Salzburg: Mehr als 500 Oberpinzgauer kamen zum Info-Abend Hochwasserschutz

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Foto: Land Salzburg/Melanie Hutter
20 Jul 12:00 2023 von Redaktion Salzburg Print This Article

Experten informierten Bevölkerung / Schnelle Umsetzung gefordert / Schwaiger: „Bin genauso ungeduldig wie ihr“

(LK) „Es geht hier um eine ganz einfache Frage: Geben wir einen ganzen Teil des Landes auf, oder schützen wir diesen Lebens- und Wirtschaftsraum in dem 45.000 Menschen wohnen? Für mich ist die Antwort klar. Und es muss so schnell wie möglich gehen, den Hochwasserschutz zu erweitern“, so Landesrat Josef Schwaiger am Mittwochabend im Oberpinzgau.

Exakt vor zwei Jahren im Juli 2021 hat die Salzach große Teile des Oberpinzgaus überflutet – wieder einmal. Der Schaden war enorm - an Infrastruktur, landwirtschaftlichen Flächen sowie Hab und Gut. „Wir hatten schon rund 60 Millionen Euro in mehr Sicherheit investiert und dachten, es reicht aus. Doch wir mussten erkennen, dass es noch mehr braucht, um diese Region abzusichern“, so Landesrat Josef Schwaiger. Er informierte am Mittwochabend gemeinsam mit Experten die Bevölkerung, mehr als 500 kamen ins Nationalparkzentrum in Mittersill.

Zusatzversicherung Tauerntäler

Dieser Hochwasserschutz soll wie ausführlich berichtet, mittels zusätzliche Rückhaltebereiche in fünf der Tauerntäler – sie sind riesige Zubringer für die Salzach – bewerkstelligt werden. „Wir haben im Talboden in den vergangenen zwei Jahrzehnten alles Menschenmögliche gemacht. Diese Rückhaltebereiche wären in Extremfällen wie eine effektive Zusatzversicherung für die gesamte Region“, bringt es Landesrat Josef Schwaiger auf den Punkt. Alternativen sind ausführlich und von Experten geprüft worden, keine andere Lösung ist so effektiv.

Schwaiger: „Der Mensch steht im Vordergrund.“

Nach der Kritik von Naturschutzorganisationen und auch seitens des Bundesrechnungshofes in Wien fand Schwaiger am Mittwochabend klare Worte: „Der Schutz der Menschen hier im Oberpinzgau steht ganz oben. Es geht hier um die Existenz und die Zukunft von Tausenden Familien. Aber natürlich sind wir uns bewusst, dass diese Rückhaltebereiche ein gewisser Eingriff sind. Dieser wird so klein wie möglich gehalten, schon vorhandene Geländeformen genutzt. Betroffen sind unter dem Strich zwei Promille des gesamtem Nationalparks Hohe Tauern und das ist aus meiner Sicht absolut verkraftbar.“

Bis 2025 oder 2026

Den größten Applaus gab es im Nationalparkzentrum, als Landesrat Schwaiger betonte: „Ich bin genauso ungeduldig wie ihr. Wir werden das nach und nach umsetzen können. Aus heutiger Sicht fangen wir mit dem Felbertal an, 2025 und 2026 könnten wir in den anderen Tälern fertig sein. Im Grunde genommen zählt jeder Tag, doch wir müssen uns an die Rahmenbedingungen halten. Hundertprozentige Sicherheit gibt es nie, aber wir werden uns zu 100 Prozent einsetzen, dass wir so schnell wie nur möglich sind“

"Besser heute als morgen"

Der Zeitplan stieß bei der Informationsveranstaltung im Oberpinzgau auf besonders viel Interesse, zum Beispiel bei Sepp Kröll aus Bramberg. "Ich habe ein Haus im Ortszentrum, das relativ gut geschützt ist. Aber mir geht es um die ganze Region. Jeder, mit dem ich spreche, hätte lieber heute als morgen dieses Projekt umgesetzt. Dass die Rahmenbedingungen eingehalten werden müssen, ist uns allen klar, aber dennoch drängt die Zeit", so Kröll.

Zopp: „Große Zubringer wären entschärft.“

Martin Zopp ist Projektleiter für das Land Salzburg und ein erfahrener Mann, was den Schutz vor Hochwasser betrifft. „Wir haben uns alle Möglichkeiten genau angesehen, am Talboden ist die Fahnenstange bis auf einen kleinen Bereich bei Hollersbach erreicht. Die Seitentäler sind ein riesiges Einzugsgebiet, hier können wir mit Rückhaltebereichen mit relativ geringen Mitteln einen sehr großen Effekt erzielen. Die Dämme sind naturnahe, nach dem Bau kaum als solcher wiederzuerkennen“, erklärt Zopp.

Retentionsräume im Tal bleiben

Zopp räumte gleich mit ein paar Mythen rund um das Projekt auf. „Der Hochwasserschutz, also die Retentionsräume am Talboden bleiben bestehen. Es müssen für das Projekt keine Straßen gebaut werden und die Dämme werden sich in das Landschaftsbild einfügen. Wir haben ein Beispiel in Rauris, wo so ein Naturdamm seit 15 Jahren besteht. Man muss genau wissen wo er ist, um ihn überhaupt als Damm zu erkennen“, so Zopp.

Experte prüfte Alternativen

Professor Johannes Hübl von der Universität für Bodenkultur in Wien prüfte weitere Alternativen, wurde dabei nicht fündig, auch nicht am Talboden. „Es gibt eine kleine Möglichkeit bei Hollersbach, aber die würde bei weitem nicht ausreichen“, so der Professor. Auch er sieht in den Tauerntälern die effektivste Lösung.

Riedl: „Wenn es regnet, regnet es viel.“

Claudia Riedl ist Meteorologin bei GeoSphere Austria und informierte als eine der Expert*innen ebenfalls am Mittwoch im Nationalparkzentrum. Sie thematisierte, was sich verändert hat. „Wir stellen durch den Klimawandel fest, dass es im Sommer viel weiter hinauf regnet als es früher der Fall war. Früher fiel der Niederschlag im Hochgebirge auch im Sommer als Schnee, schmolz dann langsam ab. Beim Hochwasser 2021 zum Beispiel regnete es bis weit über Gipfelnieveau (auch am Alpenhauptkamm), alles kam sofort als Wasser wie eine Sturzflut. Zudem kann eine wärmere Atmosphäre mehr Wasser aufnehmen, daher können die Regenfälle auch intensiver ausfallen. Wenn es regnet, regnet es meist viel“, so Riedl.

Urban: „Alternativen werden ohnehin geprüft.“

Ein wenig verwundert war Nationalparkdirektor Wolfgang Urban über den Rechnungshofbericht aus Wien, der dem Nationalpark Hohe Tauern in Bezug auf die Rückhaltebereiche in den Tauerntälern empfiehlt, Alternativen zu prüfen. „Genau das machen wir. Das ist ohnehin Inhalt und Aufgabe in jedem Behördenverfahren nach dem Salzburger Nationalparkgesetz.“

Die Experten im Überblick

Der Info-Abend am Mittwoch im Nationalparkzentrum in Mittersill stieß auf großes Interesse der Bevölkerung, folgende Experten beantworteten die Detailfragen der Teilnehmer: Professor Johannes Hübl (Universität für Bodenkultur in Wien), Meteorologin Claudia Riedl GeoSphere Austria, Hydrographin Barbara Staudinger (Land Salzburg), Munja Treichl-Supersberger (Büro Revital Lienz) überprüft die Ökologie rund um die möglichen Rückhaltebereiche, Geologe Ludwig Fegerl (Land Salzburg), Reinhard Carli (Büro Werner Consult) überprüft die Alternativen und Helmut Haslinger (Wasserverband) leitet die Gespräche mit Grundeigentümern.

Eckpunkte zum Hochwasserschutz

  • 45.000 Einwohner zwischen Krimml bis Zell am See und Bruck
  • 13 betroffene Gemeinden
  • 1.237 Quadratkilometer Gesamtfläche
  • Besiedelbar: 162,8 Quadratkilometer, das sind nur 13 Prozent
  • Von einem Hochwasser etwas größer als im Sommer 2021 wären rund 2.500 Gebäude und rund 10.000 Menschen direkt betroffen, auch die Infrastruktur und landwirtschaftliche Flächen würden wieder schweren Schaden nehmen.
  • Gesamtvolumen der Retentionsräume im Tal: rund 20 Millionen Kubikmeter
  • Potential der Retentionsbereiche in den Tauerntälern: rund 7 Millionen Kubikmeter
  • Die Standorte für die Rückhaltebereiche in den Tauerntälern: Krimmler Achental, Obersulzbachtal, Habachtal, Hollersbachtal, Mittersill/Bereich Hintersee und ein kleiner Bereich am Talboden bei Hollersbach
  • Es handelt sich nicht um „Staudämme“, wie man sie jetzt von Kraftwerken kennt, sondern es werden naturnahe Wälle errichtet, die sich in die Landschaft einfügen, wo sich bereits Engstellen befinden.

Weitere Informationen

Das Landes-Medienzentrum hat in den vergangenen Tagen über den erweiterten Hochwasserschutz für die Oberpinzgauer Bevölkerung informiert. Hier der Überblick:


Quelle: Land Salzburg



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