Vorarlberg: IBK Förderpreise 2021 für sieben Textilschaffende
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Vorarlberger Künstlerinnen Selina Reiterer und Elisabeth von der Thannen unter den Ausgezeichneten
Bregenz (VLK) – Die Internationale Bodensee-Konferenz (IBK) hat ihre alljährlich, in wechselnden Sparten ausgeschriebenen Förderpreise 2021 für die Kategorie „Textile Materialien – Ihre Konzepte und Verarbeitungen“ vergeben. Unter den sieben PreisträgerInnen sind mit Selina Reiterer und Elisabeth von der Thannen auch zwei Kunst- und Textilschaffende aus Vorarlberg. Die mit jeweils 10.000 Schweizer Franken dotierten Preise werden am Mittwoch, 10. November 2021, im Kunst- und Kulturhaus Verrucano in Mels/St. Gallen übergeben.
Die IBK zeichnet seit 1991 jährlich junge Kunst- und Kulturschaffende ihrer Mitgliedsländer und -kantone (Baden-Württemberg, Bayern, Liechtenstein, Vorarlberg, St. Gallen, Thurgau, Schaffhausen, Zürich sowie Appenzell Ausserrhoden und Appenzell Innerrhoden) aus, die jeweils maximal zwei Nominationen (Einzelpersönlichkeiten oder Institutionen) vorschlagen. Mit dem diesjährigen Motto „Textile Materialien“ wurde in Hinblick auf den auch historisch von der Textilwirtschaft geprägten Bodenseeraum eine Sparte gewählt, die normalerweise nicht unter Kulturförderung fällt. Angesprochen waren herausragende Positionen, was Entwicklung und Anwendung, Gestaltung und Verarbeitung von Textilem angeht. 17 Nominationen sind eingegangen, die Förderpreisabwicklung 2021 erfolgte unter dem Vorsitz des Kantons Schaffhausen. Die mit internationalen Fachleuten im Bereich Textil besetzte Jury vergab das Maximum von sieben mit jeweils 10.000 Schweizer Franken dotierten Förderpreisen.
Geschichtsträchtiges Thema
Ausgezeichnet wurden: Annina Arter (St. Gallen), Livia Rita Heim (St. Gallen), Christian Hersche (Appenzell Innerrhoden), Annika Klaas (Baden-Württemberg), Selina Reiterer (Vorarlberg), Marie Schumann (Zürich) und Elisabeth von der Thannen (Vorarlberg). „Textiles Schaffen ist in der Region der IBK-Länder seit langem verankert. Umso wichtiger ist es, dieses geschichtsträchtige, traditionsreiche und auch identitätsstiftende Thema mit neuen Konzepten in die Gegenwart und Zukunft zu führen“, erklärt Landesstatthalterin Barbara Schöbi-Fink. „Vorarlberg ist ein innovatives Textilland par excellence und so freut es mich besonders, dass mit Selina Reiterer und Elisabeth von der Thannen gleich zwei Vorarlberger Künstlerinnen ausgezeichnet werden.“
Intelligente Materialien
Im Werk von Selina Reiterer, geboren 1985 in Bregenz, treffen traditionelles textiles Handwerk, zukunftsweisende Technologien und „smart materials“ als Stoffe, die mehr können als nur Kleidung zu sein, aufeinander. Im Portfolio der Künstlerin, die an der Kunsthochschule Berlin Weissensee und an der ENSCI Paris studiert und an der ETH Zürich geforscht hat, findet man hydrophobe Badebekleidung, die bei Wasserkontakt ein Muster zeigt, T-Shirts mit Touch-Sensoren oder einen berührungs-sensitiven Klangteppich. Kommunizieren wir in Zukunft verstärkt über Textilien und intelligente Materialien, fragt Selina Reiterer mit ihren Werken und lässt sich dabei von der Gegenwartskunst inspirieren. Auf „artistic research“ – ein Arbeitsfeld, in dem sich Kunstschaffende wissenschaftlicher Theorien und Methoden bedienen – und auf die Suche nach Möglichkeiten und Anwendungen begibt sich Reiterer auch in ihrem jüngsten Kooperations- und Forschungsprojekt „Sonic Silver & Sonic Light“. Die Basis dazu bilden mit Silber beschichtetes Feingewebe, das neben dem optischen Effekt auch elektrisch leitfähig ist sowie eine experimentelle Faser mit der Eigenschaft das Licht zu fangen – beide Stoffe werden von der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt EMPA hergestellt.
Tracht und Tradition – neu interpretiert
Elisabeth von der Thannen, geboren 1984 in Egg, in Berlin lebend, hat Kunstgeschichte, Theater-, Film- und Medienwissenschaften studiert, bevor sie zum Modedesign gekommen ist. Diese Breite an Ausdrucksmöglichkeiten spiegelt sich in den Projekten der Künstlerin. An Materialitäten interessiert, interpretiert sie alte Materialien und Formen neu, holt sie in die Gegenwart. So war ihre Masterkollektion „Woodkids“ (Herbst/Winter 19/20) von ihrer Herkunft aus dem Bregenzerwald, von der Juppe und von Erinnerungen an ihre Kindheit und die Arbeit in der Landwirtschaft inspiriert. Langlebige, gebrauchte Woll- und Filzstoffe, verzerrtes, vergrößertes und asymmetrisch eingesetztes Plissiertes waren ebenso vertreten wie Digitaldruck oder die traditionellen Holzschuhe, die „Hölzler“. Die Anregungen für eine Kollaboration mit der Wiener Schneidermeisterin Marisa Tiefenthaler kamen dagegen aus der Berliner Clubszene – hier lag der Fokus auf monochromer Farbigkeit, auf Tragbarkeit und Kombinationsmöglichkeiten. Für eine Ausstellung zu 100 Jahre Bauhaus 2019 und den Frauen am Bauhaus entwarf von der Thannen u.a. einen überlangen Strickoverall und textile Flächen im Raum.
Quelle: Land Vorarlberg