Innsbruck: Endlich verstehen, was bei Kindern läuft

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Innerhalb weniger Minuten kann eine Dolmetscherin oder ein Dolmetscher via Video zugeschalten werden. Sonderpädagogin Gabriele Steixner (l.) moderiert das Gespräch mit einer türkischen Mutter (r.).
Foto: IKM/M. Darmann
29 Mai 13:00 2021 von Redaktion International Print This Article

Innsbruck bei Videodolmetschen in Kinderbetreuungseinrichtungen Vorreiter

Ein vierjähriger Bub sitzt im Kindergarten oft alleine in einer Ecke. Er kann kaum Deutsch und hat Probleme bei der Sprachentwicklung. Auch die Verständigung zwischen KindergartenpädagogInnen und seiner Mutter ist schwierig, da sie fast nur Türkisch spricht.

Der Bub ist scheinbar ein Einzelgänger, aber keineswegs ein Einzelfall. „Wenn ein Kind im Kindergarten häufig alleine spielt und kaum mit anderen spricht, gilt es genau hinzuschauen und hinzuhören, um das Kind in seiner Entwicklung bestmöglich zu unterstützen und Missverständnissen vorzubeugen. Insbesondere bei Kindern aus Familien mit nicht deutscher Erstsprache brauchen die Pädagoginnen und Pädagogen manchmal fachkundige Unterstützung, um die Kommunikation zu erleichtern“, weiß die zuständige Stadträtin Mag.a Elisabeth Mayr aus der Praxis. „Deshalb sind wir im Stadtmagistrat sehr stolz, dass wir bereits seit dem Jahr 2015 auf das Projekt Videodolmetschen zurückgreifen können. Das hilft sprachliche Barrieren zu überwinden und fördert das Zugehörigkeitsgefühl aller Kinder.“

Übersetzung auf höchstem Niveau

Das Projekt Videodolmetschen bietet die Möglichkeit, innerhalb weniger Minuten eine Übersetzungshilfe in 34 verschiedenen Sprachen via Video zu Gesprächen zuzuschalten. Dahinter steht der Sprachdienstleister SAVD Videodolmetschen GmbH, der über einen Pool von rund 500 DolmetscherInnen verfügt. Diese müssen höchste Qualitätskriterien erfüllen, sind technisch geschult und in vielen Fachgebieten versiert.

Im Fall des Buben übernimmt die städtische Sonderpädagogin Gabriele Steixner die Vermittlerrolle zwischen der türkischsprachigen Mutter und der Videodolmetscherin. Auf Deutsch erklärt sie der Dolmetscherin, welche Probleme er im Kindergarten hat. Nach der türkischen Übersetzung zeigt sich dessen Mutter ziemlich überrascht. Zuhause habe er einige Freunde und sei offen für neue Kontakte. Allerdings würden diese, genauso wie in der Familie türkisch sprechen. Deshalb wisse sie auch nichts über seine Sprachschwierigkeiten.

Im gemeinsamen Austausch wird erarbeitet, dass eine Sprachförderung sowie eine logopädische Förderung für ihren Sohn am besten ist. „Je früher sprachliche Hürden erkannt und überwunden werden, umso leichter gestalten sich der Einstieg und die weitere Entwicklung in der Schule“, ist Steixner überzeugt und ergänzt: „Auch für die Eltern ist es sehr erleichternd, wenn sie sich ohne Einschränkungen umfassend in ihrer Erstsprache ausdrücken können, bei komplexeren Themen auch Details mitgeteilt werden können und umgekehrt spezifisch nachfragen können, wenn etwas unklar ist“, erzählt Steixner. Dabei kann es sich auch um vermeintlich selbstverständliche oder ganz alltägliche Dinge handeln. Zudem können durch das Videodolmetschen auch Vorurteile aufgrund kultureller Unterschiede abgebaut und Missverständnisse vermieden werden.

Bewährtes Erfolgsprojekt

„Die Möglichkeit des Videodolmetschens ist ein wichtiges und wertvolles Instrument für unsere Arbeit in den pädagogischen Einrichtungen“, bestätigt auch Dr.in Martina Zabernig, Leiterin des Amtes für Kinder, Jugend und Generationen. „Bisher haben wir nur positive Erfahrungen damit gemacht und auch von den Eltern wurde das Angebot sehr gut angenommen“, fügt Projektinitiatorin und Integrationsbeauftragte Mag.a Nicola Köfler hinzu. Gerade wenn es um sensible Themen gehe, sei eine professionelle Übersetzung wichtig. Auch die Distanz zum Dolmetscher sei ein Vorteil, weil sie den Eltern mehr Anonymität gewährt.

Aufbauend auf den Erfahrungen aus Innsbruck und nach positiven Rückmeldungen zu ähnlichen Pilotprojekten in Wien und Niederösterreich, wurde das Angebot vor kurzem sogar bundesweit ausgerollt. „Wir sind stolz, dass Innsbruck immer wieder Mut zeigt, innovative Verbesserungen im Bildungs- und Integrationsbereich zu entwickeln und auf diese Weise österreichweit eine Vorreiterrolle einnehmen konnte“, betont Stadträtin Mayr. In Innsbruck wird das Videodolmetschen in insgesamt neun Ämtern und Referaten angeboten. MD


Quelle: Stadt Innsbruck



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