Österreich: Keine Erinnerung an ehemaliges Frauen-KZ?

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Luftbild des Areals, 1944
Foto: Archiv Erich Strobl
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Aktuelles Foto des Areals
Foto: Lokalinitiative KZ-Gedenkstätte Mauthausen-Außenlager Hirtenberg
06 Dez 17:40 2024 von OTS Print This Article

Neuerlicher Appell für ein würdiges Gedenken am Ort des einstigen zweitgrößten Frauen-KZ

Am ehemaligen Areal des Mauthausen-Außenlagers Hirtenberg auf Gemeindegebiet Leobersdorf haben angesichts umfangreicher Materiallieferungen offensichtlich die Vorbereitungen für den Bau von drei Gewerbehallen begonnen.

Mit Entsetzen haben die KZ-Gedenkstätte Mauthausen, das Mauthausen Komitee Österreich, die Israelitische Kultusgemeinde Wien, Niederösterreich und Burgenland und die Lokalinitiative KZ-Gedenkstätte Mauthausen-Außenlager Hirtenberg vom bevorstehenden Baubeginn am Gelände des ehemaligen KZ-Außenlagers Hirtenberg erfahren.

Ab September 1944 wurden mehr als 400 Frauen, die meisten aus Auschwitz kommend, in dem KZ Hirtenberg interniert. Unter unvorstellbarem Leid mussten die Frauen in der angrenzenden Munitionsfabrik am Lindenberg täglich Zwangsarbeit leisten. Seit mehreren Jahren setzen sich die KZ-Gedenkstätte Mauthausen und das Mauthausen Komitee Österreich gemeinsam mit der Lokalinitiative KZ-Gedenkstätte Mauthausen-Außenlager Hirtenberg um Erich Strobl für ein Gedenken an die Opfer des zweitgrößten Frauen-KZ in Österreich ein.

Seit 2021, unmittelbar nach Bekanntwerden der geplanten Verwertung des historisch belasteten Areals zu gewerblichen Zwecken, machte die KZ-Gedenkstätte Mauthausen auf die Problematik einer kommerziellen Überbauung aufmerksam und war bemüht, die Entscheidungsträger über die Geschichte des KZs zu informieren und zu sensibilisieren. Die KZ-Gedenkstätte Mauthausen hatte umgehend Kontakt mit den Eigentümern der Liegenschaft und dem Bundesdenkmalamt aufgenommen und im Rahmen ihrer Möglichkeiten, jedoch letztlich erfolglos, versucht, für das Areal des ehemaligen Frauen-KZ Hirtenberg und die darauf befindlichen baulichen Relikte eine ihrer historischen und moralischen Bedeutung angemessene Bewertung zu erwirken.

Am 22. November richteten wir einen Appell an Bürgermeister Ramharter, aktiv an der Aufarbeitung der NS-Geschichte der Region mitzuwirken. Er kündigte an, gesprächsbereit zu sein. Das Angebot, einen konstruktiven Weg zu beschreiten und gemeinsam gelebtes Gedenken an die Opfer des KZ Hirtenberg vor Ort zu etablieren, erging auch an den Eigentümer Dr. Rattensperger. Es blieb bis dato unbeantwortet.

Wir appellieren erneut und mit der gebotenen Dringlichkeit daran, die Bauabsichten hintanzustellen und umgehend mit allen Beteiligten und Interessensvertretern in einen Dialog zu treten, um gemeinsam zu erarbeiten, wie die Geschichte des Ortes sichtbar und ein angemessenes, würdiges Gedenken an die Opfer des Frauen-KZ Hirtenberg vor Ort möglich gemacht werden kann.

Ein aufrichtiger Umgang mit der Geschichte und der Verantwortung, die sich daraus ableitet, dient der Zukunft. Wir betonen dies gerade in Hinblick auf andere vergleichbare Orte, an denen wir heute mit den Versäumnissen und Fehlentscheidungen der Vergangenheit und längst überwunden geglaubten Praktiken der Auslöschung von Erinnerung ringen und diese wettzumachen versuchen.


Barbara Glück, Direktorin KZ-Gedenkstätte Mauthausen
Willi Mernyi, Vorsitzender Mauthausen Komitee Österreich
Oskar Deutsch, Präsident Israelitische Kultusgemeinde Wien
Erich Strobl, Lokalinitiative KZ-Gedenkstätte Mauthausen-Außenlager Hirtenberg


Quelle: OTS



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