Salzburg: Gewalt gegen Kinder ist verboten. Punkt.
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Kinderschutzzentrum berät Familien / Interview mit Leiter Peter Trattner
(LK) „Die Covid-Krise ist eine Belastung für die Familien. Es gibt neue Probleme, bereits vorhandene Probleme werden zusätzlich akuter. Kinder leiden besonders, und auch Eltern sind noch mehr gefordert, etwa durch unsichere Arbeitsplatzsituationen oder aufgrund von Doppelbelastung durch Home-Office gemeinsam mit Home-Schooling“, fasst Landeshauptmann-Stellvertreter Heinrich Schellhorn einige der aktuellen Herausforderungen zusammen.
Damit es aufgrund dieser extremen Belastungen nicht – vermehrt – zu Konflikten oder sogar zu Gewalt in der Familie, vor allem gegen Kinder kommt, verweist Landeshauptmann-Stellvertreter Heinrich Schellhorn neben zahlreichen Möglichkeiten zur Unterstützung auf das Kinderschutzzentrum in Salzburg mit einer Außenstelle in Zell am See: „Es ist wichtig, dass sich die Menschen – ob Kinder, Jugendliche oder Erwachsene – rechtzeitig melden und Hilfe und Beratung in Anspruch nehmen.“
Schellhorn: „Breite Aufklärungskampagne.“
„Die kostenlosen und sofort einsatzbereiten Angebote dafür gibt es für das ganze Bundesland Salzburg“, so Schellhorn. „Beratungsstellen wie das Kinderschutzzentrum unterstützen umfassend bei diesem Thema und setzen dabei auf Aufklärung und Beratung. Denn Gewalt in der Erziehung fängt viel früher an, bevor es in körperliche Gewalt übergeht. Verbale und psychische Formen wie Beschimpfen, Anschreien, Drohen oder unter Druck setzen sind noch immer stark verbreitet. Daher hat das Land gemeinsam mit Kinder- und Jugendhilfe-Organisationen bereits im Sommer eine breite Aufklärungskampagne gestartet.“
Trattner: „Kinder und Jugendliche leiden besonders.“
Peter Trattner, Leiter des Kinderschutzzentrums Salzburg, spricht im Interview über Gefahrenerkennung, -vermeidung und über konkrete Hilfe durch die Einrichtung.
LMZ: Was bedeutet diese Situation gerade für junge Menschen?
Trattner: Kinder und Jugendliche leiden ganz besonders unter den Lockdowns und den Covid-Maßnahmen: Sie befinden sich mitten in ihrer Entwicklung, brauchen einen klaren und strukturierten Tagesablauf sowie den Kontakt zu Gleichaltrigen. Das gilt sowohl für die Schule als auch für das private Umfeld. Ein verlorenes Jahr für Erwachsene bedeutet für Kinder und Jugendliche fünf bis sechs verlorene Jahre.
LMZ: Haben Sie seit Beginn der Pandemie einen Anstieg von Gewalt in Familien bemerkt?
Trattner: Ja, der Anstieg ist deutlich zu erkennen. Kinder und Jugendliche sind einerseits direkt betroffen – seelisch, körperlich und auch sexuell. Sehr häufig sind sie indirekt Opfer, etwa bei Gewalt unter den Eltern. Man kann davon ausgehen, dass in etwa der Hälfte der Fälle häuslicher Gewalt an Frauen auch Kinder mitbetroffen sind.
LMZ: Was raten Sie Eltern, die stark belastet sind?
Trattner: Eine gute Möglichkeit ist, Druck herauszunehmen. Das gilt für die Erwachsenen und auch für die Kinder, zum Beispiel bei den schulischen Leistungen und Anforderungen. Mit den Kindern viel über die aktuelle Situation reden hilft ebenfalls. Auch gemeinsames Spielen, Spazierengehen und Bewegung an der frischen Luft ist eine gute Möglichkeit, sich abzulenken und neue Kraft und neuen Mut zu schöpfen.
LMZ: Was braucht es gerade jetzt, um das Kindeswohl zu sichern?
Trattner: Es bedarf erstens der Erkenntnis, dass Gewalt gegen Kinder absolut falsch ist und furchtbare Folgen hat – bis hin zu schweren Traumatisierungen. Gewalt ist definitiv kein Mittel der Erziehung und ist immer fehl am Platz. Sie hindert die jungen Menschen in ihrer Entwicklung und hinterlässt schwere seelische Wunden. Wenn Eltern keinen Ausweg mehr wissen, ist es wichtig, sich professionelle Hilfe zu holen.
LMZ: Wie und wo bietet das Kinderschutzzentrum konkret Hilfe an?
Trattner: Das Kinderschutzzentrum ist eine nicht-behördliche Anlauf-, Beratungs- und Therapiestelle für minderjährige Missbrauchs- und Gewaltopfer und Familien in schweren Krisen. An uns können sich sowohl die Kinder und Jugendlichen direkt, als auch die Eltern oder sonstige Bezugspersonen wenden. Erfahrene Fachleute aus Psychologie, Sozialarbeit und Psychotherapie helfen bei allen Fragen rund um das Thema und unterstützen bei der Aufarbeitung von Gewalterfahrungen.
Das Kinderschutzzentrum Salzburg
Die Zentrale des Kinderschutzzentrums befindet sich in Salzburg-Itzling, in Zell am See wird eine Außenstelle betrieben. Das Beratungstelefon ist unter +43 662 44911 zu folgenden Zeiten erreichbar: Montag bis Donnerstag von 9 bis 12 Uhr und von 13.30 bis 16 Uhr, freitags und in Ferienzeiten von 9 bis 12 Uhr, E-Mail: [email protected], www.kinderschutzzentrum.at.
Quelle: Land Salzburg