Innsbruck: Ein Philosoph, Theologe und Pädagoge von Welt
Foto: M. Wanker
Sigmund Kripp zum Ehrenbürger ernannt
Personen, die sich um die Stadt besonders verdient machen bzw. gemacht haben, kann der Gemeinderat durch Ehrungen auszeichnen. Die höchste dieser Auszeichnungen – nämlich die Ehrenbürgerschaft – wurde gestern an Mag. Dr. Sigmund Kripp verliehen. Bei der Ehrung in der Sozial- und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät (SoWi) waren neben Bürgermeister Georg Willi zahlreiche VertreterInnen der Stadtregierung und des Gemeinderats sowie mehrere hundert Gäste versammelt.
„Eine Ehrenbürgerschaft bekommt man, wenn man um die Stadt hervorragende Verdienste erworben oder das Ansehen bedeutend gefördert hat. Sie, Herr Dr. Kripp, haben genau das getan. Zahlreichen Jugendlichen haben Sie mit Ihrer Arbeit und Ihren Angeboten nicht nur Beschäftigung, sondern auch Heimat und Lebensperspektive gegeben. Ihr Credo war, auf Fragen von heute nicht Antworten von gestern zu geben“, erklärte Bürgermeister Georg Willi in seiner Rede.
Ein bewegtes Leben
Der gebürtige Absamer Sigmund Kripp studierte Philosophie und Theologie in Innsbruck und den USA. Seine anschließende Tätigkeit als Erzieher führte ihn an unterschiedliche Stationen auf der ganzen Welt und schließlich wieder nach Innsbruck, wo der nunmehrige Jesuit den Aufbau und die Leitung der Marianischen Kongregation (MK) übernahm. In seiner Arbeit mit Jugendlichen vertrat Kripp stets eine „Pädagogik ohne Belehrung“ und setzte dabei auf Erfahrung, kritische Reflexion und Diskurs. Außerdem hatte für ihn konsequente, demokratische Selbstverwaltung von Jugendlichen einen hohen Stellenwert. Binnen kurzer Zeit entwickelte sich die MK zu einem der größten und beliebtesten Jugendzentren in ganz Europa. Ihr Treffpunkt ist damals wie heute das Kennedy-Haus in der Sillgasse, das Sigmund Kripp gemeinsam mit den Jugendlichen errichtete.
Kripps Ansichten und sein Pädagogikverständnis trafen auch auf Widerstand: Nach einer Auseinandersetzung mit dem damaligen Bischof wurde Kripp 1973 als Leiter der MK abgesetzt – gegen den Willen zahlreicher Jugendlicher und Eltern. Diese zeigten sich damals im Zuge einer großen Kundgebung mit Kripp solidarisch. Kripp verließ Innsbruck aufgrund des unfreiwilligen Abschieds aus der MK. Einige Jahre später wurde er – ebenfalls gegen seinen Willen – aus dem Jesuitenorden ausgeschlossen.
In den 14 Jahren als Leiter der MK hatte er aber keine “Duckmäuser” erzogen, sondern selbstbewusst Widerspenstige, die offen für ihre Überzeugung eintraten. Pater Kripp musste gehen, aber seine Ideen sind in Innsbruck geblieben, haben Kreise gezogen und Spuren hinterlassen. Überall in Kultur, Kunst, Wirtschaft, aber auch in Politik, Justiz und Verwaltung gibt es MK'ler, die die Grundsätze der Kripp-Pädagogik leben und weitergeben.
Die Ernennung zum Ehrenbürger erfolgt auf einen Ende des vergangenen Jahres eingebrachten Vorschlag aus der Bevölkerung. Dieser wurde von 39 UnterstützerInnen unterzeichnet. Im Jänner 2024 sprach sich der Innsbrucker Gemeinderat einstimmig für die Verleihung aus. (DG)
Quelle: Stadt Innsbruck