Österreich: Hilfswerk - Mangelernährung bei älteren Menschen erhöht Risiko für Pflegebedürftigkeit und Krankenhauseinweisungen
Foto: Hilfswerk Oesterreich/Johannes Puch
Zum Nutrition Day am 9. November verweist das Hilfswerk auf eine hoch relevante, aber viel zu wenig beachtete Herausforderung beim Älterwerden.
Muskelabbau, erhöhte Infektanfälligkeit, beeinträchtige Wundheilung, der Verlust der Selbstständigkeit, erhöhter Pflegebedarf, vermehrte Krankenhausaufenthalte, ein höheres Komplikationsrisiko bei Erkrankungen: Die Folgen von Mangelernährung können gravierend sein. Umso wichtiger ist es, Ernährungsproblemen vorzubeugen, sie frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Das Hilfswerk setzt sich deshalb für eine umfassende Sensibilisierung zum Thema ein, sowohl in der Pflege, als auch bei Betroffenen und Angehörigen.
Wie häufig Seniorinnen und Senioren tatsächlich von Mangelernährung betroffen sind, ist aufgrund der extrem dünnen Datenlage sowie aufgrund unterschiedlicher Definitionen und Methoden nicht klar zu sagen. „Alleine die Tatsache, dass wir im Bereich der Ernährungssituation von älteren Menschen kaum belastbare Daten haben, zeigt, dass das Thema viel zu wenig ernst genommen wird“, bedauert Sabine Maunz, fachliche Leitung Pflege und Betreuung beim Hilfswerk Österreich. Allgemein spricht man dann von Mangelernährung, wenn die Zufuhr oder Aufnahme von Energie und Nährstoffen über die Nahrung nicht ausreichend ist – mit Folgen für den Körper bzw. körperliche oder mentale Funktionen.
Bereits kleine Einschränkungen können enorme Auswirkungen auf die Ernährung haben
Die Ursachen für Mangelernährung sind vielfältig und reichen von physischen Veränderungen im Alter über Kauprobleme, Schluckbeschwerden und motorische Beeinträchtigungen bis hin zu Armut, Einsamkeit oder demenziellen Erkrankungen. Bisweilen löst schon eine geringfügige motorische Schwäche – wenn etwa ein Zittern das Zum-Mund-Führen der Nahrung erschwert – Schamgefühle aus. Es folgt der Rückzug aus dem geselligen Leben. Alleine Kochen und Essen bereitet jedoch weniger Freude, die Gefahr nährstoffarmer Ernährung nimmt zu.
„Bereits kleine Einschränkungen können also enorme Auswirkungen haben und führen über kurz oder lang zu einem schlechten Ernährungszustand. In weiterer Folge nehmen Mobilität und Muskelkraft ab, das Risiko für einen frühzeitigen Pflegebedarf steigt. Ernährungsprobleme älterer Menschen frühzeitig zu erkennen und ihnen mit wirksamen Maßnahmen zu begegnen, hilft, die Lebensqualität im Alter zu erhöhen und den wachsenden Pflegebedarf in unserer Gesellschaft einzudämmen“, erläutert Maunz. Die Aufmerksamkeit von Angehörigen ist dabei entscheidend, gerade auch bei älteren Menschen, die noch keine Pflege- und Betreuungsdienste nutzen. Symptome wie Gewichtsverlust, mangelnde Leistungsfähigkeit, unsicherer Gang oder Schwindel können etwa auf Mangelernährung hinweisen und sollten unbedingt abgeklärt werden, so die Expertin.
Problembewusstsein schaffen, Kompetenzen stärken, Maßnahmen setzen
Maßnahmen, um Ernährungsproblemen im Alter entgegenzusteuern, gibt es viele: So können Speisen, etwa bei Eiweißmangel, mit simplen Methoden angereichert werden. Bei Kaubeschwerden hilft möglicherweise eine zahnärztliche Abklärung oder Anpassung der Speisenkonsistenz. Hilfsmittel wie spezielles Geschirr und Besteck unterstützen bei körperlichen Einschränkungen. „Ein appetitlich angerichteter Speiseteller, ein nett gedeckter Tisch, nach Möglichkeit auch etwas Gesellschaft beim Essen und ausreichend Zeit dafür fördern nicht nur den Appetit, sondern heben auch die allgemeine Stimmungslage“, ist Maunz überzeugt. Sie empfiehlt, unbedingt auch Beratungs- und Unterstützungsangebote zu nutzen. Pflege- und Betreuungsdienste helfen gerne weiter, Essen auf Rädern oder Menüservices sind ebenfalls hilfreiche Angebote.
Im Rahmen des derzeit laufenden Fachschwerpunkts „GESUND ERNÄHREN. WOHLBEFINDEN FÖRDERN.“ schult das Hilfswerk seine Pflege- und Betreuungskräfte und stärkt deren Handlungs- und Beratungskompetenz. „Unsere Fachkräfte legen großes Augenmerk auf die Ernährung. Sie fragen beispielsweise bei zu Hause betreuten Kundinnen und Kunden nach deren Appetit, erkundigen sich nach deren Versorgung und Ernährung, werfen auch mal einen Blick in den Kühlschrank im Haushalt, achten dabei auf die Vielfältigkeit der Lebensmittelauswahl, machen auf Angebote wie Essen auf Rädern aufmerksam und suchen das Gespräch mit den Angehörigen“, erklärt Maunz.
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hilfswerks in der Hauskrankenpflege und Heimhilfe, in der Tagesbetreuung und in Pflegeheimen erhalten regelmäßig fachliche Inputs, worauf bei der Ernährung älterer Menschen zu achten ist. Diverse Gütesiegel und Zertifikate bestätigen die Qualität und Ausgewogenheit der angebotenen Speisen. Einrichtungen des Hilfswerks nehmen auch immer wieder aktiv am Nutrition Day teil. Dieser findet heuer am 9. November statt und erhebt das Ernährungsmanagement (Nutritional Care) in teilnehmenden Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen.
Literatur
Kaiser, Bauer et al.: Changes in nutritional status in nursing home residents and associated factors in nutritional status decline: a secondary data analysis, 2010
Schönherr S, Halfens RJ, Meijers JM, Schols JM, Lohrmann C.: Structural and process indicators of nutritional care: A comparison between Austrian hospitals and nursing homes. Nutrition, 2012 / 2
Quelle: OTS