Salzburg: Problemwölfe - Land Salzburg richtet flammenden Appell an die EU-Kommission
Foto: Land Salzburg/Melanie Hutter
Svazek und Schwaiger: „Brüssel muss klar werden, dass es um unsere Existenz geht.“
(LK) „Der Wolf ist in Europa nicht mehr vom Aussterben bedroht, aber unsere Almwirtschaft schon – mit allen Folgen für die Salzburger Kulturlandschaft, den Tourismus und auch die Lebensgrundlagen. Das muss Brüssel endlich klar werden“, betonen Landeshauptmann-Stellvertreterin Marlene Svazek und Landesrat Josef Schwaiger. Der Bericht des Landes Salzburg zum Thema „Wolf“ wird mit einem Forderungskatalog an die EU-Kommission nach Brüssel geschickt.
Eine Wölfin riss in diesem Sommer im Hochköniggebiet rund 30 Nutztiere und wurde dann auf Basis einer Verordnung erlegt. Salzburg geht nun voran und fordert die Herabsetzung des Schutzstatus.
„Eine nachhaltige Landwirtschaft, eine nachhaltige Jagd, ein nachhaltiger Naturschutz und ein nachhaltiger Tourismus im Land Salzburg sind weder ökonomisch, soziokulturell, noch ökologisch mit der Wiederkehr des Wolfes ohne einen gesetzlichen Rahmen, der ein notwendiges Management zulässt, in Einklang zu bringen“, so das wortwörtliche Fazit des Berichts des Landes Salzburg an die EU-Kommission.
Forderungskatalog an Brüssel
- Zusätzliche und angemessene Mittel für Herdenschutzmaßnahmen, soweit diese möglich, zumutbar und verhältnismäßig sind.
- Gesamteuropäisches Monitoring sowie eine gesamteuropäische Beurteilung des Wolfsbestandes und darauf aufbauend eine wildökologische Raumplanung für den Wolf.
- Neubewertung des Schutzstatus des Wolfes in der FFH-Richtlinie. Durch die Schutzstatusänderung von Kategorie IV auf Kategorie V wäre gewährleistet, dass der Wolf weiterhin eine besonders geschützte Tierart bleibt, aber in besonders sensiblen Bereichen wie den heimischen Alm- und Weidegebieten auch jagdlich bewirtschaftet werden kann.
- Anerkennung, dass die Almwirtschaft ein europäisches Kulturgut ist und ihre Träger eines besonderen Schutzes und Förderung bedürfen.
- Anerkennen, dass die einzigartige Biodiversität auf bewirtschafteten Almflächen, die doppelt so hoch ist als in Waldbereichen der gleichen Region, nur durch die nachhaltige extensive Bewirtschaftung dieser Flächen gewährleistet werden kann.
- Möglichkeit, den Wolf in jenen Regionen, in denen extensive Landwirtschaft traditionell eine existenzielle Rolle spielt und Herdenschutzmaßnahmen nicht zumutbar oder unverhältnismäßig sind, jagdlich zu bewirtschaften.
Svazek: „Bejagung des Wolfes muss sein.“
„Der Gesamtbericht des Landes Salzburg an die EU-Kommission erklärt mittels Zahlen, Daten und Fakten die negativen Konsequenzen, die mit der Rückkehr des Wolfes im alpinen Raum einhergehen. Vor allem läuft unsere kleinstrukturierte Alm- und Landwirtschaft Gefahr zu verschwinden, wenn nicht unmittelbar gehandelt wird. Dieses Verschwinden hätte nicht nur negative Konsequenzen für die durch die Pflege der Kulturlandschaft entstandene Artenvielfalt, sondern auch direkte dramatische wirtschaftliche Folgen, sowie einen erheblichen Einfluss auf das Tourismusland Salzburg. Die Europäische Kommission ist daher gut beraten, den Schutzstatus des Wolfes im Gesamten zu überdenken. Ohne eine entsprechende Bejagung des Wolfes werden die sozialen, ökonomischen und ökologischen Erfordernisse jedenfalls nicht in Einklang zu bringen sein“, so Marlene Svazek.
Salzburg als Vorreiter
Die Landeshauptmann-Stellvertreterin will mit diesem Vorstoß in Richtung EU vorangehen und andere Regionen mit ins Boot holen. „Wir in Salzburg sind ja bei weitem nicht die einzigen, die unter dem Wolf leiden und um unsere Lebensgrundlagen fürchten. Andere Regionen trifft es genauso, die Zahl der betroffenen Landwirte und der gerissenen Tiere steigt und steigt. Unser Appell an die EU wird sicher den Effekt haben, dass andere folgen und wir mit einer Stimme sprechen können. Salzburg geht voran, andere folgen hoffentlich, damit der Schutzstatus endlich der Realität angepasst wird“, so Svazek.
Schwaiger: „Chance ist so gut wie nie zuvor.“
Agrar-Landesrat Josef Schwaiger sieht derzeit eine realistische Chance, dass die EU auf die neuen Gegebenheiten reagiert und den Schutzstatus anpasst. „In Wahrheit ist das alternativlos. Es gibt laut Experten rund 30.000 Tiere in Europa, der russische Teil ist da nicht einmal mitgerechnet. Da kann man doch nicht mehr von einer gefährdeten Art sprechen. Und es scheint so, als ob wir mit unserer konsequenten Arbeit und mit den Daten und Fakten aus Salzburg diese Abwehrhaltung in Brüssel aufweichen können“, so Schwaiger.
Stock: „Flächendeckender Herdenschutz unrealistisch.“
Mit den Experten aus dem In- und Ausland ist der Wolfsbeauftragte des Landes Salzburg, Hubert Stock, in engem Austausch. „Ich kann nur immer wieder betonen, worin sich die Experten einig sind: Herdenschutzzäune, die oft als Allheilmittel propagiert werden, sind bei uns in Salzburg aufgrund der Topgraphie nicht möglich. Würde man zum Bespiel Hirten- und Herdenschutzhunde flächendeckend auf den Almen eisnetzen, würden die diese Maßnahme rund 600 Euro pro Schaf kosten. Das ist doch völlig unrealistisch“, so Stock.
Nächste Schritte
Der Bericht aus Salzburg mit den Daten und Fakten zum Wolf und den Forderungen an die EU-Kommission geht in diesen Tagen nach Brüssel. „Und wir werden weiter daran arbeiten, dass wir die Entscheidungsträger informieren und sensibilisieren, dass in Salzburg ausgewiesene Almschutzgebiete Sinn machen, wo die Bejagung des Wolfes mit Schonzeiten und so weiter Sinn macht. Je früher das auch in Brüssel endlich durchdringt, umso besser“, so Svazek und Schwaiger.
Daten und Fakten zum Wolf in Salzburg
- Seit 2015 gab es im Bundesland Salzburg rund 200 tote Nutztiere, rund 30 verletzte Tiere und 84 vermisste.
- Seit 2018 wurden in Salzburg rund 70.000 Euro an Entschädigungen für vom Wolf gerissene Tiere ausbezahlt.
- Seit 2018 wurden Herdenschutzmaßnahmen vom Land Salzburg mit rund 750.000 Euro gefördert, investiert wurde rund eine Million Euro
- Derzeit dürften sich im Bundesland zwei bis drei Wölfe aufhalten, die Dunkelziffer ist nicht bekannt.
- Anfang Juli 2023 wurde auf Basis einer Verordnung des Landes eine Wölfin im Gebiet Hochkönig erlegt, die zuvor rund 30 Nutztiere gerissen hatte.
- Die Salzburger Landesfläche beträgt rund 715.000 Hektar, davon sind rund 172.000 Hektar bewirtschaftete Almflächen. 1.800 Almen gibt es in Salzburg. Auf die Alm werden jedes Jahr rund 67.000 Rinder sowie 23.000 Ziegen und Schafe gebracht. Der Durchschnittliche Ziegen- und Schafbestand pro Alm beträgt 70 Tiere. Die Zahl der Almen mit mehr als 700 Schafen und Ziegen: lediglich sechs.
Weitere Informationen
- Wolf im Gebiet Hochkönig und Steinernes Meer erlegt (8. Juli 2023)
- Interview mit Wolfsbeauftragten Hubert Stock (16. Juli 2023)
- Wolfsrisse in Salzburg und alle Informationen zum Wolf: www.salzburg.gv.at/wolf
- Bericht an die EU Kommission 2023
Quelle: Land Salzburg