Wien: Kulturstadträtin Kaup-Hasler verlieh Preise der Stadt Wien 2023
Kaup-Hasler dankte Preisträger*innen für großartige Leistungen, die Wien zu pulsierenden Ort machen – Festredner Bauböck: Wertschätzung für die Freiheit von Kunst und Wissenschaft
Am Donnerstagabend wurden im Festsaal des Wiener Rathaus die Preise der Stadt Wien für das Jahr 2023 verliehen. Kultur- und Wissenschaftsstadträtin Veronica Kaup-Hasler überreichte die Auszeichnungen auch im Namen von Bürgermeister Michael Ludwig verliehen. Die Preise der Stadt Wien werden seit 1947 für herausragende Leistungen in den Fachbereichen Architektur, Bildende Kunst, Medienkunst, Literatur, Musik, Publizistik, Wissenschaften und Volksbildung zur Würdigung des bisherigen künstlerischen und wissenschaftlichen Schaffens verliehen.
Für den musikalischen Rahmen des Festakts sorgte in diesem Jahr das Max Nagl Ensemble des österreichischen Jazzsaxophonisten und Komponisten Max Nagl (Preis der Stadt Wien für Musik 2023). Die Festrede hielt Politikwissenschafter Rainer Bauböck (Preis d. Stadt Wien für Geistes-, Sozial-, Kultur- und Rechtswissenschaften 2023).
Bürgermeister Ludwig: Wir sind stolz auf die wichtigen Impulse aus Kultur und Wissenschaft
"Die Preise bringen zum Ausdruck, dass dank der hervorragenden Leistungen vieler einzelner die Stadt Wien zu dem geworden ist, was sie ist: die Welthaupstadt für Kultur und Wissenschaft", stellt Wiens Bürgermeister Michael Ludwig anlässlich der Verleihung fest. "Wir sind stolz darauf, dass wichtige Impulse der Kultur und der Wissenschaft aus unserer Stadt in die Welt getragen werden", so Ludwig.
Kaup-Hasler: Es braucht Öffentlichkeit für die immensen kulturellen und intellektuellen Leistungen
"Den immensen kulturellen und intellektuellen Reichtum, den die Menschen dieser Stadt laufend hervorbringen ins Licht der Öffentlichkeit zu stellen, dazu bietet sich – auch aufgrund der medialen Verfasstheit unserer Gegenwart – zu wenig Raum und Gelegenheit. Umso wichtiger ist, es, dass die Preise der Stadt Wien einen feierlichen Rahmen bieten können, die Leistungen von so großartigen Künstler*innen, Kulturvermittler*innen und Wissenschaftler*innen, die in Wien leben und diese Stadt zu diesem pulsierenden Ort machen, hochleben zu lassen und in den Mittelpunkt zu stellen", so Stadträtin Kaup-Hasler in ihrer Rede. In Zeiten, in denen die Demokratie zunehmend unter Druck gerate, "brauchen wir sie alle dringender denn je", adressierte Kaup-Hasler die Ausgezeichneten aus Kultur und Wissenschaft abschließend.
Festredner Rainer Bauböck: Legitimität von Demokratien durch Zugang zum Wahlrecht erhöhen
Politikwissenschafter und Migrationsforscher Rainer Bauböck wog in seiner Festrede die verschiedenen Zwecke, die Anerkennungen der öffentlichen Hand erfüllen gegeneinander ab und schloss mit dem für ihn überzeugendsten: "Sie sind ein Signal, dass die Demokratie freie Kunst und Wissenschaft braucht. Wir leben in Zeiten in den liberale Demokratien weltweit in der Defensive sind", argumentierte Bauböck. Waren es im Jahr 2012 weltweit 42 Staaten, zehn Jahre später nurmehr ihrer 35. "Nur 13 Prozent der Menschen leben in liberalen Demokratien, die von außen durch neoimperialistische Autokratien, aber auch von innen durch nationalpopulistische und rechtsextreme Parteien bedroht werden.
Ein gemeinsames Merkmal dieser ideologisch sehr buntscheckigen Parteienfamilie ist ihre Feindschaft gegenüber der Freiheit von Kunst und Wissenschaft." Diese Feindschaft äußere sich in gegensätzlichen Dogmen: "einerseits sollen Kunst und Wissenschaft der Nation dienen und nationalistische Ideologien bedienen, andererseits sollen die internen Bewertungskriterien von Kunst und Wissenschaft durch Meinungen und Gefühlslagen des Publikums ersetzt werden. Der Konsens der Wissenschaft zählt nicht angesichts von subjektiven Befindlichkeiten und Stimmungslagen", so der Preisträger für Geistes-, Sozial-, Kultur- und Rechtswissenschaften.
Rainer Bauböck schloss seine Rede mit einem Appell, den Einschätzungen der Wissenschaft zu folgen und den Zugang zur Staatsbürgerschaft zu fördern, denn "die Legitimität der repräsentativen Demokratie nimmt ab, wenn ein wachsender Anteil der Bevölkerung vom Wahlrecht ausgeschlossen ist."
Hintergrund
Die Preise der Stadt Wien werden jährlich für herausragende Leistungen in den Fachbereichen Architektur, Bildende Kunst, Medienkunst, Literatur, Musik, Publizistik, Wissenschaften und Volksbildung verliehen. Die 1947 ins Leben gerufene Auszeichnung gilt als Würdigung für das bisherige Lebenswerk und hebt die Bedeutung Wiens als lebendigen Ort der Wissenschaft und Kultur hervor. Die Preise sind mit jeweils 10.000 Euro dotiert. Empfohlen werden die Preisträger*innen von unabhängigen, regelmäßig wechselnden Fachjurys.
Zu den bisherigen Preisträger*innen zählen u. a. Renate Bertlmann (Bildende Kunst 2007), Susanne Schuda (Medienkunstpreis 2016), COOP Himmelblau (Architektur 1988), Sabine Gruber (Literatur 2019), Georg Friedrich Haas (Musik 2002), Doron Rabinovici (Publizistik 2000), die Science Buster Martin Puntigam, Werner Gruber, Heinz Oberhummer (Volksbildung 2012), Ruth Wodak (Geistes-, Sozial-, Kultur- und Rechtswissenschaften 2001) oder Ferenc Krausz (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik 2006). Bisherige Preisträger*innen: https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Preis_der_Stadt_Wien
Die Preisträger*innen 2023 (mit Auszügen der Jurybegründungen):
Architektur: einszueins architektur ZT GMBH (Katharina Bayer, Markus Pendlmayr, Markus Zilker)
In den 1970er-Jahren wurden neue Formen des gemeinschaftlichen Wohnens wie Baugruppen entwickelt, ihre innovativen Impulse gerieten danach jedoch weitgehend in Vergessenheit. Die Renaissance und Weiterentwicklung von Baugruppenprojekten in den letzten zehn Jahren ist wohl niemand so sehr zu verdanken wie den einszueins Architekt*innen. Ihr „Wohnprojekt Wien“ am Nordbahnhof und das „Gleis 21“ im Sonnwendviertel gehören zu den meistbesuchten und meistpublizierten Wiener Wohnbauten der letzten Jahre und fanden, auch aufgrund der Entwurfskultur, internationale Anerkennung.
Bildende Kunst: Mag.a Claudia MÄRZENDORFER
Claudia Märzendorfers künstlerisches Werk könnte man als eine Ode an das Unbeständige bezeichnen, mit einem starken sozialpolitischen Aspekt. Ihre ephemeren Plastiken und Installationen, fragil und gleichzeitig von mitreißender Kraft, werden aus unterschiedlichsten Materialien und unter Verwendung verschiedenster Medien bis hin zu Sprache und Film hergestellt. Seit Ende der 1990er-Jahre experimentiert Claudia Märzendorfer in bemerkenswerter Konsequenz mit Verfahren und Materialien, die dem Prozesshaften, der Veränderung und dem Flüchtigen eingeschrieben sind. Sie entwirft nachhallende Gegenentwürfe zu den Normvorstellungen einer Gesellschaft, die sich durch ein Paradoxon – absolutes Individualitätsstreben bei gleichzeitigem Konformitätsdruck – auszeichnen.
Medienkunstpreis: Mag.a Barbara KAPUSTA
Barbara Kapustas künstlerischen Projekte kombinieren zeitbasierte digitale Medien, Installationen, Klangstücke, Skulpturen sowie Keramik und beschäftigen sich mit queer-feministischer Theorie und Poesie, wobei die Interaktion des Körpers mit Materialität und Sprache im Zentrum steht. Ihre Arbeit untersucht auf komplexe, fundierte und doch auch immer poetische Weise die tiefgreifenden Auswirkungen von Technologie auf Gesellschaft, Geschlecht und Machtstrukturen. So bietet sie eine eindrückliche und zum Nachdenken anregende Perspektive auf Prozesse, die trotz ihres erheblichen Einflusses auf den menschlichen Alltag, nur allzu oft unsichtbar bleiben.
Literatur: Mag. phil. Vladimir VERTLIB
Der mehrsprachige Autor Vladimir Vertlib hat seit den 1990er-Jahren ein breites Oeuvre vorgelegt, das Romane, Erzählungen, Poetikvorlesungen, ein Libretto sowie zahlreiche kleinere Beiträge umfasst. Er ist ein großer Erzähler, dem es gelingt, wichtige soziale, politische sowie historische Themen – darunter Krieg, Migration, jüdisches Leben im deutschsprachigen Raum – aufzugreifen und in ihrer Komplexität zugänglich zu machen.
Publizistik: Martin POLLACK
Martin Pollacks literarische und publizistische Arbeit gilt einer vorbehaltlosen Auseinandersetzung mit Geschichte und einem Sichtbarmachen des Verborgenen und Verdrängten. Losgelöst vom konkreten Werk ist etwa der Titel seines Bandes „Kontaminierte Landschaften“ zu einem stehenden Begriff des Erinnerungsdiskurses geworden. Die Auszeichnung mit dem Würdigungspreis für Publizistik ist Anerkennung für ein literarisch anspruchsvolles Lebenswerk, insbesondere in seiner ethischen Dimension.
Volksbildung: Univ.-Doz. Dr. Johann DVO?ÁK
Der promovierte Politikwissenschaftler Johann Dvo?ák ist bereits seit den 1970er-Jahren in der Erwachsenenbildung aktiv, wobei ihm die Verbindung von Theorie und Praxis im Kontext von sozialer Lebenswelt und emanzipatorischer Bildungs- und Kulturarbeit immer ein besonderes Anliegen war. Seit 2015 ist Dvo?ák als Präsident des Instituts für Wissenschaft und Kunst (IWK) aktiv und verhalf der traditionsreichen Einrichtung zu einer stabilen Weiterentwicklung.
Musik: Max NAGL
Der Saxofonist, Komponist und Klangkünstler Max Nagl ist einer der vielseitigsten und produktivsten Musiker des Landes, der seit Jahrzehnten musikalisch mit jedem neuen Werk zu überraschen weiß. Nagls Kompositionen sind von Gegensätzen geprägt – eingängig und fordernd, dissonant und konsonant, traditionell und traditionsfern – bilden aber trotzdem eine Einheit. Ganze 40 veröffentlichten Alben zeugen von seiner musikalischen Vielschichtigkeit.
Geistes-, Sozial-, Kultur- und Rechtswissenschaften: Univ.-Prof. Doz. Dr. phil. Dr. h.c. Rainer BAUBÖCK
Der Politikwissenschafter Rainer Bauböck ist ein weltweit renommierter Staatsbürgerschaftsforscher und Demokratietheoretiker. Er forscht und publiziert darüber hinaus über normative politische Theorie, europäische Integration, Migration, Nationalismen und Minderheitenrechte. Sein Engagement in Politikberatung in Bezug auf Staatsbürgerschaftsfragen und Migration zeigt die hohe Praxisrelevanz seiner Arbeit.
Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik: Em. o. Univ.-Prof.in Dr.in h.c. Helga Kromp-Kolb
Die Meteorologin und Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb beschäftigt sich seit den 1990er-Jahren mit Umweltschutz, Klimawandel und Nachhaltigkeit. Sie hat zahlreiche wissenschaftliche Publikationen verfasst und mit dem Aufbau nationaler und internationaler Netzwerke Wien als Standort der Klimawandel- und Nachhaltigkeitsforschung weithin bekannt gemacht. Gleichzeitig hat sie unermüdliches gesellschaftliches Engagement bewiesen und die Themen Klimawandelfolgen und Nachhaltigkeit nicht nur in Politik und Management, sondern vor allem in der Öffentlichkeit sichtbar gemacht.
Medizinische Wissenschaften: Univ.-Prof.in Dr.in Ursula SCHMIDT-ERFURTH
Ursula Schmidt-Erfurth ist Professorin und Leiterin der Universitätsklinik für Augenheilkunde und Optometrie der Medizinischen Universität Wien. Sie hat das Vienna Study Center (VSC) gegründet, das als Untersuchungszentrum für multizentrische klinische Studien dient, sowie das Vienna Reading Center (VRC), eine weltweit führende Einrichtung für digitale Netzhautbildgebung. Schmidt-Erfurth ist eine führende Expertin auf dem Gebiet der Augenheilkunde und eine Pionierin der digitalen Medizin. Zahlreiche, wegweisende Forschungsergebnisse und Publikationen haben zu neuen Erkenntnissen in der Medizin und Ophthalmologie beigetragen. Seit 2018 ist Schmidt-Erfurth Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.
Weitere Informationen:https://www.wien.gv.at/kultur/abteilung/ehrungen/preise/index.html
Quelle: Stadt Wien