Tirol: Neue Maßnahmen für erweiterte psychische Versorgung von Kindern und Jugendlichen
Foto: © Land Tirol/Krepper
- Start für zweijähriges Pilotprojekt eines mobilen Versorgungsteams mit Ende 2023 geplant
- Förderung von FachärztInnenausbildung zur/zum Kinder- und JugendpsychiaterIn
- Übersicht der psychosozialen Beratungs- und Hilfsangebote in den Tiroler Bezirken unter www.tirol.gv.at/psychosozialeangebote
Beim heutigen Besuch der Gesundheitslandesrätin Cornelia Hagele in der Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik im Landeskrankenhaus Hall stand die Prävention, Behandlung und Nachsorge bei psychischen Belastungen von Kindern und Jugendlichen im Fokus. Konkret sind es die stationäre Versorgungssicherheit sowie alternative Versorgungsmöglichkeiten in Tirol, die im Zentrum des Austauschs mit Kathrin Sevecke, Direktorin der Kinder- und Jugendpsychiatrie Hall und Innsbruck, standen. „Mit einem flächendeckenden Netz aus vielfältigen Beratungs- und Hilfsangeboten und präventiven Maßnahmen in allen Bezirken, wie die Erziehungsberatung der Kinder- und Jugendhilfe oder die Psychosozialen Zentren, setzen wir bei psychischen Belastungen auf eine frühzeitige Vorsorge. Damit sollen Kinder und Jugendliche sowie ihre Familien nachhaltig in ihrer psychosozialen Entwicklung unterstützt werden. In der akutstationären Versorgung stehen wir momentan vor der Herausforderung, allen Kindern und Jugendlichen Therapieplätze zur Verfügung stellen zu können. Im engen Austausch mit den Systempartnern arbeiten wir derzeit an neuen Maßnahmen in der psychischen Versorgung – um allen Kindern eine rasche und qualitätsvolle Hilfe zu ermöglichen“, betont die Gesundheitslandesrätin. Auch im Arbeitsprogramm des Tiroler Gesundheitsfonds (TGF) wurden deshalb bereits Projekte für 2023 im Bereich der psychischen Gesundheitsversorgung festgelegt, die im Laufe des Jahres in die weitere Umsetzung gehen sollen. Dazu zählt ein zweijähriges Pilotprojekt für die Betreuung zuhause („Home Treatment“) durch mobile und multidisziplinäre Teams ebenso wie eine verstärkte Förderung der Ausbildung zu FachärztInnen für Kinder- und Jugendpsychiatrie.
„Home Treatment” geht in Pilotphase
„Im Jahr 2021 und 2022 haben die Akutaufnahmen im Vergleich zu den Vor-Corona-Jahren um 50 Prozent zugenommen. Die Studien und klinischen Erfahrungen zeigen, dass dringender Handlungsbedarf besteht. Es gibt neue Ideen und Wege, Kinder und Jugendliche zu begleiten und zu unterstützen, um der langfristigen Entwicklung von psychischen Störungen entgegenzuwirken“, so die Klinikdirektorin Sevecke. Derzeit wird an der Kinder- und Jugendpsychiatrie Hall am Pilotprojekt „Home Treatment“ gearbeitet: Kinder und Jugendliche werden dabei von einem mobilen und multidisziplinären Team aus PsychologInnen, PsychotherapeutInnen, SozialpädagogInnen, PflegerInnen und SozialarbeiterInnen zuhause betreut. Die Dauer der Behandlung beträgt dabei je nach Bedarf rund sechs Wochen bei vier bis fünf Therapieeinheiten pro Woche. Danach folgen individuelle Termine zur Stabilisierung des Behandlungserfolgs. Projektstart soll noch heuer im Herbst bzw. Winter erfolgen.
„Mit alternativen Versorgungsmöglichkeiten wie dem ‚Home Treatment‘ können neue Wege in der psychischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen eingeleitet werden und Patientinnen und Patienten erreicht werden, die ansonsten lange auf einen stationären Platz in der Klinik warten müssten“, betont Sevecke. Eine Absichtserklärung zur gemeinsamen Umsetzung und Finanzierung mit den Sozialversicherungsträgern liegt bereits vor. Für das zweijährige Pilotprojekt sind insgesamt rund 700.000 Euro vorgesehen.
Stationäre Versorgung stärken – ÄrztInnenzahl und Ausbildungsbedarf erfassen
Solche alternativen Behandlungsmaßnahmen sollen die Abteilung Kinder- und Jugendpsychiatrie langfristig entlasten. Gleichzeitig muss die stationäre Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit psychischen Problemen sichergestellt werden. Dabei setzt man auf die Analyse des ÄrztInnen- und Ausbildungsbedarfs im fachärztlichen Bereich Kinder- und Jugendpsychiatrie. Es soll die FachärztInnenausbildung sowohl für den niedergelassenen Bereich sowie für die öffentlichen Krankenanstalten intensiv gefördert werden. Ein Konzept dazu wird derzeit ebenfalls in Abstimmung zwischen der Kinder- und Jugendpsychiatrie, der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) und weiteren Systempartnern ausgearbeitet. „Ziel ist es, mehr Fachärztinnen und Fachärzte für die Kinder- und Jugendpsychiatrie auszubilden, um eine nachhaltige und flächendeckende psychische Versorgung für Kinder und Jugendliche in Tirol sicherzustellen“, sagt LRin Hagele.
Factbox: Übersicht Psychosoziales Versorgungsangebot für Kinder und Jugendliche in TirolErstanlaufstellen für Familien und Erziehungsberechtigte:
Überblick Psychosoziales Angebot Tirol: Einen ersten Überblick über die gesamte Angebotslandschaft in Tirol im psychosozialen Bereich bietet die Website www.tirol.gv.at/psychosozialeangebote des Landes Tirol in Kooperation mit dem Tiroler Landesverband für Psychotherapie (TLP).
Psychosoziale Zentren Tirol: Ersthilfe bei psychischen Belastungen bieten auch die fünf Psychosozialen Zentren in Innsbruck, Imst, Reutte, Wörgl und Lienz. Sie wurden vom Land Tirol in Kooperation mit den psychosozialen Einrichtungen pro mente tirol, Psychosozialer Pflegedienst und start pro mente ins Leben gerufen. Mehr Informationen unter: www.psz.tirol
Psychosozialer Krisendienst Tirol: Kostenlose telefonische Beratung und Unterstützung sowie Weitervermittlung bietet der Psychosoziale Krisendienst des Landes Tirol täglich von 8 bis 20 Uhr unter der Nummer 0800 400 120 sowie unter www.tirol.gv.at/krisendienst.
Erziehungsberatung: Das Angebot der Abteilung Inklusion und Kinder- und Jugendhilfe des Landes Tirol bietet in allen Tiroler Bezirken eine erste Beratungshilfe für Familien in Krisenzeiten. Mehr Informationen zu Beratungs- und Betreuungseinrichtungen für Kinder und Jugendliche sowie Eltern und Erziehungsberechtigte finden sich unter www.tirol.gv.at/beratung-und-betreuung-fuer-familien.
Anlaufstellen für Jugendliche:
Kriseninterventionszentrum für Kinder und Jugendliche (KIZ): Als Notfall-Anlaufstelle bei psychischen Problemsituationen steht zudem das Kriseninterventionszentrum zur Beratung und Hilfestellung unter der Nummer 0512 580 059 oder über www.kiz-tirol.at zur Verfügung.
Behandlung und Nachsorge:
Kinder- und Jugendpsychiatrie Landeskrankenhaus Hall: Die Abteilung Kinder- und Jugendpsychiatrie bietet mit sechs Stationen, einer Tagesklinik und einer Ambulanz in Hall sowie einer Tagesklinik in Innsbruck eine umfassende Versorgung für Kinder und Jugendliche bei psychischen, psychosomatischen, psychosozialen sowie Entwicklungsstörungen an. Kontakt: 050 504 338 36, täglich von 8 bis 16.30 Uhr.
Adoleszenz-Tagesklinik Innsbruck: Die neu gegründete Tagesklinik für Adoleszenz in Innsbruck, welche mit November 2021 ihren Betrieb aufnahm, ist auf zwölf Behandlungsplätze ausgelegt. Sie ist eine Kooperation der Universitätsklinik für Psychiatrie II (sieben Behandlungsplätze) und der Universitätsklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik im Kindes-und Jugendalter (fünf Behandlungsplätze).
Psychiatrische Wohngemeinschaft „SPACE“: Die therapeutische Jugendwohngemeinschaft Space von pro mente tirol bietet Jugendlichen ab 14 Jahren eine längerfristige Behandlung, Begleitung und Betreuung. Mehr Informationen erhalten Sie unter der Nummer 0664 164 63 16 oder über www.promente-tirol.at/jugendwohngemeinschaft-space.html.
Quelle: Land Tirol