Tirol: Menschenhandel - Corona-Pandemie verschärft Situation der Betroffenen
Foto: Land Tirol/Berger
30. Juli: Welttag gegen den Menschenhandel
Weltweit steigt die Zahl an dokumentierten Fällen von Menschenhandel – dabei dürfte die Dunkelziffer noch viel höher sein. 2019 wurden österreichweit 65 Anzeigen wegen Menschenhandel bearbeitet.
„COVID-19 kann die Situation für von Menschenhandel Betroffene sogar noch verschlimmern“, warnt LRin Gabriele Fischer, in deren Zuständigkeit die Abteilung Staatsbürgerschaft fällt. Dieser Verwaltungsbereich ist auch für die Koordinierung der Aktivitäten zur Bekämpfung des Menschenhandels in Tirol betraut.
Die Identifizierung der Opfer von Menschenhandel ist schwierig, selbst unter normalen Umständen. Dies liegt einerseits daran, dass die Ausbeutung der betroffenen Menschen meist im Zusammenhang mit anderen illegalen oder informellen Aktivitäten geschieht, andererseits, weil die Opfer sich scheuen, den Menschenhandel anzuzeigen oder sich gar nicht dessen bewusst sind, Opfer dieses Verbrechens zu sein. „Das Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung befürchtet, dass die COVID-19-Pandemie eine Identifikation der Opfer von Menschenhandel noch schwieriger macht“, berichtet LRin Fischer. Gleichzeitig sind die betroffenen Personen einer Ansteckung mit dem Virus stärker ausgesetzt, weniger gut ausgerüstet, um dies zu verhindern, und haben weniger Zugang zu medizinischer Versorgung.
Corona-bedingte Armut als Katalysator von Menschen- und Kinderhandel
Der durch die Pandemie weltweit ausgelöste Anstieg der Arbeitslosigkeit und die damit einhergehenden Einkommensverluste führen dazu, dass Menschen, die bereits von Armut betroffen oder gefährdet waren, sich in noch prekäreren Verhältnissen befinden und leichter Opfer von Menschenhandel und Ausbeutung werden.
„Corona kann auch Kinderhandel begünstigen“, stellt LRin Fischer klar. Kinder sind weltweit einem erhöhten Risiko der Ausbeutung ausgesetzt, zumal die Schließung von Schulen viele nicht nur vom Zugang zu Bildung ausgeschlossen hat, sondern auch von einer Hauptquelle für Unterkunft und Ernährung, was sie zu leichteren Opfern von Menschenhändlern macht. Aufgrund der Schulschließungen sind überdies viele Kinder online, um zu lernen und Kontakte zu knüpfen, was sie anfälliger für Sexualstraftäter im Internet macht. Kinderrechtsgruppen, Strafverfolgungsbeamte und internationale Organisationen berichten über eine größere Nachfrage nach Online-Material über sexuellen Missbrauch und Risiken des Online-Grooming.
Social Distancing verstärkt Isolation der betroffenen Menschen
Es ist überdies zu befürchten, so das Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung, dass sich die Situation für jene Menschen – und hier insbesondere Frauen und Mädchen – die bereits von Menschenhändlern gefangen gehalten werden, während der Kontaktbeschränkungen drastisch verschlimmert. „Eine Zunahme an häuslicher Gewalt ist auch ein beunruhigendes Indiz für die Lebensbedingungen vieler Opfer von Menschenhandel“, betont LRin Fischer. „Social Distancing verstärkt die Isolation der Opfer und verringert die Chance, sie zu identifizieren und zu befreien“. Auch der Zugang zu Hilfssystemen ist während der Pandemie eingeschränkt.
„Bei der Bekämpfung der Pandemie sollten wir die realen und konkreten Risiken nicht übersehen, die diese beispiellose Situation für gefährdete Einzelpersonen und Gruppen mit sich bringt“, fordert LRin Fischer abschließend.
Quelle: Land Tirol