Salzburg: Großübung in Salzburg - Künstliche Intelligenz unterstützt Katastrophenschutz
Wissenschaft trifft Katastropheneinsatz / Vier spektakuläre Szenarien am 29. April / High-Tech-Einsatzzentrale
(LK) Es ist ein Großaufgebot an Einsatzkräften, das am 29. April an verschiedenen Standorten teils spektakuläre Szenarien bewältigt. Im Fokus stehen dieses Mal nicht nur die Koordination und Zusammenarbeit, sondern auch wichtige Daten zu sammeln. Diese werden mit Hilfe künstlicher Intelligenz analysiert und aufbereitet. Ziel: In Katastrophenfällen schnell einen umfassenden Lageüberblick zu haben.
„Diese Übung ist sehr komplex und sie hat auch eine besondere Mission: Gemeinsam – mit Einsatzkräften, aus Salzburg und Bayern, dem Österreichischen Bundesheer und der Universität Salzburg und vielen anderen – werden wichtige Daten gesammelt. Diese sollen uns helfen, in künftigen Katastrophenlagen Einsatzschwerpunkte und Detailschäden rascher zu erkennen, denn eines steht bei uns immer im Mittelpunkt: Die Sicherheit der Menschen“, so Markus Kurcz, Leiter des Katastrophenschutzes des Landes Salzburg.
Eckpunkte zur Großübung
- Übungstag: Samstag, 29. April 2023
- AIFER - Künstliche Intelligenz zur Analyse und Fusion von Erdbeobachtungs- und Internetdaten zur Entscheidungsunterstützung im Katastrophenschutz
- Übungsannahme: Ein massives Tief bringt Sturm, Starkregen und Hagel, Teile Salzburgs sind überschwemmt. Es gibt Katastrophenschutzalarm für die Stadt Salzburg, den Flachgau und Tennengau.
- Insgesamt rund 800 Beteiligte aus Salzburg, Tirol und Bayern
- Übungsorte: Kuchl, Seekirchen, Stadt Salzburg (Gelände des neuen Landesdienstleistungszentrums) sowie Oberndorf und Laufen
- Kuchl: Chemieunfall beim Bahnhof, außerdem entgleist ein Zug, es gibt viele Verletzte
- Seekirchen: Überflutete Siedlung – simuliert mit schwimmenden Dächern im Wallersee. Außerdem wird ein Campingplatz überflutet, Menschen sind eingeschlossen.
- Oberndorf/Laufen: Menschrettung aus der Salzach. Mehrere Personen treiben in der Salzach.
- Stadt Salzburg: Gebäude sind eingestürzt – Abrissstelle der Verwaltungsgebäude im Bahnhofsbereich bieten das ideale Übungsumfeld. Personen sind verschüttet, müssen gefunden und gerettet werden.
- Projektkoordination: Für Österreich die Paris Lodron Universität Salzburg (Fachbereich Geoinformatik), für Deutschland das Zentrum für Luft- und Raumfahrt.
- Planung der Übung: Rotes Kreuz Salzburg
- Die Beteiligten an der Übung: Paris Lodron Universität (PLUS), Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), Rotes Kreuz Salzburg, Rotes Kreuz Tirol, Bayerisches Rotes Kreuz, Institut für empirische Sozialforschung GmbH, Spatial Services GmbH, Universität Kassel, Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW), Rotes Kreuz Bayern, Disy Informationssysteme GmbH (DISY), Johanniter Österreichische Ausbildung und Forschung gemeinnützige GmbH.
- Darüber hinaus sind das Innenministerium und Polizei, die Berufsfeuerwehr Salzburg und die Freiwillige Feuerwehren, Wasserrettung, Bayrische Wasserwacht, Bundesheer, der Magistrat Salzburg, die Bezirkshauptmannschaften Hallein und Salzburg-Umgebung sowie das Land Salzburg aktiv bei der Großübung dabei.
High-Tech-Einsatzzentrale
Beteiligt an der Übung werden hunderte Einsatzkräfte aus Salzburg und Bayern sein. Die Fäden laufen in einem speziellen und einzigartigen Einsatzzentrum im iDEAS:lab des Fachbereiches Geoinformatik der Universität Salzburg in der Stadt Salzburg zusammen, es erinnert zurecht an eine High-Tech-Kommandozentrale. Dorthin werden auch alle Daten – zum Beispiel Live-Drohnenbilder, Satellitenbilder oder Social Media-Einträge – übertragen, die Daten gesammelt und dann ausgewertet. Alles mit einem Ziel: bei komplexen und auch grenzübergreifenden Katastrophen soll eine künstliche Intelligenz helfen, die Lagebeurteilung und Einsatzführung effektiver zu machen – auf allen Ebenen.
Holzer: „Eine großartige Chance.“
Stark vertreten, wenn Einsatzkräfte auf Wissenschaft treffen, ist das Rote Kreuz Salzburg, das die Großübung federführend geplant hat. Landesrettungskommandant Anton Holzer spricht von einer einmaligen Chance für die Zukunft: „Als wir von der Idee gehört haben, wollten wir uns unbedingt einbringen. Katastrophen machen oft vor Grenzen nicht Halt und ich denke, dass wir mit der Unterstützung von künstlicher Intelligenz einen Zeitvorteil gewinnen sowie noch zielgerichteter helfen können“, so Holzer und er fügt hinzu: „Künstliche Intelligenz ist ein großes Thema, wir sollten ihre positiven Effekte bei Einsätzen nutzen.“
Kippnich: „Spezialkräfte aus Bayern.“
Uwe Kippnich ist vom Bayerischen Roten Kreuz und kündigt für die AIFER-Übung am 29. April Spezialkräfte aus Bayern an: „Aus Deutschland werden rund 70 Beteiligte vom BRK und THW teilnehmen. Dazu gehören auch Spezialgeräte und –ausrüstung wie zum Beispiel ein Amphibienfahrzeug sowie eine Einheit für gefährliche Stoffe und Güter mit speziellen Schutzanzügen. Mit dabei ist auch das Team G.I.L.T. vom Bayerischen Roten Kreuz. Die Abkürzung steht für Gelände, Infrastruktur, Logistik und Transport. Unterstützt werden wir dabei vom Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR“, erklärt Kippnich und fügt hinzu: „Die Übung ist für uns die Fortsetzung der hervorragenden Zusammenarbeit mit den Salzburgern.“
Aufbauten beginnen in den kommenden Tagen
Um die Übungsszenarien möglichst realistisch zu machen, werden die umfangreichen Aufbauten für die Übung schon in den kommenden Tagen beginnen. „Darauf möchten wir auch die Bevölkerung hinweisen, denn zum Beispiel die schwimmenden Dächer im Wallersee werden auffallen. Und es muss am 29. April niemand besorgt sein, wenn auf einmal sehr viele Einsatzkräfte an den vier Standorten zu sehen sind“, versichern Katastrophenschutz, Einsatzkräfte und Universität Salzburg.
Social Media Simulation
Doch nicht nur real in der wirklichen Welt wird geübt, sondern auch in der virtuellen. Zum Beispiel werden an diesem Tag Social Media-Einträge von Beobachtern vor Ort live eingespielt und ebenfalls ausgewertet. Das kennt man teilweise aus den USA, wo zum Beispiel Beiträge auf Twitter und so weiter den Behörden wichtige Hinweise liefern, auch durch gepostete Fotos und Videos. „Diese Einträge übernehmen in diesem Fall Mitarbeiter des Jugendrotkreuzes“, so der Rettungskommandant.
Live-Drohnenbilder
Alle vier Übungsorte werden außerdem live mit einer Drohne beobachtet, die Bilder sofort und in Echtzeit in die Einsatzzentrale übertragen, um den Überblick zu bewahren. Sie sind auch wichtig für die spätere Evaluierung der Übung, die wesentlich ist, um die wichtigsten Lehren daraus zu ziehen.
Wissenschaft trifft Katastrophenschutz
Prof. Bernd Resch von der Universität Salzburg forscht seit 15 Jahren auf dem Gebiet, wie die Wissenschaft das alltägliche Leben unterstützen kann und sieht der Großübung mit Spannung entgegen. „Künstliche Intelligenz kombiniert mit nutzergenerierten Massendaten bringen eine bisher nicht gekannte Innovation im Katastrophenmanagement. Alles, um die Sicherheit der Menschen im Land zu gewährleisten“, so Resch. Das Landes-Medienzentrum (LMZ) hat dem Forscher drei Fragen gestellt.
LMZ: Welche Erwartungen haben Sie als Wissenschaftler an die Großübung?
Resch: Wir bauen hier eine Brücke von der Wissenschaft zur Anwendung, Forschungsergebnisse werden „sichtbar“. Aber nicht nur das. Wir können die Nutzbarkeit von neuen Informationsebenen überprüfen, konkrete Unterstützung der Stabsarbeit und Lagebewältigung zeigen, aber auch die Einsatzkräfte mit der Nutzung von digitalen Informationen vertraut machen.
LMZ: Welche Daten werden besonders spannend werden?
Resch: Die Social Media Daten aus dem Feld, die direkt und in Echtzeit in die Lagebewertung einfließen und die Evaluierung danach mit den Einsatzkräften und dem Katastrophenschutz des Landes.
LMZ: Wie üblich oder normal ist es – weltweit gesehen – dass die Wissenschaft Einsatzkräften mit künstlicher Intelligenz hilft?
Resch: Zahlreiche internationale Projekte beschäftigen sich damit. Ich denke hier an Robotik, Drohnen, Satellitenerkundung und vieles mehr. AIFER ist aber insofern einzigartig, als dass Infos aus geo-sozialen Medien mit Satellitenbildern verschmolzen werden, was zu einem sehr präzisen und aktuellen Lagebild führt. Ich denke, dass künstliche Intelligenz aus dem Katastrophenmanagement nicht mehr wegzudenken sein wird und finde es äußerst motivierend, dass Salzburg hier eine starke Vorreiterrolle spielt.
Quelle: Land Salzburg