Österreich: Gießereien auf dem Weg zur Industrie 5.0

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Gießereien auf dem Weg zur Industrie 5.0
Foto: AIT
18 Sep 17:26 2023 von OTS Print This Article

Das AIT und seine Partner entwickeln ein Assistenzsystem für Druckgussanlagen. Ziel ist es, die digitale und grüne Transformation der Gießereibetriebe in Österreich voranzutreiben.

Im Bestreben, den Kraftstoffverbrauch ihrer Fahrzeuge zu reduzieren, setzen Automobilhersteller verstärkt auf den Einsatz von Leichtbauteilen aus Aluminium oder Magnesium, insbesondere im Bereich der Elektromobilität. Österreichische Gießereibetriebe spielen dabei eine entscheidende Rolle, da sie über umfassende Kompetenz und Know-how in der Herstellung qualitativ hochwertiger und komplexer Gussbauteile verfügen. Die Bauteile werden in einem ressourcenintensiven Druckgussverfahren hergestellt. Um dieses Verfahren effizienter zu gestalten, soll die digitale und grüne Transformation österreichischer Gießereien im Sinne von Industrie 5.0 vorangetrieben werden. Hierzu wird im kürzlich gestarteten Forschungsprojekt DG Assist unter der Leitung des AIT Austrian Institute of Technology ein Assistenzsystem für den nachhaltigen Betrieb von Druckgussanlagen entwickelt.

Im FFG-Projekt DG Assist bündeln Partner aus Forschung und Industrie ihre Expertisen. Vom AIT sind das Center for Vision, Automation & Control als Koordinator, das Center for Technology Experience, das Center for Energy und das LKR Leichtmetallkompetenzzentrum Ranshofen involviert. Weitere Partner aus der Industrie sind Maxan Automation, MELTEC Industrieofenbau GmbH, Siemens Aktiengesellschaft Österreich und TCG UNITECH GmbH.

Ziel der Partner ist es, ein Assistenzsystem zu entwickeln, das eine agile und nachhaltige Produktion von hochwertigen Gussbauteilen sicherstellt. Dadurch soll der Anteil fehlerhafter Gussbauteile und damit der Energie- und Materialverbrauch deutlich reduziert werden. Die Expert:innen setzen dabei auf neueste Informations- und Kommunikationstechnologien sowie auf modellbasierte und KI-gestützte Methoden. Darüber hinaus sollen innovative Lösungen für die Interaktion zwischen Mensch und Maschine erarbeitet werden, die das Bedienpersonal bei der Prozessüberwachung und -optimierung sowie bei der Qualitätskontrolle unterstützen. Das Assistenzsystem soll prototypisch auf einer Testmaschine am LKR in Ranshofen implementiert und getestet werden.

Digitale Lösungen als essenzielle Bausteine des Assistenzsystems

Ausgangspunkt für eine agile und nachhaltige Produktion ist die Digitalisierung der Anlage. Hierzu wird ein Daten- und Wissensmanagementsystem für den effizienten Daten- und Informationsaustausch zwischen Mensch, Maschine und Algorithmen entwickelt. Ein Wissensgraph dient hier zur digitalen Repräsentation des Prozess- und Anlagenwissens sowie zur Navigation durch die heterogene Datenlandschaft des Druckgussprozesses. Der Betrieb der Anlage kann dadurch besser überwacht und ein hoher Energie- und Materialverbrauch frühzeitig erkannt werden.

Zudem werden digitale Zwillinge der Druckgussmaschine und der Gussbauteile entwickelt, um den Betriebszustand der Maschine und die Qualität des Gussbauteils vorherzusagen und potenzielle Fehlerquellen rechtzeitig einzudämmen. Der digitale Zwilling wird weiters durch virtuelle Sensoren unterstützt, die bislang nicht messbare Größen im Druckgussprozess rekonstruieren sollen. Damit erhält das Bedienpersonal zusätzliche Informationen für die Prozessüberwachung.

Die im Wissensgraphen hinterlegten Informationen sollen schließlich für eine wissensbasierte Maschineneinstellung genutzt werden können. Das geplante Assistenzsystem bildet somit den Ausgangspunkt für die Erarbeitung immer effizienterer Produktionsprozesse und ist ein essenzieller Baustein für den zielgerichteten Ressourceneinsatz. „Erfahrene Mitarbeiter:innen sind für die Maschineneinstellung, d.h. für die Wahl von bis zu 200 unterschiedlichen Parametern, verantwortlich, die sich letztendlich auf die Produkt- und Prozessqualität auswirken. Eine ungünstige Einstellung führt zu fehlerhaften Bauteilen und kostet Material, Energie und Arbeitszeit. Ein Fehlerdurchschlupf bei der Sichtprüfung resultiert in einer Reklamation durch Kund:innen und in weiterer Folge in einem Vertrauensverlust. Mit dem neuen Assistenzsystem können wir das Bedienpersonal unterstützen“, so Herbert Kerbl, verantwortlich für Qualitätsdatenmanagement bei TCG UNITECH GmbH.

Die Bedürfnisse des Menschen ins Zentrum der Forschung rücken

Der Produktionsbetrieb in Gießereien basiert wesentlich auf dem Expert:innenwissen und dem Erfahrungsschatz des Bedienpersonals, welches umfassende Aufgaben wie die Sichtprüfung, die Prozessüberwachung oder die Maschineneinstellung übernimmt. Ergänzend zu den algorithmischen Aspekten des Assistenzsystems werden deshalb innovative Lösungen für die Interaktion zwischen Mensch und Maschine gemäß den Bedürfnissen des Bedienpersonals erarbeitet. „Wenn wir nicht nur den Prozess optimieren, sondern auch die Bedürfnisse des Bedienpersonals in den Mittelpunkt stellen, können wir die Arbeitsplätze in der rauen Arbeitsumgebung einer Gießerei angenehmer gestalten und dem Fachkräftemangel entgegenwirken. Eine intuitive Bedienung der Druckgussmaschine fördert nicht nur die Akzeptanz beim Personal für die Modernisierung, sondern führt auch zu einer Entlastung und somit zu mehr Spaß an der Arbeit“, ergänzt Herbert Kerbl.

Stephan Strommer vom Center for Vision, Automation & Control ist Experte auf dem Gebiet der Prozessautomatisierung und -optimierung. Er leitet das Forschungsprojekt und resümiert:

„Das Forschungsprojekt DG Assist stellt eine wegweisende Initiative dar, die digitale und grüne Transformation in österreichischen Gießereibetrieben voranzutreiben. Die Zusammenarbeit von Forschung und Industrie sowie die Integration neuester Technologien und Lösungen werden die Effizienz und Nachhaltigkeit der Produktion deutlich steigern. Die Ergebnisse des Projekts werden nicht nur die Automobilindustrie, sondern auch den Klimaschutz und die Arbeitsbedingungen in Gießereien nachhaltig beeinflussen.“

Das Projekt DG Assist läuft bis April 2026 und wird aus Mitteln des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, BMK gefördert und im Rahmen der Ausschreibung „Produktion und Material 2022“ durchgeführt.

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Quelle: OTS



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