Niederösterreich: Erstmals erfolgreiche Seeadlerbrut im Nationalpark Thayatal
LH-Stv. Pernkopf: „Erfolgreiche Brut stärkt die Population, die sich in Niederösterreich erfolgreich angesiedelt hat und jährlich weiter zunimmt“
Ab sofort darf der Seeadler als Brutvogel im grenzüberschreitenden Nationalpark Thayatal-Podyjí gelistet werden. In den letzten Jahren häuften sich im Frühling und Sommer bereits die Beobachtungen. 2024 hat es nun mit einer erfolgreichen Brut in den naturnahen Wäldern des Nationalparks geklappt. Zwei junge Seeadler sind herangewachsen und erkunden nun bereits bei ihren ersten Ausflügen die Tallandschaft der Thaya.
Der Seeadler war in Österreich lange Zeit ausgestorben, seit etwa 30 Jahren breitet er sich aber wieder aus. 2001 gab es erstmals Nachwuchserfolg in Österreich und mittlerweile haben sich wieder um die 70 Brutpaare im Land eingefunden. Eines davon findet sich seit heuer im Nationalpark Thayatal.
Die Rückkehr des Seeadlers in Österreich ist eine Erfolgsgeschichte für den Naturschutz. Der für die Nationalparks in Niederösterreich zuständige LH-Stellvertreter Stephan Pernkopf verweist auf die erfreuliche Entwicklung in Niederösterreich: „Der Seeadler brütet bereits seit 2005 im weitläufigen Auensystem der Donau, das durch den Nationalpark Donau-Auen geschützt wird. Die erfolgreiche Brut im Thayatal stärkt die Population, die sich in Niederösterreich erfolgreich angesiedelt hat und jährlich weiter zunimmt.“
„Die österreichischen Nationalparks schützen natürliche Lebensräume und gelten als Hotspots der Artenvielfalt. Mehr als zwei Drittel der Wirbeltierarten und Gefäßpflanzen Österreichs konnten in den österreichischen Nationalparks nachgewiesen werden, bei den Brutvögel sind es sogar 94 Prozent. Die erfolgreiche Seeadlerbrut im Nationalpark Thayatal zeigt, wie wichtig es ist, dass es Gebiete gibt, in denen sich die Natur frei entfalten kann“, freut sich Bundesministerin Leonore Gewessler über den ersten erfolgreichen Brutnachweis aus dem Thayatal.
Seit über 20 Jahren steht der Nationalpark Thayatal für eine wilde und immer ursprünglich werdende Natur. Hier im grenzüberschreitenden Schutzgebiet an der Thaya greift der Mensch nicht ein, die Natur darf sich frei und ungestört entwickeln. Zahlreiche seltene Arten wie die Wildkatze, der Schwarzstorch, der Fischotter, der Edelkrebs oder das Hohe Perlgras finden hier einen geschützten Lebensraum. Auch der Mensch ist willkommen. Grenzüberschreitende Wanderwege laden ein zu Erholung und eindrucksvollen Naturerfahrungen.
Bereits am Beginn der 90er Jahren konnten die ersten Seeadler als Wintergast im Thayatal beobachtet werden. Seither überwintern sie regelmäßig am österreichisch-tschechischen Grenzfluss, das Thayatal hat sich zu einem bedeutsamen Lebensraum für die Winteraufenthalte von Seeadlern und Kaiseradlern entwickelt. Durch den Schwallbetrieb des tschechischen Kraftwerks Vranov/Frain friert die Thaya nie ganz zu, was zahlreiche Enten, Schwäne, Kormorane und Graureiher anzieht. Sie halten sich an den offen gebliebenen Wasserflächen auf, was auch den Seeadlern zu Gute kommt, denn neben Fischen erbeuten diese hauptsächlich Wasservögel. Bei der jährlich stattfindenden Winterzählung gelang es 2021, bis zu elf Seeadler an einem Tag im Thayatal zu sichten. Am 5. Februar 2022 konnten sogar zehn Seeadler gemeinsam in einer Lokalität westlich von Hardegg beobachtet werden. Im Jahr 1999 ließen sich die imposanten Greifvögel erstmals auch im Sommer im Thayatal blicken. 2013 gelang schließlich der erste erfolgreiche Brutnachweis eines Seeadler-Pärchens in einer Nachbargemeinde von Hardegg. In der letzten Zeit häuften sich die Sichtung in der Brutzeit, die Nationalparkmitarbeiter hielten daher gezielt nach einem Seeadlerhorst Ausschau.
Bereits im März 2023 gab es einen Brutversuch, dieser wurde jedoch nach einigen Wochen abgebrochen. Im März 2024 fand der Ornithologe und Nationalpark Ranger Robert Müllner den Horst schließlich besetzt. Mitte April konnte er zwei Jungtiere beobachten, Anfang Juli hatten diese bereits stattliche Größe erreicht. „Das große ungestörte Waldgebiet der beiden Nationalparks, die Thaya und weitere Gewässer in der Umgebung mit ausreichendem Nahrungsangebot bieten ideale Voraussetzungen für eine sichere Jungen-Aufzucht. Mit den ersten Ausflügen der Jungvögel gilt die erste erfolgreiche Brut des Seeadlers im Nationalpark Thayatal-Podyjí als gesichert!“ freut sich Nationalpark-Ranger Robert Müllner über die neuen Thayatal-Bewohner.
Noch kümmern sich die Eltern um die Flugneulinge und versorgen sie mit Futter. Spätestens im Herbst aber verlassen die Jungen das Revier der Eltern und gehen dann auch in weit entfernten Gebieten auf Nahrungssuche. Frühestens in vier Jahren, sobald sie geschlechtsreif sind, etablieren sie ihr eigenes Revier, häufig im Umkreis jenes Gebietes, in dem sie aufgewachsen sind.
Charakteristisch für den größten heimischen Greifvogel sind vor allem der massive gelbe Schnabel und die weißen Schwanzfedern. Während ein ausgewachsenes Seeadler-Weibchen fast sieben Kilogramm schwer wird und eine Flügelspannweite von bis zu 2,5 Metern erreicht, bringen es Männchen auf fünf Kilogramm und 2,1 Meter Flügelspannweite. Bei der Jungenaufzucht ist das von Vorteil. Die kleineren Männchen sind nämlich wendiger und schaffen es dadurch, mehr Beute zu fangen. Das ist vor allem in den ersten Wochen nach dem Schlupf der Jungvögel wichtig, wenn nur das Männchen auf die Jagd geht und das Weibchen bei den Jungen am Horst bleibt.
„Seeadler sind sehr sensibel gegenüber Störungen, darum dürfen der Brutplatz und die bevorzugten Plätze des Nahrungserwerbs nicht betreten werden. Am Einsiedlerweg und beim Umlaufberg gelingen aber häufig eindrucksvolle Sichtungen, vor allem im Jänner sind bei Wanderungen durch das Thayatal häufig Seeadlersichtungen garantiert“, informiert Nationalparkdirektor Christian Übl über die Möglichkeit, die Seeadler in ihrem natürlichen Lebensraum zu beobachten.
Noch bis Anfang November ist im Nationalparkhaus im Thayatal die Ausstellung „Im Aufwind - Die Rückkehr der Seeadler“ zu sehen. Angelehnt an traditionelle Schautafeln aus dem Biologie-Unterricht werden Biologie und aktuelle Entwicklung des österreichischen Wappenvogels vorgestellt. Die Ausstellung ist während der Öffnungszeiten des Nationalparkhauses zu besichtigen, der Eintritt mit der NÖ-Card ist kostenlos.
Quelle: Land Niederösterreich