Wien: Insektenvielfalt & Biodiversität/Czernohorszky - Pestizide dauerhaft und nachhaltig minimieren
Stadt Wien nimmt mit neuer Pestizid-Strategie Vorreiterrolle in Österreich ein
Zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass die Insektenvielfalt in Europa seit Jahrzehnten zurückgeht. Insekten haben aber ökologisch gesehen eine hohe Bedeutung und erfüllen zahlreichen Aufgaben. Sie wirken an entscheidenden Schlüsselstellen des Nahrungsnetzes und übernehmen Bestäubung, Schädlingskontrolle oder Abbau organischer Substanzen.
Pestizide können vielfältige negative Auswirkungen auf die Biodiversität, die Insektenvielfalt und in weiterer Folge auf Vögel und andere Tiere haben. „Die Vielfalt an Insekten ist in den letzten Jahrzehnten massiv zurückgegangen. Deshalb ist es uns besonders wichtig, hier aktiv gegenzusteuern und den Pestizideinsatz in ganz Wien dauerhaft und nachhaltig zu minimieren“, betont Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky.
Das ist auch das Ziel der „Wiener Strategie zur Pestizidminimierung“, die diese Woche im Wiener Gemeinderat einstimmig beschlossen wurde. Mit ihr bekräftigt die Stadt Wien ihre hohen Ambitionen beim Schutz und bei der Förderung der Biodiversität. Das ist auch ein wesentlicher Bestandteil der Klimaanpassungsvorhaben im “Wiener Klimafahrplan”, denn Grün- und Erholungsräume sind gerade in Zeiten des fortschreitenden Klimawandels von besonderer Bedeutung.
Stadt Wien geht mit gutem Beispiel voran
„Die Stadt geht bereits mit gutem Beispiel voran und hat den Pestizideinsatz im eigenen Einflussbereich schon seit den 1980er Jahren umfassend reduziert“, betont Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky. „Chemisch-synthetische Pestizide wurden durch biologische Mittel und alternative Verfahren ersetzt. Der Einsatz bedenklicher Mittel – wie beispielsweise Glyphosat – wurde vollständig eingestellt.“
Zentraler Baustein der neuen Strategie ist die Bekräftigung der Selbstverpflichtung und Vorreiterrolle der Stadt. Zusätzlich soll die Verwendung von Pestiziden nun auch im mittelbaren Einflussbereich der Stadt so weit wie möglich minimiert werden. Dazu gehören private Kleingärten oder Terrassen und gewerbliche Flächen ebenso wie die rund 5700 Hektar, die in Wien landwirtschaftlich bewirtschaftet werden.
Kooperativer Multistakeholder-Ansatz
Anlass zur Ausarbeitung der Strategie gab 2018 der Wiener Umwelt- und Naturschutzbeirat. Zahlreiche Partnerorganisationen zeigten sich interessiert, an Minimierungsmaßnahmen mitzuarbeiten. „Bei der Entwicklung der Strategie und den entsprechenden, umfassenden Maßnahmenprogrammen war uns von Anfang an ein kooperativer Multistakeholder-Ansatz besonders wichtig“, erläutert dazu Wolfgang Khutter, stellvertretender Leiter der Stadt Wien – Umweltschutz, der gemeinsam mit der Wiener Umweltanwaltschaft und dem Ökosozialen Forum Wien den Prozess koordiniert hat. „Vertreter*innen der städtischen Unternehmen, des Bundes, der Landwirtschaft, Gartengestalter*innen, Kleingärtenvereine, Umweltorganisationen und viele mehr waren von Anfang an mit an Bord. Unsere Strategie bildet das gemeinsame Dach, unter dem alle an einem Strang ziehen. Die darin festgehaltenen Grundsätze und Maßnahmen werden von den Partnerorganisationen mitgetragen und Schritt für Schritt gemeinsam umgesetzt werden.“
„Ich freue mich sehr, dass meine Anregung, den Pestizideinsatz in Wien zu erfassen und Strategien zu seiner Minimierung zu entwickeln, auf so fruchtbaren Boden gefallen ist“, zeigt sich auch der Impulsgeber im Umwelt- und Naturschutzbeirat, Peter Weish vom Wiener Naturschutzbund erfreut über den Meilenstein, der mit der Strategie gesetzt wird.
Konkretes Umsetzungsprogramm und mehr Bio-Landwirtschaft
Die im Strategieprozess vereinbarten Maßnahmen reichen von einer Initiative im Bereich Bildung, Beratung und Sensibilisierung bis hin zur Nachschärfung der gesetzlichen Rahmenbedingungen für den Haus- und Kleingartenbereich. Ein zentraler Punkt ist die fortlaufende Ökologisierung der Wiener Landwirtschaft und eine nachhaltige, regionale Lebensmittelversorgung. Wichtigstes gemeinsames Instrument der Stadt Wien und der Landwirtschaftskammer Wien ist das Bio-Aktionsprogramm, das Betriebe beim Umstieg auf Bio unterstützt.
“Die Balance zwischen einem möglichst hohen Schutz der Biodiversität und dem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zur Sicherung der regionalen Lebensmittelproduktion und Versorgung war der LK Wien im Rahmen der Mitwirkung an der Wiener Strategie zur Pestizidminimierung ein wichtiger Aspekt. Der integrierte Pflanzenschutz ist ein wichtiges Instrument, der im Einklang mit der Natur die Belange des Umwelt- und Anwenderschutzes berücksichtigt”, so Franz Windisch, Präsident der Landwirtschaftskammer Wien.
Vorreiter im Ländervergleich
Mit der umfassenden, neuen Strategie nimmt die Stadt Wien eine Vorreiterrolle unter den Österreichischen Bundesländern ein. Auch die Reduktion schädlicher Chemikalien in der Umwelt ist ein wichtiges Ziel. “Mit unserer Strategie und unseren umfassenden Maßnahmenprogrammen setzen wir Akzente, die über den Nationalen Aktionsplan Pflanzenschutz deutlich hinausgehen. Es wäre wünschenswert, dass nun auch seitens des Bundes Initiativen folgen, wie das im Regierungsprogramm angekündigt wurde. Sinnvoll wäre beispielsweise die Verbesserung der Datenverfügbarkeit, mehr Forschung und Entwicklung oder die konkrete Unterstützung von Ländern, Städten und Gemeinden bei freiwilligen Initiativen“, so Jürgen Czernohorszky.
"Die Bedrohung der Artenvielfalt ist allgegenwärtig. Der hohe Einsatz von Pestiziden ist eine der Ursachen für den Rückgang der biologischen Vielfalt in unserer Agrarlandschaft. Die beschlossene Strategie zur Pestizidminimierung ist wichtig, damit die Biodiversität geschützt wird und unsere Insekten gut leben können. Sie sind ein wesentlicher Bestandteil im Gleichgewicht der Natur und tragen mit ihren Leistungen wie Bestäubung, Schädlingskontrolle und Honigproduktion zu unserm Wohlergehen und Wohlstand bei. Gute Umweltpolitik ist Biodiversitätspolitik. Sorgen wir also für einen geeigneten Lebensraum für unsere kleinen Nützlinge!" betont der Wiener SPÖ-Klubchef Josef Taucher.
„Es heißt nicht umsonst „Ein Wunder der Natur“ und diese Wunder sollen auch die nachkommenden Generationen noch bestaunen können. Durch die dauerhafte und nachhaltige Minimierung der Pestizide tragen wir dazu bei, dass der Naturkreislauf nicht ge- bzw. zerstört wird. Ziel ist die Aufrechterhaltung unserer Artenvielfalt, sowie die klima- und umweltfreundliche Nutzung unserer natürlichen Ressourcen. Die Fortschrittskoalition wird, nach den Plänen der EU-Kommission, den Einsatz von Pestiziden bis 2030 halbieren,“ freut sich NEOS Wien Umwelt- und Landwirtschaftssprecherin Angelika Pipal-Leixner über die Pestizid-Strategie der Stadt Wien.?
Download der Strategie im Internet:
https://www.wien.gv.at/umweltschutz/nachhaltigkeit/pdf/pestizidreduktion.pdf
Quelle: Stadt Wien