Salzburg: Hilfe für Angehörige psychisch kranker Menschen
Psychosozialer Dienst des Landes unterstützt und hilft / Internationaler Tag der psychischen Gesundheit
(LK) Leidet ein Mensch an einer psychischen Erkrankung, an Alkohol-, Drogen- oder einer anderen Abhängigkeitserkrankung stellt das Angehörige oft vor große Herausforderungen und Fragen. „Umso wichtiger ist es, dass sie Hilfe und Unterstützung bekommen. Der Psychosoziale Dienst des Landes bietet seit 1973 in allen Bezirken kostenlose Angehörigenberatungen an“, so Landeshauptmann-Stellvertreter Heinrich Schellhorn.
„Ein erfahrenes, multiprofessionelles Team aus den Bereichen Medizin, Psychologie, Sozialarbeit und Krankenpflege informiert, unterstützt und betreut im gesamten Bundesland Salzburg Erwachsene mit psychischen Problemen und Abhängigkeitserkrankungen sowie deren Angehörige“, so Landeshauptmann-Stellvertreter Heinrich Schellhorn, der sich für das Engagement beim Team des PSD (Psychosozialer Dienst des Landes) bedankt.
Mehr als 800 nehmen jährlich Leistung in Anspruch
Insgesamt geht man bei einer Gesamt-Prävalenzrate, das ist die Häufigkeit für alle psychischen Erkrankungen, von zirka 20 Prozent in Salzburg von rund 90.000 (erwachsenen) Menschen mit psychischen oder Suchterkrankungen aus. Und in vielen Fällen ist das direkte Umfeld davon in einem erheblichen Ausmaß mitbetroffen. Um auch diese bestmöglich zu unterstützen, setzt das Land auf die sogenannte Angehörigenberatung. Mehr als 800 Menschen nehmen diese Leistung des Landes jährlich in Anspruch, in der ersten Hälfte des heurigen Jahres waren es bereits knapp 500.
Fünf Fragen an Bernhard Hittenberger
Wie diese funktioniert und welche speziellen Herausforderungen damit verbunden sind, dazu hat das Landes-Medienzentrum (LMZ) mit Bernhard Hittenberger, Leiter des PSD, anlässlich des Internationalen Tages für psychische Gesundheit am 10. Oktober gesprochen.
LMZ: Die Zahlen zeigen, dass immer mehr Angehörige die Leistung des Landes in Anspruch nehmen. Warum ist das so?
Hittenberger: Immer mehr Menschen wissen, dass es uns gibt, und die Gesellschaft hat sich auch gegenüber psychischen Erkrankungen geöffnet. Früher waren diese oft stigmatisiert, das hat sich geändert. Oder die Menschen in einem kleinen Dorf haben sich oft nicht getraut, über die bestehenden Schwierigkeiten in ihrer Familie zu reden und Hilfe in Anspruch zu nehmen, haben viel erduldet, aber auch viel gelitten. Heute leben die Menschen bewusster und schauen mehr auf sich selber.
LMZ: Wie funktioniert die Beratungsleistung?
Hittenberger: Beispielsweise ruft die Frau eines alkoholkranken Mannes bei uns an und schildert die Situation in ihrer Familie und dass sie dringend Hilfe benötigt. Daraufhin vereinbaren wir einen Termin zu einem persönlichen Gespräch, zudem auch gerne der Betroffene selber eingeladen ist. Dabei gilt jedoch uneingeschränkt das Prinzip der Freiwilligkeit: Die Leistungen des PSD dürfen nicht gegen den Willen der Betroffenen und nur mit deren Zustimmung erbracht werden.
LMZ: Wie gehen Sie dann weiter vor?
Hittenberger: Jede Beratung ist individuell auf die Problemstellung abgestimmt. Die Schwerpunkte liegen dabei auf der Psychoedukation, also auf der Vermittlung von fundiertem Wissen über psychische Erkrankungen und den richtigen Umgang mit psychisch erkrankten Menschen. Ganz wichtig sind auch die Entlastungsgespräche, das heißt, oft einfach nur zuzuhören, aber auch Informationen über weiterführende Angebote der Behandlung und Betreuung zu geben.
LMZ: Wie hat sich die Coronavirus-Situation ausgewirkt?
Hittenberger: Zur Zeit des Lockdowns von März bis Mai waren keine Hausbesuche möglich, und auch Tageszentren für Menschen mit psychischen Erkrankungen hatten geschlossen. So haben wir in dieser Zeit mit den Klientinnen und Klienten und ihrem Umfeld sehr viel Telefonkontakt gehalten und gemerkt, wie wichtig das ist. Denn vor allem Menschen, die weniger belastbar sind, sind noch mehr von Ausnahmesituationen wie Covid-19 betroffen.
LMZ: Was ist die wichtigste Botschaft, die Sie Betroffenen und Angehörigen mitgeben möchten?
Hittenberger: Dass die Menschen nicht allein sind und der Situation nicht hilflos ausgeliefert sind, dass wir ihnen zur Seite stehen, ihnen helfen und sie begleiten.
Heimo Gastager – Pionier der psychiatrischen Betreuung
Die Betreuung psychisch kranker Menschen außerhalb von Klinikmauern hat in Salzburg eine lange Tradition. Den Anfang setzte der Pionier der Psychiatrie in Salzburg, Prof. Heimo Gastager, indem er bereits 1965 die Psychiatrische Außenfürsorge der Landesnervenklinik (LNK), heute Christian-Doppler-Klinik, ins Leben rief als Voraussetzung für die Öffnung der Psychiatrie. 1967 übernahm Werner Pritz die Außenfürsorge. Diese wurde zunächst noch unmittelbar von der LNK aus durchgeführt, 1973 aber in die Sozialabteilung des Landes ausgelagert und mit der bereits seit vor dem Zweiten Weltkrieg existierenden Alkoholikerfürsorge, der seit 1971 bestehenden Epileptikerfürsorge und der neu entstandenen Behindertenbetreuung zum Sozialmedizinischen Dienst des Landes (SMD) zusammengelegt. Der SMD hat sich Anfang 2012 neu positioniert und heißt seither Psychosozialer Dienst (PSD). Seit dem Jahr 2019 ist der PSD auch im neuen Teilhabegesetz verankert.
Quelle: Land Salzburg