen onkologischen Behandlungspfad verankern. Mit 75 Millionen Euro unterstützen wir bereits den Ausbau von kassenfinanzierten Therapieplätzen. Ich freue mich besonders, dass hier ein Schwerpunkt auf psychoonkologische Angebote gelegt wird“, so Gesundheits- und Sozialminister Johannes Rauch.

„Der Bedarf an psychologischer Unterstützung für Menschen, die mit einer Krebsdiagnose leben, ist groß und wird weiter wachsen,“ betont BÖP-Präsidentin a.o. Univ.-Prof.in Dr.in Beate Wimmer-Puchinger. „Psychoonkologinnen sind seit Jahren erfolgreich auf Krebsstationen tätig, doch eine weiterführende Behandlung war bisher nur privat finanzierbar. Wir möchten insbesondere Menschen in diesen akuten Belastungssituationen unterstützen: Denn psychoonkologische Hilfe muss für alle zugänglich und kostenfrei sein“.

„Die Österreichische Krebshilfe sieht sich seit Jahren mit einem permanenten Anstieg an Beratungs- und Hilfsbedarf für PatientInnen und Angehörige konfrontiert,“ so Krebshilfe-Präsident Univ.-Prof. Dr. Paul Sevelda. „Derzeit wird der Bedarf an kostenfreier ambulanter psychoonkologischer Versorgung vorwiegend von der Österreichischen Krebshilfe abgedeckt - finanziert ausschließlich aus Spenden. Wir begrüßen daher grundsätzlich die ASVG-Änderung, die es ermöglichen wird, klinisch-psychologische Leistungen über die Sozialversicherungsträger abzurechnen. Wir hoffen und erwarten, dass die „Psychoonkologie“ in diese neue Regelfinanzierung aufgenommen wird, denn die Finanzierung dieser wichtigen Versorgung darf nicht länger nur der Krebshilfe überlassen werden“.

„Ich glaube aber fest daran, dass man nicht nur eine gute medizinische Hilfe braucht, sondern, mindestens genauso wichtig, eine positive Unterstützung der Psyche. Ich bin sehr glücklich und dankbar, dass mich mein Weg zur Krebshilfe geführt hatte. Mit meiner Krebshilfe-Beraterin hatte ich sofort eine gute Chemie und konnte immer offen und ehrlich über alles sprechen. Hätten Sie mich vorher gefragt, ob ich „so etwas“ brauche, hätte ich gesagt: „Wozu? Ich bin ein erwachsener, g‘standener Mann, ich schaff‘ das allein!“ Aber wenn es einen dann selbst trifft und man seine Familie nicht belasten möchte, ist es sehr hilfreich, extern jemanden zu haben, mit dem man Gedanken und Ängste besprechen kann und der über den professionellen Hintergrund verfügt, um wirklich unterstützen zu können. Ich würde mir wünschen, dass alle an Krebs Erkrankten die Möglichkeit einer solchen kostenfreien psychoonkologischen Hilfe erhalten", spricht der Betroffene Gerhard Grafl über seine Erfahrungen.

„Die Diagnose Krebs löst bei vielen Betroffenen eine massive existentielle Krise aus. Plötzlich sieht man sich mit dem Thema Tod und Sterben konfrontiert, der Bewältigung einer schweren, kräftezehrenden Krankheit. Nicht nur Patientinnen selbst, sondern die ganze Familie und das soziale Umfeld sind von der Krebserkrankung mitbetroffen. Diese starke emotionale Belastung kann in Depressionen, Angststörungen und posttraumatischen Belastungsreaktionen münden, weshalb eine begleitende, stützende klinisch-psychologische Behandlung und Begleitung sowohl von PatientInnen als auch Angehörigen immens wichtig ist“, zieht Psychoonkologin Mag. Katharina Gruber Bilanz.

Forderungen und Zukunftsaussichten

Ein Drittel der Krebsbetroffenen wünscht sich laut Untersuchungen der Krebshilfe psychoonkologische Unterstützung. Besonders stark betroffen sind PatientInnen, die sozioökonomisch benachteiligt sind, schlechten Zugang zu medizinischer Versorgung haben oder eine mangelnde Behandlungskohärenz aufweisen. Zudem verzeichnet die Krebshilfe einen Anstieg junger KrebspatientInnen.

Gesundheitsminister Johannes Rauch, der Berufsverband Österreichischer PsychologInnen und die Österreichische Krebshilfe appellieren gemeinsam, um den wachsenden Anforderungen gerecht zu werden und eine flächendeckende psychoonkologische Versorgung sicherzustellen.



Quelle: OTS



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