Wien: Leben retten durch Prävention - Tage der psychischen Gesundheit in Schulen

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Gemeinderat Stefan Gara, Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr, Schulsprecherin Tijana Stevanovic, Direktorin Daniela Kirnbauer, Mental Health Days Initiator Golli Marboe, Schulqualitätsmanagement Oliver Schleicher
Foto: Stadt Wien/Lukas Fuchs
18 Okt 04:00 2024 von Redaktion Salzburg Print This Article

Neue multiprofessionelle Teams für Pflichtschulen und Stärkung für Schüler*innen, Lehrlinge und Lehrkräfte durch die „Mutmillion“

„Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen“, sagte Ludwig Wittgenstein. Für Golli Marboe ist Schweigen jedoch keine Option. Nach dem Suizid seines Sohnes hat er es sich zur Aufgabe gemacht, über seelische Erkrankungen aufzuklären. Aus dieser Motivation entstanden die „Tage der psychischen Gesundheit“, ein von der Wiener Mutmillion gefördertes Projekt, das Jugendlichen hilft, psychische Gesundheit sichtbar zu machen und Hilfsangebote zu nutzen. Am 17. Oktober 2024 berichteten Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr, Initiator Golli Marboe und Direktorin Daniela Kirnbauer über die erfolgreiche Umsetzung. Anschließend konnten Medienvertreter*innen einen Workshop zum Thema „Depression“ besuchen.

Neue multiprofessionelle Teams für Wiener Pflichtschulen ab November

Vizebürgermeister und Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr betonte zu Beginn der Pressekonferenz, dass die Stadt Wien kontinuierlich neue Angebote zur psychischen Gesundheit schafft. Im September wurde das vierte kinder- und jugendpsychiatrische Ambulatorium eröffnet, bis 2026 sollen es sechs sein. Das psychosoziale Supportpersonal der Schulsozialarbeit wurde auf 95 Vollzeitstellen aufgestockt. Ab November wird die Unterstützung an Wiener Pflichtschulen weiter ausgebaut: Im Endausbau werden 17 multiprofessionelle Teams an 52 Standorten Mobbing, Depressionen und Gewalt bekämpfen. Zusätzlich wird eine Schulhotline für Direktor*innen eingerichtet. Dieses Angebot richtet sich an Schüler*innen, Lehrpersonal, Direktor*innen sowie Eltern.

Was ist die Wiener Mutmillion?

Das von Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr eingeführte Programm “Wiener Mutmillion” suchte im Jahr 2023 nach Projekten, die Schulen zu angstfreien Orten machen sollen, um die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen zu stärken. Zehn innovative Projekte, darunter Initiativen wie Mentoring-Programme, Buddy-Systeme, Sport-Initiativen und die „Failstunde“, wurden ausgewählt, um bis Ende 2025 umgesetzt zu werden. Ziel ist es, Ängste zu reduzieren, Resilienz zu stärken und eine positive Fehlerkultur zu etablieren. Ein Teil des Budgets von einer Million Euro erhielt auch das bereits seit 2022 bestehende Programm “Tage der psychischen Gesundheit”.

Was sind die „Tage der psychischen Gesundheit?“

Die "Tage der psychischen Gesundheit" sind eine jährlich stattfindende Initiative an österreichischen Schulen zur Förderung der psychischen Gesundheitskompetenz von Jugendlichen. Sie zielen auf die Entstigmatisierung und Sensibilisierung für Themen wie Depression, Sucht, Suizidalität und Leistungsdruck ab. An Sekundarschulen (Alter: 10-19 Jahre) werden die wichtigsten psychosozialen Themen - Mobbing, Körperbewusstsein, Internetabhängigkeit, Leistungsdruck, Sucht, Depression, Suizidalität und Ängste - in ein- bis zweistündigen Workshops altersgerecht behandelt, angepasst an Schultyp und Bedarf.

Fachexpert*innen renommierter Organisationen (Safer Internet, Rat auf Draht, Suchthilfe, Kriseninterventionszentrum, MedUni, etc.) gestalten die interaktiven Workshops gemeinsam mit Psychologe*innen. Ein grafisches Protokoll bleibt in der Schule, um die Inhalte nachhaltig zu verankern. Lehrer*innen und Eltern erhalten in separaten Workshops Informationen zu Selbstfürsorge und hilfreichen Anlaufstellen.

Was konkret konnten die „Tage der psychischen Gesundheit“ in Wien bislang erreichen?

Die „Tage der psychischen Gesundheit“ haben in Wien beachtliche Erfolge erzielt. Seit ihrer Einführung wurden an 152 Schulen über 1.753 Workshops und rund 95.000 Schüler*innen und Lehrlinge in Österreich erreicht. Dank der Unterstützung der „Mutmillion“ fanden im laufenden Jahr bereits 90 Mental Health Days an 46 Wiener Schulen mit rund 30.000 Teilnehmenden statt. Die Workshops fördern offene Kommunikation und Verständnis für psychische Gesundheit. Langfristig soll das Modell österreichweit und international etabliert werden.

Wie wurde das Projekt an der Berufsschule im 5. Bezirk konkret implementiert?

Bereits das dritte Mal findet das Projekt an der Berufsschule im 5. Bezirk statt. Es haben alle Klassen an der Berufsschule für Verwaltungsberufe in der Woche vom 14. - 18. 10. 2024 Workshops zum Thema Mental Health. Die Themengebiete variieren nach den Jahrgängen. Das Projekt wurde in Zusammenarbeit mit der Österreichischen Gewerkschaftsjugend 2022 an die Berufsschule für Verwaltungsberufe gebracht und findet heuer zum dritten Mal statt. Somit ist eine Klasse im Rahmen der dreijährigen Ausbildung mit allen Themenbereiche von Körperbild bis hin zu Zukunftsängsten, Suizidalität befasst. Von Anfang an war dem Schulteam klar, dass dieses Projekt wichtig und besonders ist. Heute sind die Tage eine von etlichen wichtigen präventiven Maßnahmen zur seelischen Gesundheit unserer Schüler*innen.

Welche Unterschiede sind nach den Tagen der psychischen Gesundheit an der Schule zu vernehmen?

Nach den "Tagen der psychischen Gesundheit" sind in der Berufsschule, die 620 Lehrlinge in den Bereichen Verwaltungsassistenz und Bürokaufleute (u. a. Lehrlinge der Gemeinde Wien, Wiener Stadtwerke, AK, VHS, FSW) ausbildet, deutliche Veränderungen spürbar. Die Schüler*innen haben neue Perspektiven und Methoden zur Selbstfürsorge kennengelernt.

Zu den weiteren Maßnahmen, die das Schulklima verbessern, gehören ein wertschätzender Umgang im Schulverband, Beratungslehrkräfte, ein Therapiehund, ein begrünter Innenhof mit Kräuterbeet, das Zara-Peer-Projekt und bewegter Unterricht. Laut Direktorin Kirnbauer, die die Schule seit 12 Jahren leitet, ist das Feedback der Schüler*innen durchweg positiv. Sie fühlen sich als Mensch wahrgenommen und geschätzt.

Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr und Jugendstadtrat: „Seelische Erkrankungen sind oft unsichtbar, genauso wie die Wirkung von Prävention nicht immer sofort sichtbar ist. Doch genau hier setzen die Mental Health Days an: Sie schaffen Bewusstsein, vermitteln Wissen und zeigen Wege auf, wie man Hilfe findet. Ein einziger Workshop kann nicht nur das Leben eines Jugendlichen verändern, er kann auch Leben retten. Nur wer ein Bewusstsein für Themen wie mentale Gesundheit entwickelt, kann in Krisen richtig handeln. In Wien gibt es bereits viele Hilfsangebote, doch oft sind sie nicht bekannt. Mit den Mental Health Days wollen wir Synergien schaffen und unseren Jugendlichen die Aufmerksamkeit und Unterstützung geben, die sie in den vergangenen Krisenjahren sicherlich auch vermisst haben. Die vergangenen Jahren haben ihre Spuren hinterlassen: Pandemie, Krieg und Teuerung. Wir wollen dass unsere Kinder und Jugendlichen gesund und glücklich sind und sich gegenseitig unterstützen. Daher schaffen wir auch Angebote wie dieses ganzheitliche Projekt, das durch die Wiener Mutmillion gefördert wurde.“

Golli Marboe (Initiator Mental Health Days: Tage der psychischen Gesundheit):

„Keine Förderstelle hat die ‚Mental Health Days‘ so stark unterstützt wie die Stadt Wien, insbesondere durch die ‚Mutmillion‘. Diese Unterstützung passt perfekt zu den Bildungsinitiativen des Vizebürgermeisters. Die ‚Mental Health Days‘ wirken nicht nur präventiv, sondern haben langfristig positive Effekte auf das Wohlbefinden der Schüler*innen. In einer Zeit, in der oft nur über akute Probleme gesprochen wird, setzt dieses Projekt auf Nachhaltigkeit, Lösungen und stellt präventive Maßnahmen in den Mittelpunkt. Auch wenn Prävention schwer messbar ist, zeigt sich der wahre Erfolg in den kommenden Jahren. Täglich erreichen mich Mails von Eltern, Lehrer*innen und Schüler*innen, die uns für das kostbare Wissen und das Verständnis, zum Beispiel über das Thema Depression, danken. Wenn jemand einen Gips trägt, würden wir ihn nicht auffordern, einen Baum zu erklimmen. Doch bei Depression fehlt oft dieses Verständnis. Wir machen das Unsichtbare sichtbar und ermöglichen eine sinnvolle Auseinandersetzung.”

Direktorin der Berufsschule für Verwaltungsberufe Daniela Kirnbauer:

“An unserer Berufsschule für Verwaltungsberufe finden nun zum dritten Mal in Folge die Mental Health Days statt. Je nach Jahrgang geht es um die Themenbereiche Leistungsdruck und Prüfungsangst, Sucht und Depression sowie (Existenz)-Ängste und Suizidalität. Unsere Schüler*innen erfahren von Expert*innen aus renommierten Organisationen, über Krisenbewältigungsstrategien und Hilfsangebote. Rund 1.000 Schüler*innen haben an unserer Berufsschule bisher an den Workshops teilgenommen und erfahren, dass ihre seelische Gesundheit genauso wichtig ist, wie ihre physische Gesundheit. Die Mental Health Days sind somit ein enorm wichtiger Baustein unserer Gesundheitsförderung an der Berufsschule für Verwaltungsberufe geworden.”


Quelle: Stadt Wien



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