Meerschweinchen: Südamerikaner, religiöses Symbol, beliebtes Haustier
Foto: violetta / Pixabay.com
Meerschweinchen gelten als beliebte Haustiere, vor allem für kleinere Kinder. Mit ihren Knopfaugen, dem flauschigen Fell und der gedrungenen Figur sind sie das, was man sich gemeinhin als liebevollen Mitbewohner vorstellt. Doch die possierlichen Tierchen haben eine lange Geschichte hinter sich, die vielen Besitzern vielleicht gar nicht so bewusst ist. Ihre Heimat sind die Anden und dort schrieben ihnen die Ureinwohner wahre Wunderkräfte zu. Für die Meerschweinchen selbst hatte dies völlig unterschiedliche Auswirkungen. Mal huldigte man ihnen und baute gar Denkmäler zu ihren Ehren. Dann wiederum waren sie Opfergaben und mussten ihr Leben gewissermaßen für eine „höhere Sache“ lassen. In Peru gelten Meerschweinchen bis heute als Delikatesse. Ein Überblick über die bewegte und vielseitige Geschichte der Nagetiere.
Recht weit bekannt ist die Tatsache, dass die Meerschweinchen dereinst über den Atlantik aus Südamerika kamen. Gerade die gebirgige Andenregion ist bis heute die natürliche Heimat der Tiere, von denen einige Arten übrigens 1,30 Meter groß und bis zu 80 Kilogramm schwer werden können. Die Tierschutzstiftung „Vier Pfoten“ berichtet, dass die Ureinwohner von Bolivien, Ecuador und Peru vermutlich schon um 5.000 v. Chr. damit begannen, die Meerschweinchen zu domestizieren. Da war der Weg ins europäische Kinderzimmer noch weit.
Nahrungsmittel und Bestandteil der traditionellen Heilkunde
Die frühzeitliche Meerschweinchenzucht galt aber nicht etwa der Bereitstellung niedlicher Mitbewohner. Vielmehr galten die Nagetiere als wertvolle Fleischquelle. Und das sind sie in Peru bis heute. In vielen Restaurants bekommt man dort ebenso selbstverständlich Meerschweinchen serviert wie hierzulande Rinderfilet mit Rotwein. Doch vor allem galten sie damals als wichtiger Teil der südamerikanischen Heilkunde.
Sowohl für Schulmediziner als auch Tierfreunde schwer zu ertragen war dabei der Kult, der zur „Diagnostik“ beim Menschen angewandt wurde. Über eine erkrankte Person ließ man ein Meerschweinchen laufen. An der Stelle, an der das Nagetier quiekt, vermuteten die Heiler eine Erkrankung. Das Tier musste im Anschluss sterben, schließlich lasen die damaligen Ärzte aus den Organen des Meerschweinchens, an welcher Krankheit der Mensch angeblich litt.
Rettung brachten in diesem Fall die spanischen Konquistadoren
Besser ging es den süßen Fellnasen dagegen in der Moche-Kultur, die vom ersten bis achten Jahrhundert an Perus nördlicher Pazifikküste bestand. Hier verehrte man das Meerschweinchen derart, dass ihm sogar Denkmäler gebaut wurden. Auch die Inkas verehrten die beliebten Säuger, äußerten dies aber so, dass das Meerschweinchen selbst nicht mehr viel davon hatte: Die Hochkultur opferte die Tiere den Gottheiten. Ihre heutige Position als beliebtes Haustier verdanken sie den spanischen Eroberern, den Konquistadoren. Diese brachten sie zunächst den Königshäusern und Adeligen als gesellige Mitbewohner aus der neuen Welt mit nach Hause.
1547 fand das Meerschweinchen erstmals Erwähnung in den Unterlagen der Spanier. Damals wie heute ist man sich uneinig darüber, woher der kuriose Name kommt, haben die Tiere doch weder etwas mit dem Meer noch mit gewöhnlichen Schweinen zu tun. Als wahrscheinlichste Erklärung gelten ihre quiekenden Laute, die durchaus an Hausschweine erinnern können. Ungeachtet dessen begannen im 16. Jahrhundert gleich zwei Siegeszüge: Die Spanier eroberten Südamerika und das Meerschweinchen Europa.
Quellenangaben