Vorarlberg: LR Rauch - „Wir schlafen nie – und das wird zum Problem“
Die zunehmende Lichtverschmutzung betrifft nicht nur den Menschen, sondern auch den Arten- und Klimaschutz
Bregenz (VLK) – „An jeder eingeschalteten Glühbirne oder Neonröhre sterben jede Nacht 150 Insekten“, erklärt Umweltlandesrat Johannes Rauch. „Das mag nicht übertrieben dramatisch klingen, wirkt sich aber ganz massiv auf die Artenvielfalt im Land aus. Das Problem Lichtverschmutzung ist auch in Vorarlberg angekommen.“
Straßen- und Fassadenbeleuchtung, hinterleuchtete Werbetafeln, Flutlichtanlagen, Auto- und Motorradscheinwerfer: Kunstlicht ist eine tolle Erfindung, die uns bis in die Nacht aktiv sein lässt und die Sicherheit auf den Straßen und Wegen erhöht. Das ist die eine Seite. Doch zugleich verschwindet die Nacht. In Europa wird sie jedes Jahr um fünf Prozent heller, daher sehen wir immer weniger Sterne am Nachthimmel, und die Milchstraße ist in Vorarlberg überhaupt nur mehr von ganz wenigen Orten aus zu erkennen. „Es ist gut belegt, dass die zunehmende Lichtverschmutzung den menschlichen Biorhythmus durcheinanderbringt und dadurch unsere Gesundheit beeinträchtigt“, betont Landesrat Rauch. „Doch sie gefährdet auch die Lebensbedingungen vieler Tier- und Pflanzenarten.“
Zugvögel etwa sind größtenteils nachts unterwegs. Ungewohnte Lichtquellen oder große, beleuchtete Areale können die Tiere irritieren, vom Weg abbringen und sie schlimmstenfalls mit Häusern und anderen gebauten Strukturen kollidieren lassen.
Doch am meisten Leid tragen die Insekten. „Und wer jetzt sagt, das ist mir doch egal, wenn ein paar Fliegen und Gelsen an einer Glühbirne ihre Leben auszischen, denkt leider kurzsichtig“, betont Rauch. Denn Insekten machen mehr als die Hälfte aller Tierarten aus; sie dienen größeren Tieren als unverzichtbare Nahrung und bestäuben unzählige Pflanzenarten. Und weil Insekten überwiegend nacht- und dämmerungsaktiv sind, gehen von ungewohnten, künstlichen Lichtquellen große Gefahren für sie aus. Die Gründe dafür sind noch nicht endgültig geklärt, aber Insekten werden von Lichtkegeln gewissermaßen gefangengenommen und können sich nicht mehr befreien. Sie schwirren so lange im Licht eines Leuchtkörpers umher, bis sie vor Erschöpfung sterben.
Doch auch die Pflanzenwelt ist betroffen. Blüten unter Kunstlicht erhalten um bis zu zwei Drittel weniger Besuch von nachtaktiven Bestäubern als Blüten an dunkleren Standorten. Diesen Verlust könnten auch tagaktive Insekten wie Bienen nicht kompensieren.
Was tun?
„Es gibt leider keine einfache Antwort auf diese Frage“, erläutert Landesrat Rauch. LED-Lampen ziehen zwar wesentlich weniger Insekten an als andere Beleuchtungskörper, doch ihr kurzwelliges Licht stört die Orientierung von Vögeln und Amphibien sehr. „Wir suchen also nach dem Ei des Kolumbus: Wir brauchen nächtliches Kunstlicht, um das Sicherheitsbedürfnis der Menschen und die Verkehrssicherheit zu wahren, doch zugleich sollten wir die Umwelt nicht unnötig aufhellen, Energie sparen und die Tier- und Pflanzenwelt schonen.“
Die gute Nachricht ist: „Wir alle können mithelfen, Lichtverschmutzung zu vermeiden, und zwar, indem wir die Straßen effizient beleuchten, Werbung und Fassadenbeleuchtung nachts abschalten, Dimmer und Bewegungssensoren einsetzen und auf die Außenbeleuchtung von Privathäusern verzichten“, sagt Rauch. „Das geht natürlich nicht von heute auf morgen. Aber jede Maßnahme zur Verringerung der Luftverschmutzung ist doppelt sinnvoll: Sie dient dem Arten- und dem Klimaschutz!“
Quelle: Land Vorarlberg