Niederösterreich: Ein Jahr Vollbetrieb MedAustron – Bilanz und Ausblick
LH-Stv. Pernkopf: „Hier wird für die Zukunft der Menschen geforscht und damit an der Zukunft unseres Landes gearbeitet“
Im Mai 2022 läutete die Veranstaltung „Next Level“ den Vollbetrieb MedAustrons ein, am heutigen Donnerstag zogen LH-Stellvertreter Stephan Pernkopf, Bürgermeister und Aufsichtsratsvorsitzender Klaus Schneeberger, Geschäftsführer Ludwig Gold sowie der Medizinische Direktor und Geschäftsführer Prof. Dr. Eugen Hug Bilanz über ein Jahr Vollbetrieb MedAustron und gaben einen Ausblick auf die künftige Weiterentwicklung.
375.000 Menschen leben derzeit in Österreich mit Krebs und so müsse man alles tun, um diesen Menschen Hoffnung im Kampf gegen diese Krankheit zu geben, sagte LH-Stellvertreter Pernkopf eingangs und zeigte sich überzeugt: „Alle Antworten auf die Fragen der Zukunft – ob Klimawandel, Künstliche Intelligenz oder Heilung von Krankheiten – liegen in der Wissenschaft und Forschung.“ MedAustron sei ein Hoffnungsprojekt, aus dem ein Leuchtturmprojekt im Kampf gegen Krebs wurde, denn „hier wird für die Zukunft der Menschen geforscht und damit an der Zukunft unseres Landes gearbeitet“, so Pernkopf.
Seit der Inbetriebnahme im Jahr 2016 wurden am MedAustron 2.000 Patientinnen und Patienten behandelt, fanden 47.000 Einzelbestrahlungen statt und täglich werden 50 Personen bestrahlt. „Dank neuer Technologien und neuer Behandlungsräume werden wir in Zukunft noch mehr Menschen helfen können“, sagte der LH-Stellvertreter und erläuterte: „Bereits im Herbst wird die Behandlung mit Kohlenstoff-Ionen in einem weiteren Behandlungsraum möglich und schon 2024 startet ein neues Behandlungskonzept für Augentumore.“ Zudem erfolge ebenfalls im nächsten Jahr der Spatenstich für einen neuen Bestrahlungsraum mit einer separaten Beschleunigeranlage für Protonen. Die Ausschreibung dafür solle noch im Herbst starten. „Damit werden weitere 48,5 Millionen Euro in das höchste Gut der Menschen, die Gesundheit, investiert“, sagte Pernkopf.
Die künftige Weiterentwicklung von MedAustron gehe Hand in Hand mit den drei großen Zielen für die Wissenschaftspolitik in Niederösterreich, betonte er abschließend: „Wir wollen ein Magnet für Spitzenforscherinnen und –forscher sein und hier am MedAustron arbeiten bereits 300 höchstqualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus 22 Nationen.“ Zudem setze man klare Schwerpunkte in Wissenschaft und Forschung beim Thema Gesundheit, wo man spezielle Forschungsförderungen für Forschungsinfrastruktur mache. „Und unser dritter Schwerpunkt ist, die Erkenntnisse aus Wissenschaft und Forschung zu den Menschen zu bringen.“ Auch hier sei MedAustron Vorzeigeprojekt, denn „hier wird direkt für die Menschen geforscht und gearbeitet, eine Arbeit, die erkrankten Menschen und ihren Angehörigen Mut und Hoffnung gibt.“
Bürgermeister und Aufsichtsratsvorsitzender Klaus Schneeberger sagte in seinem Statement unter anderem, MedAustron sei federführend auf zwei Tangenten: nämlich der medizinischen Tangente, was die Weiterbildung von Fachärzten in verschiedenen Ländern bis nach Indien und die Vereinigten Staaten betreffe, und der Forschungstangente. Schneeberger: „Neben herkömmlichen Protonen und Kohlenstoff-Ionen arbeitet MedAustron auch mit Helium-Ionen und ist damit weltweit an der Spitze.“ Zudem unterstrich er die Wertschöpfung für Stadt und Region und bedankte sich abschließend beim Land Niederösterreich, „denn es ist nicht selbstverständlich, dass man 200 Millionen in ein solches Projekt investiert und Haftungen übernimmt, um die Möglichkeit zu haben, die wirtschaftliche Komponente von MedAustron entsprechend umzusetzen.“
Prof. Dr. Eugen Hug, Medizinischer Direktor und Geschäftsführer, gab einen Überblick über die Arbeit am MedAustron. „Es geht um die Hochpräsizisions-Strahlentherapie, also so wenig wie möglich Strahlen in die Normalgewebe zu applizieren, zugleich aber hochdosiert direkt in den Tumor.“ Man wolle einerseits bei vulnerablen Patienten die oft langfristigen, chronischen und lebenslangen Nebenwirkungen einer Strahlentherapie vermindern oder auch völlig vermeiden, so Hug, „andererseits bei hochaggressiven Tumoren mehr Heilung schaffen, ohne gleichzeitig eine Erhöhung der Nebenwirkungen zu haben.“ Er gab zudem einen Überblick über Tumorarten, die am MedAustron behandelt werden, hob auch besonders die Behandlung von Kindern hervor und referierte ausführlich über Studien, die durchgeführt und Forschungserkenntnisse, die bereits gewonnen wurden. Hier betonte Hug den Wissenstransfer der Arbeit und Forschung am MedAustron: „Was wir machen, fließt letztendlich auch in die allgemeine Radioonkologie ein. Denn wenn wir zeigen, was in der Behandlung alles machbar ist, werden es auch andere versuchen.“
Geschäftsführer Ludwig Gold erklärte in seinem Statement unter anderem, man habe einen eigenen nicht-klinischen Forschungsraum am MedAustron, um neue technologische Entwicklungen auch ausgiebig zu testen, damit die Produkte sicher in der medizinischen Anwendung sind. „Dazu können wir auf ein Team von über 120 hochqualifizierten Technikern und Ingenieuren zurückgreifen, die aus allen Ländern der Welt kommen.“ MedAustron sei gerade auch im technischen Bereich als Arbeitgeber sehr gefragt, denn vergleichbare Zentren für Multi-Ionen-Therapie gebe es weltweit nur sechsmal. Gold betonte:„Unser Know-How ist weltweit sehr gefragt. Auf Basis unseres technologischen Anspruches und unserer Leistungen der letzten Jahre, haben wir auch verstärkt Anfragen von internationalen Kunden, etwa aus Australien, Kanada oder China, um diese beim Aufbau von Zentren zu unterstützen.“ MedAustron sei zudem - neben der Universität Heidelberg - erst das zweite Zentrum in Europa, das bereits Helium als Strahl kommissioniert habe, „also das zweite Zentrum, das im nicht-klinischen Forschungsraum jetzt schon in der Lage ist, mit Heliumteilchen zu arbeiten.“ Er gab überdies noch einen Überblick über die technologische Weiterentwicklung am MedAustron, „denn diese seien ein Schlüssel, um neue Therapien zu entwickeln“ und unterstrich, das sowohl Hardware- als auch Softwareentwicklung Inhouse-Projekte seien, also von den Technikern und Ingenieuren am MedAustron selbst entwickelt werden. Abschließende fasste Gold die nächsten beiden Ausbauphasen zusammen, wie die Erweiterung der Büroräumlichkeiten für die 300 Mitarbeitenden mit Beginn im Oktober 2023 und „die Installation und Errichtung eines vollkommen neuen, unabhängigen Zyklotron sein, um in einem weiteren vierten Behandlungsraum Patienten zu betreuen.“ Man rechne hier mit einem Baubeginn im Frühjahr 2024.
Quelle: Land Niederösterreich