Innsbruck: Geplanter Gedenkort zum NS-Lager Reichenau
Stadtarchiv sucht für Dokumentation private Fotos aus der Kriegszeit
Seit Mai 2021 arbeitet eine achtköpfige Kommission aus HistorikerInnen und ExpertInnen im Auftrag des städtischen Kulturausschusses an der Erforschung des ehemaligen Arbeits- und Zwangsarbeiterlagers Reichenau. Ziel ist eine möglichst genaue Dokumentation des vom NS-Regime betriebenen Lagers im Osten der Stadt sowie weiterer Nebenlager. Auf Basis des Berichts soll der 1972 errichtete Gedenkstein, der an die Gräuel in diesen Lagern erinnert, zu einem zeitgemäßen Gedächtnisort umgestaltet werden. Im „Arbeitserziehungslager Reichenau“, das von 1941 bis 1945 in Betrieb war, wurden Kriegsgefangene und ZwangsarbeiterInnen aus ganz Europa interniert, über 100 von ihnen kamen zu Tod.
„Unser Ziel ist eine zeitgemäße Erinnerungsform, die die Ereignisse im Lager dokumentiert und ein würdiges Gedenken an die Opfer ermöglicht. Weil das bisher nicht möglich war, sehen die Pläne der Stadt und des Kulturausschusses des Gemeinderates die Schaffung eines neuen Gedenkortes vor“, klärt die zuständige Kulturstadträtin Mag.a Uschi Schwarzl auf. Kulturausschuss-Vorsitzende Irene Heisz, die auch die Reichenau-Kommission leitet, ergänzt: „Der erste Schritt auf dem Weg zu einem neuen Gedenkort ist die Erstellung des Berichts der Expertinnen und Experten. Wenn dieser planmäßig bis zum Herbst vorgelegt wird, kann die eigentliche Planung beginnen.“
Die ExpertInnenkommission tagt in regelmäßigen Abständen. Die Historikerin Univ.-Ass Mag.a Sabine Pitscheider arbeitet außerdem an einer eigenen Publikation über Zwangsarbeit in Tirol, in der die NS-Lager in Innsbruck in einem eigenen Kapitel behandelt werden. Die Publikation soll ebenfalls heuer in der Veröffentlichungsreihe des Tiroler Landesarchivs erscheinen.
Aufruf an Innsbrucker BürgerInnen
Federführend in die Arbeit der ExpertInnenkommission involviert und mit deren Organisation betraut ist das Stadtarchiv/Stadtmuseum. Stadtarchiv-Leiter Dr. Lukas Morscher sieht allerdings eine Schwierigkeit in der Dokumentation darin, dass es relativ wenig Bildquellen ? vor allem von den über das gesamte Stadtgebiet verstreuten Nebenlagern- und Unterbringungsquartieren – gibt. Die Stadt bittet deshalb die Innsbrucker BürgerInnen um Mithilfe. „Konkret suchen wir Fotos aus der Kriegszeit, auf denen Spuren des Lagers zu sehen sind. Auf Dachböden oder in Kellern gibt es vielleicht noch alte Bilder, die für eine genaue Dokumentation sehr wertvoll und wichtig sind. Es kann auch interessant sein, wenn eine Baracke nur im Hintergrund zu sehen ist“, klärt Morscher auf. Die Dokumentation soll in die Gestaltung des neuen Gedenkortes einfließen.WG
Quelle: Stadt Innsbruck