Wien: Landesbildungs- und ElementarpädogikreferentInnenkonferenz in Wien
Intensive Beratungen zu Maßnahmen zur Bewältigung der Herausforderungen durch Lehrermangel und im Inklusionsbereich
Am heutigen Freitag kamen im Wiener Kursalon die BildungslandesrätInnen Österreichs zusammen, um im Rahmen der jährlichen Landesbildungs- und ElementarpädogikreferentInnenkonferenz aktuelle Problemstellungen im Bildungswesen zu diskutieren.
Gastgeber und Wiener Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (NEOS) erläuterte zusammen mit Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) und Vorarlbergs Landesstatthalterin Barbara Schöbi-Fink (ÖVP) im Rahmen einer Pressekonferenz die Ergebnisse der Sitzung.
Hauptpunkt der Beratungen war der bundesweit zu registrierende Mangel an Lehrkräften und ElementarpädagogInnen, der die Länder vor große Herausforderungen stellt.
Lehrkräftemangel macht rasches Handeln notwendig
Schon vor gut einer Dekade war die aktuelle Pensionierungswelle für sämtliche Berufsfelder absehbar. Aufgrund der Demographie wird sich diese Entwicklung in den kommenden Jahren fortsetzen und trifft auch das Personal an den Schulen. Die Herausforderung des Mangels an Lehrpersonen ist dabei kein spezielles Problem von einzelnen Bundesländern. In ganz Österreich geht die Schere zwischen den vorhandenen Lehrpersonen und der Nachfrage nach ausgebildeten PädagogInnen auseinander. Dies berichteten durch die Bank alle anwesenden BildungslandesrätInnen.
Die Problematik der fehlenden Lehrpersonen ist dabei in fast allen Schultypen und Bundesländern mit unterschiedlichen Ausprägungen zu beobachten. Während die Anzahl an SchülerInnen in vielen Regionen steigt, fehlen Lehrkräfte aufgrund von Pensionierungen, längerer Studiendauer und dem Trend zu mehr Teilzeitbeschäftigung.
In einem gemeinsamen Schwerpunktantrag ersuchen die BildungslandesrätInnen das Bildungsministerium um eine Reihe an Maßnahmen gegen den LehrerInnenmangel. Ziel ist die Imageaufwertung des Lehrberufs, um diesen für Interessierte wieder attraktiver zu machen. Um das Recruiting von LehrerInnen durch die Bildungsdirektionen weiter zu professionalisieren und voranzutreiben, sollen in allen Bildungsdirektionen Koordinierungsstellen zur Verbesserung der Prozesse in der Personalsuche geschaffen werden, die mit entsprechenden Ressourcen auszustatten sind. Vorarlberg hat zu diesem Zweck bereits im vergangen Jahr die Projektstelle „Arbeitsplatz Schule“ in der Bildungsdirektion geschaffen. Aufgabe der Projektstelle ist es, das Thema Verbesserung der Personalsituation an den Schulen und Personal-Recruiting intensiv zu bearbeiten, alle bisher schon gesetzten Maßnahmen zusammenzuführen sowie neue Ideen zu entwickeln und umzusetzen.
Eine Forderung betrifft die im Wandel befindliche Berufswelt: Um der veränderten Lebensplanung der MitarbeiterInnen Rechnung zu tragen, braucht es nach Auffassung der BildungslandesrätInnen einen Ausbau von berufsbegleitenden Lehramtsstudien für QuereinsteigerInnen und verkürzte Studien für Umsteiger*innen aus verwandten Berufsfeldern oder weniger nachgefragten Fächern. Insbesondere sollen die Voraussetzungen für den Quereinstieg im Volksschulbereich zumindest an die Anforderungen für einen Quereinstieg ab der Sekundarstufe angeglichen werden.
Um dem Trend zu immer mehr Teilzeitbeschäftigungen entgegenzuwirken, sind Anreize für die Aufnahme einer Vollzeitbeschäftigung für LehrerInnen zu schaffen.
Auch Elementarpädagogikbereich mit Personalmangel konfrontiert
Durch den notwendigen und nicht zuletzt durch die Art. 15a B - VG Vereinbarung
„Elementarpädagogik“ initiierten Ausbau der elementaren Bildungseinrichtungen erhöht sich der Mehrbedarf an qualifiziertem Personal von Jahr zu Jahr, der österreichweit immer weniger gedeckt werden kann. Zusätzlich fehlen in ganz Österreich inklusive ElementarpädagogInnen als dringend benötigte Fachkräfte, die durch ElementarpädagogInnen ohne vorgesehener Zusatzausbildung kompensiert werden müssen und dadurch den Fachkräftemangel zusätzlich ansteigen lassen. Aufgrund des Mangels an entsprechend ausgebildetem Personal wird die alltägliche Arbeitsbelastung für das gesamte Personal erhöht, was wiederum zu einer erhöhten Drop Out Quote führt. Insbesondere durch den Mangel an inklusiven ElementarpädagogInnen können viele Kinder mit besonderen Bedürfnissen weder betreut noch entsprechend ihrer individuellen Bedürfnisse begleitet und gefördert werden.
Die BildungslandesrätInnen fordern daher das Bildungsministerium zu konkreten Maßnahmen in strategischer und finanzieller Hinsicht auf, um den Mehrbedarf an ElementarpädagogInnen und inklusiven ElementarpädagogInnen österreichweit nachhaltig sicherstellen zu können. Weiters werden die Ergebnisse der bereits bei der Konferenz im letzten Jahr geforderten Personalbedarfsstudie für den österreichweiten Bedarf an Personal im Bereich der Elementarpädagogik erwartet. Schlussendlich wird analog zum Schulbereich eine bundesweite Infokampagne gefordert, um die Wertschätzung für die Elementarpädagogik zu erhöhen und zeitgleich die Attraktivität des Berufsbildes zu fördern.
Große Herausforderungen im Inklusionsbereich
Im Inklusionsbereich wurde die Bundesregierung von den anwesenden LandesrätInnen aufgefordert, den aktuell gültigen Deckel für den sonderpädagogischen Förderbedarf, der derzeit bei 2,7 Prozent der SchülerInnen liegt, zu überdenken. Vorgeschlagen wurde in diesem Fall, dass sich die Ressourcen nach dem tatsächlichen Bedarf richten sollten.
Eine weitere Forderung, die den schulischen Inklusionsbereich betrifft: Im Zuge der Einführung der Ausbildungspflicht bis 18 Jahre ist ein Ungleichgewicht zu Lasten der Kinder und Jugendlichen mit erhöhtem Betreuungsbedarf entstanden. Da diese Jugendlichen nur schwer in den Arbeitsmarkt zu integrieren sind, suchen die Eltern oftmals um eine Verlängerung der Schulzeit für ein 11. oder 12. Schuljahr an. Ein Lehrplan für den verlängerten Besuch der Sonderschule in der Sekundarstufe 2 ist nicht vorhanden, auch fehlen geeignete Möglichkeiten um SchülerInnen mit erhöhtem Betreuungsbedarf integrativ in mittlere und höhere Schulen aufzunehmen und ihnen eine Teilqualifikation zu ermöglichen. Der Bildungsminister wird zudem aufgefordert, die Planstellen für den Unterricht von SchülerInnen mit sonderpädagogischem Förderbedarf über das 10. Schuljahr hinaus bedarfsgerecht zur Verfügung zu stellen und die erforderlichen begleitenden schulrechtlichen Rahmenbedingungen zu schaffen.
Dazu der Wiener Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr: „Wir brauchen dringend ein Maßnahmenpaket, um dem aktuellen Personalmangel im Bildungsbereich aktiv entgegenzuwirken. Nur wenn allen Beteiligten klar ist, dass Bildung der Schlüssel für ein geglücktes Leben eines Menschen ist und wir daher um den steigenden Anforderungen gerecht werden zu können, deutlich mehr Personal im Bildungsbereich anstellen müssen, werden wir die Bildungschancen unserer Kinder und Jugendlichen steigern können! Um dieses Ziel zu erreichen, bedarf es einer gemeinsamen Kraftanstrengung auf allen Ebenen!“
Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser, der in seiner Funktion als Bildungsreferent an der Konferenz teilnahm, ergänzt: „Die konstruktiven Gespräche in der Konferenz haben große Herausforderungen im Bereich des Lehrermangels, des Fachkräftemangels im Elementarbereich und beim Hortpersonal hervorgebracht. Hier müssen jetzt die Weichen für eine Attraktivierung des Berufstandes gestellt werden. Diese beinhalten sowohl die Anpassung von Lehrplänen, die Möglichkeit verschiedener Ausbildungsformen, aber auch etwa Anstellungs- und Ersatzerfordernisse für HorterzieherInnen – wie ein Sozial- und Integrationspädagogikstudium.“, so Kaiser
Die Vorarlberger Landesstatthalterin Schöbi-Fink abschließend:
„Ich bedanke mich für den erfolgreichen und konstruktiven Diskurs mit allen Beteiligten des heutigen Tages. Auch in den letzten Wochen kam durch den intensiven Austausch mit dem Bildungsministerium bei gewissen Problemfeldern Bewegung in die Sache. Hierbei sei besonders zu erwähnen, dass der Bildungsminister bereits vergangenen Monat ankündigte, dass die Pädagogischen Hochschulen die Umstellung der Studienstruktur in der Primarstufe prüfen sollen, sodass ein Bachelor in drei Jahren und ein Master berufsbegleitend in zwei Jahren absolviert werden könnte. Diese Angleichung an alle anderen Bachelorstudien wäre ein geeignetes Mittel, um die Attraktivität des Lehrberufs zu steigern. Auch wird es notwendig sein, in der Elementarpädagogik neue und attraktive Einsatzmöglichkeiten für andere, verwandte Berufsgruppen zu schaffen. Hier fordern wir den Bund auf, Maßnahmen zu setzen.“
Quelle: Stadt Wien