Wien: Frauenstadträtin Kathrin Gaal: Cybergewalt - Start für neue Kompetenzstelle der Stadt Wien

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Frauenstadträtin Kathrin Gaal (3. von links) präsentierte die neue Kompetenzstelle für Cybergewalt gemeinsam mit Andrea Brem, Geschäftsführerin des Vereins Wiener Frauenhäuser (links), Martina Ludwig-Faymann, Vorsitzende des Vereins Wiener Frauenhäuser (2. von links), Sandra Heissenberger (4.von links), Chief Information Security Officer (CISO) in der Abteilung „Organisation und Sicherheit“ bei der Stadt Wien, Martina K. Steiner, der stellvertretenden Leiterin des 24-Stunden Frauennotrufs der Stadt Wien (2. von rechts) und Elfriede Fröschl, Soziologin und Studienautorin der Studie „Cybergewalt gegen Frauen in Paarbeziehungen“ (rechts).
Foto: PID/VOTAVA
26 Sep 16:00 2020 von Redaktion Salzburg Print This Article

Studie zeigt: Cybergewalt in Paarbeziehungen steigt an – Stadt Wien schafft IT-Unterstützung bei Cyberstalking und Co. und startet Informationsoffensive

Unser Leben und unsere Kommunikation verlagern sich immer mehr ins Internet. Ein Alltag ohne Smartphone und Tablet sind kaum noch vorstellbar, digitale Kommunikation wird immer wichtiger. Das bringt Vorteile, hat aber auch Schattenseiten. Wenn Situationen online außer Kontrolle geraten, sind Frauen immer häufiger mit Cybergewalt konfrontiert. Darunter fallen Cybermobbing, Cyber-Stalking oder „Hass im Netz“.

„Wir alle verbringen immer mehr Zeit online. Über technische Möglichkeiten verlagert sich auch Gewalt ins Internet. Cybergewalt ist immer öfter ein Thema. Die Stadt Wien ist für Betroffene da und schafft eine neue Kompetenzstelle. Cybergewalt hat in unserer Stadt keinen Platz“, so Frauenstadträtin Kathrin Gaal.

„Die IT-SicherheitsspezialistInnen der Stadt Wien arbeiten ab sofort eng mit dem 24-Stunden Frauennotruf und den Wiener Frauenhäusern zusammen. Wichtig ist: Die Stadt Wien hilft Betroffenen von Cybergewalt schnell und unbürokratisch“, so Gaal.

„Moderne digitale Infrastruktur ist ein Wettbewerbsfaktor und Standortvorteil für Wien. Digitalisierung bietet viele Chancen und Weiterentwicklungsmöglichkeiten – birgt aber auch Risiken. Das Phänomen ,Cybergewalt‘ ist eines davon und hat in einer modernen Gesellschaft keinen Platz. Ich freue mich, dass ,Wien Digital‘ und Frauenberatungsstellen zusammen an das Thema herangehen und Betroffene unterstützen“, so Digitalisierungsstadtrat Peter Hanke.

Was ist Cybergewalt?

Cybergewalt tritt in unterschiedlichen Formen auf. Unter Cybermobbing versteht man das wiederholte, absichtliche und meist öffentliche Beleidigen, Bedrohen oder Bloßstellen einer Person über das Internet, soziale Medien oder das Smartphone. Bei Cyberstalking wird eine Person via Internet, SMS, E-Mails oder Nachrichten in sozialen Medien verfolgt – und das über einen längeren Zeitraum hinweg immer wieder. „Hass im Netz“ zielt darauf ab, eine bestimmte Person oder eine Gruppe von Personen im Netz abzuwerten – etwa über Hasspostings. TäterInnen können Ex-PartnerInnen sein – genauso wie EhepartnerInnen, Bekannte, Familienmitglieder, ArbeitskollegInnen oder Fremde.

Studie „Cybergewalt gegen Frauen in Paarbeziehungen“

Über technische Möglichkeiten verlagert sich Gewalt ins Internet. Die neue Studie „Cybergewalt gegen Frauen in Paarbeziehungen“ von ExpertInnen der Wiener Frauenhäuser zeigt das auf.

„Über das Smartphone und auf sozialen Medien haben gewalttätige Ehemänner noch mehr Möglichkeiten, ihre Frauen zu überwachen, zu demütigen und auch zu bedrohen. Dies ist eine neue Gewaltform gegen misshandelte Frauen, die ihre Situation, oft auch nach einer Trennung, nochmal schwieriger macht“, so Andrea Brem, Geschäftsführerin des Vereins Wiener Frauenhäuser und Studienautorin.

„Bei ,Hass im Netz‘ muss auch das Thema Cybergewalt in Paarbeziehungen stärker in den Vordergrund rücken“, betont die Vorsitzende des Vereins Wiener Frauenhäuser Martina Ludwig-Faymann.

Unter Cybergewalt versteht man alle Formen von Gewalt, die sich technischer Hilfsmittel bedienen (etwa Smartphone, Apps, Internet, E-Mails) und/ oder Gewalt, die im digitalen Raum passiert – d.h. auf Online-Portalen oder auf sozialen Plattformen.

Meist ist Cybergewalt eine Fortsetzung von oder Ergänzung zu „analoger“, physischer und psychischer Gewalt – gerade in Gewaltbeziehungen.

Eine der Folgen von Cybergewalt: Gewaltsituationen werden durch digitale Technologien verschärft. Und, wie es in der Studie heißt: „was früher eine private Angelegenheit war, kann heute innerhalb von Sekunden an eine Milliarde Menschen auf der ganzen Welt gesendet werden.“

Muster von Cybergewalt: Kontrolle, Macht und soziale Isolation

Folgende Formen und Muster kennzeichnen Cybergewalt in Paarbeziehungen:

Kontrolle und Demonstration von Macht – etwa über Zugang zu Passwörtern und Geräten und Überwachung von Nachrichten Soziale Isolation durch digitale Mittel – etwa durch das Überwachen von Handy-Kontakten oder das Bedrohen von Familie und FreundInnen Behinderungen im Alltag durch ständige SMS, Anrufe oder WhatsApp-Nachrichten Abwertung, Beschämung und gezielte (ökonomische) Schädigung – etwa durch digitale, anonyme Drohungen oder das Veröffentlichen von Nacktfotos oder Handynummern oder Falschinformationen an den Arbeitgeber per Mail Drohungen oder Erpressung – deren Reichweite durch soziale Medien verstärkt wird

Täter hindern Frauen daran, jemanden anzurufen oder E-Mails zu schicken, Partner überwachen das Mobiltelefon oder zwingen Betroffene, ihre Passwörter herzugeben.

„Der zeitlich und räumlich nahezu unbegrenzte Zugang zur Partnerin ermöglicht es gewaltbereiten Männern, die betroffenen Frauen engmaschig zu überwachen und zu verfolgen, da in aufrechter Beziehung meist Zugangsdaten und Telefonnummern für sie verfügbar sind oder sie deren Herausgabe durch Gewaltandrohung oder -ausübung erzwingen“, so Studienautorin Elfriede Fröschl.

Insgesamt sind mehr jüngere Frauen von Cybergewalt betroffen als ältere. Die Studie deutet daraufhin, dass ökonomische Abhängigkeit es für Frauen schwerer macht, sich aus Cybergewalt zu befreien – indem z.B. ein neues Handy gekauft wird.

Doris: „Ich habe am ganzen Körper gezittert. Ich hatte Angst, dass er gleich dasteht, weil er ja wusste, wo ich bin“ Alle Frauen, die an der Studie teilnahmen, berichteten von Angst. Zwei Drittel leiden unter Panikattacken, viele verlieren Sozialkontakte. „Ich hatte immer Angst gehabt, wenn ich mein Handy höre, diesen Ton für Gmail, dann kommt mir: Mein Gott, was ist jetzt?“, sagt Helena im Rahmen der Studie.

„Wie er bei mir Cybermobbing-Gewalt ausgeübt hat, habe ich am ganzen Körper gezittert. Ich hatte Angst, dass er gleich dasteht, weil er ja wirklich ziemlich viel Zugriff auf meine Daten hatte und wusste, wo ich bin“, sagt Doris.

Was sich die betroffenen Frauen laut Studie wünschen, ist Beratung, rechtliche Unterstützung sowie Unterstützung beim Löschen von rechtswidrigen Inhalten und beim Zugriff auf technische Geräte.

Neue Kompetenzstelle gegen Cybergewalt: IT-SicherheitsexpertInnen helfen

Die Stadt Wien ist für Betroffene da und schafft eine neue Kompetenzstelle gegen Cybergewalt. Die IT-SicherheitsspezialistInnen der Stadt Wien arbeiten ab sofort eng mit dem 24-Stunden Frauennotruf und den Wiener Frauenhäusern zusammen. Die ExpertInnen des „Security Hubs“ WienCERT der Abteilung „Wien Digital“ sind ab sofort als Anlaufstelle für den 24-Stunden Frauennotruf und die Wiener Frauenhäuser da. Sie springen dort ein, wo die Beraterinnen an ihre technischen Grenzen stoßen. Da geht es vor allem um jene Fälle von Cybergewalt, bei denen es spezialisiertes IT-Wissen braucht.

Nach einer Analyse des Falles wird entschieden, ob es eine technische Lösung gibt, ob der Fall an die Polizei weitergeleitet werden soll – oder ob technische Unterstützung von weiteren SpezialistInnen notwendig ist (Datenschutz wird hier immer mitgedacht!).

In sehr komplexen Cybergewalt-Fällen werden externe Unternehmen mit spezialisierten Aufgaben und technischem Support beauftragt („Digitale Forensik“).

„So wie Internetkriminalität immer mehr zunimmt, beobachten wir auch eine Verschiebung der Gewaltausübung von der realen Welt in den Cyberraum. Die zentrale Eigenschaft der Cybergewalt ist, dass sie orts- und zeitunabhängig ausgeübt werden kann. Deshalb ist es wichtig die bereits sehr professionelle Beratung durch cybertechnische Beratung zu unterstützen, mit dem Ziel, Frauen vor Cybergewalt zu schützen, die Gewaltausübung zu unterbinden und gegebenenfalls Beweise zu sichern, erklärt Sandra Heissenberger, Chief Information Security Officer (CISO) in der Abteilung „Organisation und Sicherheit“ bei der Stadt Wien.

Das kann z.B. bei der Beweissicherung sein – wenn der Täter das Handy einer Klientin zerstört hat, auf dem Fotos von Verletzungen gespeichert waren. Hier können die IT-ExpertInnen im Idealfall die Fotos wiederherstellen – ein wichtiges Beweismittel bei einer Anzeige.

Weitere Fälle, in denen die IT-SicherheitsexpertInnen einspringen können:

Lassen sich E-Mail-Adressen blockieren und blockierte Mails/Nachrichten von blockierten WhatsApp-Kontakten sichern? Gibt es die Möglichkeit, über unbekannte Anrufe (mit unterdrückter Nummer) Informationen zu erhalten? Lassen sich vorschnell gelöschte Fotos (z.B. von Belästigern) wiederherstellen? Häufig fällt die Entscheidung zu einer Anzeige erst Wochen später. Lässt sich ein Gerät neu aufsetzen (etwa, wenn Spyware installiert ist)?

„Durch die Bündelung der Kompetenzen von Frauenberatungsstellen und IT-ExpertInnen der Stadt Wien wird die Hilfe und Unterstützung für Betroffene deutlich verbessert“, so Martina K. Steiner, stellvertretende Leiterin des 24-Stunden Frauennotrufs der Stadt Wien.

Informationsoffensive zum Thema „Cybergewalt“

„Wichtig ist: Die Stadt Wien hilft Betroffenen von Cybergewalt schnell und unbürokratisch. Wer von Gewalt betroffen ist, hat in unserer Stadt ein Auffangnetz“, so Frauenstadträtin Kathrin Gaal.

Mit einer Informationsoffensive schafft die Stadt Wien ab sofort Bewusstsein für das Thema. Ein Video zum Thema Cybergewalt gegen Frauen und Mädchen erklärt die verschiedenen Formen und zeigt auf, wo Betroffene Hilfe bekommen – unter den Nummern des Frauennotrufs (01/71719) und bei der Beratungsstelle der Wiener Frauenhäuser (01/5123839).




Quelle: Stadt Wien



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