Niederösterreich: Erfolgreiches Resümee der Taskforce Sozialleistungsbetrug "SOLBE"
Klärung zahlreicher Straftaten durch Sozialleistungsbetrug in NÖ
Zur Bekämpfung der Kriminalitätsform des Sozialleistungsbetrugs wurde zu Beginn des Vorjahres im Bundeskriminalamt zunächst als temporäre Einrichtung die Taskforce Sozialleistungsbetrug "SOLBE" ins Leben gerufen und mit 1. Juli 2020 in den polizeilichen Linienbetrieb übernommen. Seit Aufnahme der Tätigkeit der Taskforce wurden von den Ermittlern des Landeskriminalamtes Niederösterreich Sozialleistungsbetrugshandlungen mit einer Schadenssumme von nahezu vier Millionen Euro aufgedeckt und den Staatsanwaltschaften in Niederösterreich angezeigt, wobei schon einige Verurteilungen zu verzeichnen sind.
Diese Erfolge wurden insbesondere durch die hervorragende Mithilfe und Zusammenarbeit mit den auszahlenden Stellen wie AMS und Pensionsversicherungsanstalt sowie der Finanzpolizei möglich, auch die zuständigen Abteilungen der NÖ Landesregierung leisten hier einen wesentlichen Beitrag.
Bundesminister für Inneres Karl Nehammer betont die Wichtigkeit der Ermittlungsarbeit im Kampf gegen diese Betrugsform. "Sozialbetrug ist ein Betrug an allen Menschen, die durch ihre Beiträge das System tragen und gewährleisten", so Karl Nehammer.
"Die Task Force dient als zentrale Ansprechstelle, arbeitet intensiv mit den auszahlenden Stellen zusammen und ist mit den Verantwortlichen in den Landespolizeidirektionen für Sozialleistungsbetrug optimal vernetzt. Darüber hinaus sei eine interministerielle Steuerungsgruppe installiert worden, an der das Innen-, das Justiz-, das Finanz- und das Sozialministerium beteiligt seien", führte Nehammer fort.
Erfolgreiche Bilanz der Landespolizeidirektion Niederösterreich:
Bei einer am 22. Oktober 2020 mit allen Bezirksverantwortlichen, den Verantwortlichen des Bundeskriminalamtes und des Landeskriminalamtes NÖ, im Beisein des Landespolizeidirektors Franz Popp BA MA, abgehaltenen Feedbackveranstaltung konnte eine äußerst erfolgreiche Bilanz im Kampf gegen Sozialleistungsbetrügereien gezogen werden. Die Ermittler konnten zahlreiche Straftaten aufdecken und klären. Dabei handelte es sich vorwiegend um Betrugshandlungen mit den Modi Operandi:
• Ungerechtfertigter Bezug von Arbeitslosengeld
• Betrügerische Erschleichung von Ausgleichspension
• Unberechtigter Bezug von bedarfsorientierter Mindestsicherung
• Betrug im Zusammenhang mit Kurzarbeit
• Ungerechtfertigter Bezug von Grundversorgung
• Betrug beim Krankengeld
• Ungerechtfertigter Bezug von Notstandshilfe
Derartige Betrugshandlungen gerieten bisher nur in Ausnahmefällen in den Fokus der Kriminalpolizei. Durch die Zusammenarbeit der sogenannten Stakeholder – also der auszahlenden Stellen wie AMS und Pensionsversicherungsanstalt, der Polizei sowie der Finanzpolizei unter der Koordinierung des Bundeskriminalamtes konnte hier eine Sensibilisierung der auszahlenden Stellen auf verdächtige Umstände erreicht werden, die zu den hier vorgestellten Ermittlungserfolgen geführt hat. Die gemeinsame Arbeit wird zielgerichtet weitergeführt.
Zur Verdeutlichung ein paar Beispiele:
Ein bosnischer Staatsbürger und seine Gattin sollen bei der Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf und dem AMS Gänserndorf unrichtige Angaben über ihre Einkünfte und ihr Vermögen angegeben haben. Dadurch sollen beide seit 2015 bedarfsorientierte Mindestsicherung in Höhe von 36.629,68 Euro und Leistungen des AMS in Höhe von 38.338,26 Euro erhalten haben.
Tatsächlich dürften die beiden Personen mit weiteren Familienangehörigen einen illegalen Handel mit Buntmetall betrieben und dabei das Unternehmen, das das Buntmetall ankaufte um 35.933,92 Euro betrogen haben, indem sie das Buntmetall zwar in handelsüblichen Transportkisten anlieferten, diese Kisten aber dahingehend veränderten, dass sie die Böden mit Beton ausgegossen haben.
Das Ehepaar soll folgenden Schaden verursacht haben:
Bedarfsorientierte Mindestsicherung: 36.629,68
AMS Leistungen 38.338,26
Zwischensumme Schaden durch Sozialleistungsbetrug: 74.967,94
Schaden durch Betrug mit illegalem Buntmetallhandel: 35.933,92
Gesamtschaden: 119.901,86
Darüber hinaus soll auch der Vater des bosnischen Staatsbürgers Einkünfte aus dem illegalen Handel mit Buntmetall bezogen haben, die dieser ebenso dem AMS verschwiegen und dadurch seit dem Jahr 2016 zu Unrecht Notstandshilfe in Höhe von 22.283,42 Euro bezogen haben soll. Die Beschuldigten wurden der Staatsanwaltschaft Korneuburg angezeigt.
Haft für russisches Ehepaar, das vortäuschte getrennt zu leben.
Um eine höhere bedarfsorientierte Mindestsicherung zu erhalten, täuschte ein im Bezirk Neunkirchen lebendes, russisches Ehepaar vor, dass sie nicht in einem gemeinsamen Haushalt leben würden. Dem nicht genug, legte der 46-jährige Gatte bei der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen einen gefälschten Lohnzettel vor, um einen noch höheren Anspruch vorzutäuschen.
Schadenssumme: 30.237,43 Euro
Urteil des Landesgerichts Wr. Neustadt:
Der Mann: 18 Monate Haft
Die Frau: 10 Monate bedingt; Probezeit 3 Jahre
Bulgarische Staatsbürgerin in HAFT:
Die 69-jährige Bulgarin mietete in Österreich zum Schein eine kleine Wohnung, um einen Daueraufenthalt in Österreich vortäuschen zu können. Bei Antragstellung auf bedarfsorientierte Mindestsicherung verschwieg sie der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen, dass sie in Bulgarien ein Haus, Grundstücke und einen Cadillac besaß.
Die Bulgarin kam lediglich 1-2x jährlich kurz nach Österreich, um einen Neuantrag auf bedarfsorientierte Mindestsicherung zu stellen und die "Gewinne" zu beheben.
Zur Begleichung der Aufwände hatte sie ein Konto eingerichtet, von dem die Miete und Strom etc. abgebucht wurden.
Die Frau wurde festgenommen, als sie mit ihrem Cadillac nach Österreich kam, um Neuantrag zu stellen und ihre Gewinne abzuholen. Der Cadillac wurde sichergestellt.
Verursachter Schaden: 60.284,42 Euro
Die Beschuldigte ist geständig und hat sofort 10.000 Euro als erste Schadenswiedergutmachung überwiesen.
Urteil des Landesgerichts Wr. Neustadt:
16 Monate Haft davon 14 Monate bedingt, Probezeit 3 Jahre.
Bosnisch stämmiger Mann täuscht Kriegstrauma vor, um Pflegegeld zu erlangen.
Erhebungen in Bosnien ergaben, dass er dem Militär unbekannt ist.
Ein 48-Jähriger, bosnisch stämmiger Österreicher, täuschte der PVA vor, so schwer kriegstraumatisiert zu sein, dass er 24 Stunden Windelhosen tragen müsse.
Nachforschungen in Bosnien ergaben, dass der Mann den Streitkräften unbekannt ist.
Auch alle Personen, die im Umfeld befragt wurden, haben von den vor Gericht behaupteten Beschwerden nichts mitbekommen.
Schaden: 137.251,20 Euro
Der Beschuldigte wurde der Staatsanwaltschaft St. Pölten angezeigt.
30-Jährige täuscht vor, vom Ehemann getrennt zu leben, um überhöhte bedarfsorientierte Mindestsicherung zu beziehen.
Schaden: 6.345,70 Euro
Urteil des Landesgerichts Krems an der Donau:
Freiheitsstrafe 7 Wochen, bedingt, Probezeit 3 Jahre
Ein heute 61jähriger Österreicher soll von 1998 bis 2019 dem AMS und später der PVA vorgetäuscht haben, schwer invalide und am Arbeitsmarkt nicht vermittelbar zu sein. Tatsächlich soll er auf höchstem Niveau Tennis spielen und soll als Tennislehrer tätig gewesen sein.
Schaden: rund 230.000, - Euro
Der Beschuldigte wurde der Staatsanwaltschaft Korneuburg angezeigt.
Quelle: LPD Niederösterreich