Kärnten: EU - Initiative für angemessene Mindestlöhne
LH Kaiser in Videokonferenz mit EU-Kommissar Schmit: „Ein europäischer Rahmen für gemeinschaftliche Mindestlöhne würde Einkommen erhöhen, sozialen Zusammenhalt stärken, Armut und Abwanderung verhindern“
Klagenfurt (LPD). Die EU schlägt eine Initiative für einen europaweit einheitlich geregelten Rahmen für Mindestlöhne vor. Was EU-Kommissionspräsidentin Ursula Von der Leyen in ihrer Antrittsrede ankündigte wird jetzt mit Kärntner Beteiligung konkret: Der Mindestlohn-Fleckerlteppich der Mitgliedsstaaten soll einem gemeinsamen europäischen, nach klaren Kriterien und regionale Unterschiedlichkeiten miteinbeziehenden Rahmen für Mindestlöhne Platz machen. Ein vorliegender Vorschlag der EU-Kommission wird demnächst, wie laut EU-Gesetzgebungsverfahren vorgesehen, auch im Ausschuss der Regionen diskutiert und eine Stellungnahme der insgesamt 329 Mitglieder dazu erarbeitet werden. Dabei kommt dem Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser als AdR-Mitglied eine besondere und mitentscheidende Rolle zu: Er wurde vom Ausschuss der Regionen als Berichterstatter nominiert und mit der Erarbeitung der AdR-Stellungnahme betraut. In Vorbereitung darauf diskutierte der Landeshauptmann gestern, Mittwoch, im Rahmen einer bilateralen Videokonferenz mit dem verantwortlichen Mitglied der EU-Kommission, dem Luxemburger Nicolas Schmit, seines Zeichens Kommissar für Beschäftigung und soziale Rechte.
„Gerade Geringverdienerinnen und Geringverdiener, insbesondere junge Menschen, Geringqualifizierte und prekär Beschäftigte, wurden von der Coronakrise, die sich auch negativ auf die Löhne auswirkt, besonders hart getroffen. Daher ist der Vorstoß für einen Rahmen für europäische Mindestlöhne jedenfalls zu begrüßen, um für die Zukunft für mehr Arbeitnehmer- und Arbeitnehmerinnenschutz zu sorgen, den sozialen Zusammenhalt zu stärken und Armut sowie Abwanderung aus Regionen mit besonders niedrigen Löhnen vorzubeugen“, verdeutlicht Kaiser.
EU-Kommissar Schmit ergänzt: „Fast zehn Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der EU leben in Armut – das müssen wir ändern! Es darf nicht sein, dass Menschen, die einer Arbeit nachgehen, Schwierigkeiten haben, über die Runden zu kommen. Dies ist jetzt wegen der Pandemie umso wichtiger. Eine erfolgreiche Erholung von der Krise in der EU kann nur gelingen, wenn die soziale und die wirtschaftliche Dimension den gleichen Stellenwert haben.“
In dem Fall, dass die Mitgliedsstaaten die nationalen Mindestlöhne entsprechend den im Kommissions-Vorschlag genannten indikativen Werten auf 60 Prozent des Medianwertes und 50 Prozent des nationalen Durchschnittslohnes anpassen, würde dies für rund 25 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Europa einen Lohnanstieg bedeuten, rechnet Kaiser vor. Wie notwendig die Verankerung eines gesetzlichen Rahmens für nationale Mindestlöhne sei, zeige allein der Umstand, dass von 21 Mitgliedsstaaten mit gesetzlichen Mindestlöhnen nur in vier Ländern – Bulgarien, Slowenien, Frankreich und Portugal 60 Prozent des Medianwertes erreicht würde. Dazu kommt, dass die Mindestlöhne sich erheblich zwischen den Mitgliedstaaten unterscheiden - sie reichen von 312 Euro monatlich in Bulgarien bis zu 2.142 Euro in Luxemburg. Der höchste Mindestlohn beträgt fast das Siebenfache des geringsten. Bezogen auf die Arbeitsstunden sind die Unterschiede noch größer - 1,87 Euro in Bulgarien, 12,38 Euro in Luxemburg. Selbst wenn man unterschiedliche Preisniveau und Kaufkraft berücksichtigt, bleiben eklatante Unterschiede bestehen, die Armut und Abwanderungstendenzen verstärken.
Selbst in den 6 EU-Ländern, in denen sich wie in Österreich, der Mindestlohnschutz auf Tarifverhandlungen stützt, sind viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (zwischen 2 und 55 Prozent) nicht von diesem Schutz umfasst, bzw werden trotzdem geringer entlohnt. Davon betroffen sind vor allem Frauen, junge Menschen, Menschen mit Behinderungen und in der Landwirtschaft Beschäftigte, aber auch Berufsanfänger, Lehrlinge und Praktikanten.
Am 17. Februar wird Landeshauptmann Peter Kaiser in der Fachkommission SEDEC des Ausschusses der Regionen und im Rahmen des Plenums des AdR im März seine Stellungnahme zum Vorschlag der EU-Kommission mit den anderen AdR Mitgliedern diskutieren und beschließen. Die darin enthaltenen Abänderungsvorschläge werden dann der EU-Kommission und dem EU –Parlament übermittelt und fließen in die finale Entscheidung über die Ausgestaltung des Rahmens für einen europäischen Mindestlohn ein.
Mindestlöhne können sowohl gesetzlich als auch sozialpartnerschaftlich beschlossen werden. Dies bedeutet insbesondere, dass das österreichische Modell von sozialpartnerschaftlich gesetzten Löhnen bereits dem EU-Kommissionsvorschlag entspricht.
Quelle: Land Kärnten