Österreich: Psychische Erkrankungen belasten Betroffene und die Volkswirtschaft
Foto: © Christian Mikes
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Am 4. Oktober lud die VOLKSBANK WIEN AG gemeinsam mit dem Verein ganznormal.at und der SPARDA-BANK zum Business-Frühstück in den Flughafentower in Schwechat. Ein hochkarätig besetztes Podium diskutierte über die Herausforderung psychischer Erkrankungen und mögliche Lösungsansätze.
5,8 Millionen Krankenstandstage wurden in Österreich im Jahr 2023 mit der Diagnose „Psychische Erkrankung“ gezählt. Grund für die VOLKSBANK WIEN AG, gemeinsam mit dem Verein ganznormal.at und der SPARDA-BANK ein Business-Frühstück zu veranstalten, um mit Expertinnen und Experten Lösungsansätze zu diskutieren. Pressesprecher Peter Kleemann begrüßte in Vertretung von Flughafen-Vorstand Julian Jäger die geladenen Gäste aus der Wirtschaft, Markus Pohanka (Austro Control und ehemaliger ORF-Moderator) moderierte die Diskussion. Die Veranstaltung fand direkt im Tower statt, dem höchsten Flughafen-Tower in Europa.
Alexander Biach, Generaldirektor der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen, ist im Verein ganznormal aktiv, um die Öffentlichkeit für dieses Thema zu sensibilisieren: „Die Betreuung psychischer Krankheiten muss selbstverständlich werden. Der Weg zur Behandlung soll aus allen Organisationen heraus erleichtert werden.“
Psychische Belastungen führen zu langem Krankenstand
Bereits 10,23 Prozent aller Krankenstandstage entfielen im vergangenen Jahr auf die Diagnose „Psychische Erkrankungen“. Die durchschnittliche Dauer eines solchen Krankenstandes liegt bei 37,2 Tagen. Alarmierend ist vor allem die Tatsache, dass der prozentuelle Anteil psychischer Erkrankungen seit 1994 massiv gestiegen ist. Vor 30 Jahren lag er nur bei 2,6 Prozent. „Natürlich liegt der Anstieg an psychischen Krankheiten auch daran, dass wir heute anders damit umgehen. Beispielsweise war Burnout in den 1990ern noch kein Thema. Das heißt aber nicht, dass es diese Erkrankungen damals nicht gab. Zum Glück steigt die Erkenntnis, wie sehr sich ungesunde Arbeitsbedingungen körperlich und psychisch auswirken. In vielen Fällen ist der Arbeitsplatz der Patient, wodurch sich die Bedeutung der Prävention zeigt“, sagte Johanna Klösch, Arbeits- und Organisationspsychologin bei der AK Wien.
Dass der erste Schritt das Bewusstmachen ist, bestätigte auch Eva Pinkelnig, Skispringerin, Sportlerin des Jahres und ausgebildete Erzieherin. Sie wies darauf hin, dass Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen, eine besondere Vorbildwirkung haben und deshalb viel beitragen können: „Wenn junge Menschen sehen, dass ihre Idole offen mit psychischen Belastungen umgehen, trauen sie sich das auch. Es hilft auch zu sehen, dass selbst Profisportler und Stars, die vermeintlich ein sorgenfreies Leben führen, nicht vor psychischen Erkrankungen gefeit sind. Jedes Auto braucht manchmal ein Service, genauso braucht jeder Mensch zeitweise mentale Hilfe. Viele Menschen erwarten von sich selbst einen Perfektionismus, den es so gar nicht geben kann“, betonte die Profisportlerin. Selbstwertschätzung, Bewegung und der persönliche Kontakt mit anderen Menschen seien viel wertvoller als soziale Medien.
Die Pandemie und ihre Folgen
Der absolute Höhepunkt beim Anteil der Krankenstandstage wurde während der Pandemie in den Jahren 2020/2021 verzeichnet. Vor allem junge Menschen hatten damals verstärkt mit Depressionen zu kämpfen. In den Pandemie-Jahren waren laut der OECD-Studie „Health at a Glance - Europe 2022” 41,3 Prozent der jungen Menschen von Depressionen betroffen. Im Vergleich dazu lag der Anteil in der Gesamtbevölkerung damals bei 23,7 Prozent. Das Thema psychischer Erkrankungen zieht sich allerdings durch alle Altersgruppen. Das zeigen die Zahlen der Frühpensionierungen: Im Jahr 2023 entfielen rund 32 Prozent aller Frühpensionierungen auf die Diagnose „Psychische Erkrankungen und Verhaltensstörungen“. Bei Frauen waren es sogar fast 43 Prozent. „Diese Zahlen sind besorgniserregend, besonders auch die psychischen Probleme vieler junger Menschen, die erst ins Arbeitsleben eintreten. Da kommt erst eine Welle auf uns zu. Die Pandemie hat uns vor große Herausforderungen gestellt und gleichzeitig unseren Arbeitsalltag verändert. Remote-Work oder Homeoffice sind heute ganz normal“, sagte Christian Horak, Partner EY Parthenon. Der Strategieberater empfiehlt Unternehmen, das Thema schon frühzeitig anzugehen, nicht erst, wenn die Mitarbeitenden im Beruf sind. Dazu gehört ein Denken für die „Community“, jedes Unternehmen muss glaubhaft etwas für die Gesellschaft machen. Wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einmal im Unternehmen sind, dürfe man die Verantwortung der Führungskräfte nicht unterschätzen. Bestätigung bekam er von Johanna Klösch, die allerdings darauf hinwies, dass das Homeoffice nicht nur Vorteile böte: „Gerade das Homeoffice birgt auch Gefahren psychischer Belastung. Arbeits- und Freizeit können leichter verschwimmen, der unmittelbare Kontakt zu den Arbeitskollegen fehlt und auch die Feedbackkultur ist noch nicht ganz im Remote-Modus angekommen“, warnte die Expertin. Laut ihr reiche es nicht aus, neue Arbeitszeitmodelle anzubieten. „Wir stehen beim Thema New Work noch ganz am Anfang und müssen gemeinsam lernen, mit Chancen und Risiken umzugehen und die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen“, sagte Klösch.
Alexander Biach, Generaldirektor der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen, betonte, dass man bei allen diskutierten Maßnahmen oft die Selbständigen vergäße. „Für selbständige Unternehmerinnen und Unternehmer ist das Arbeiten alleine oft ganz normal. Wir erreichen sie nicht über interne Mentoring-Programme oder Kampagnen. In Gesunden- und Vorsorgeuntersuchungen müssen deshalb auch psychische Erkrankungen endlich den nötigen Stellenwert bekommen, um präventiv handeln zu können“, so Biach. Für Unternehmer und Führungskräfte werde Empathie eine zentrale Aufgabenstellung in der Zukunft. „Um dies zu können, müsse man vorerst einmal sich selbst wertschätzen“ schließt Biach.
Volkswirtschaftliche Kosten und Lösungsansätze
Welche Auswirkungen psychische Erkrankungen auf die Volkswirtschaft haben, versuchte die OECD bereits im Jahr 2018 in ihrer Studie „Health at a Glance“ zu dokumentieren. Laut Studie beliefen sich die Gesamtkosten mentaler Erkrankungen für alle 28 EU-Staaten auf die Summe von 607 Milliarden Euro - oder 4,10 Prozent des BIP. Für Österreich wurden damals Gesamtkosten von 14,93 Milliarden Euro (4,33 Prozent des BIP 2015) ermittelt. Diese bestehen aus direkten Kosten für das Gesundheits- und das Sozialsystem sowie indirekten Kosten für den Arbeitsmarkt.
Um die Auswirkungen für Betroffene und die Wirtschaft zu reduzieren, empfahlen die Expertinnen und Experten am Podium, vor allem Bewusstsein zu schaffen. Unternehmen sollten offen mit dem Thema umgehen, gemeinsam mit den Mitarbeitenden auf präventive Maßnahmen setzen. Beratungsformate wie Supervision oder Coaching seien ein wichtiger Schritt, um das Stressmanagement und die Work-Life-Balance gezielt zu verbessern. Mit internen Programmen alleine sei es aber nicht getan. Der Gesetzgeber sei dazu aufgerufen, psychische Belastungen mit physischen Erkrankungen gleichzusetzen. Vor allem aber stand für die Diskussionsteilnehmenden der offene Umgang und die Entstigmatisierung im Vordergrund. Denn nur, wenn wir als Gesellschaft offen mit dem Thema „Psychische Erkrankungen“ umgehen, nehmen wir erste Anzeichen bewusst wahr und können schneller und effektiver im Sinne und zum Wohle der Betroffenen handeln.
VOLKSBANK WIEN AG
Die VOLKSBANK WIEN AG ist mit 1.282 Mitarbeitenden (Vollzeitäquivalente Konzern) und 54 Vertriebsstellen in den Regionen Wien, Burgenland, Weinviertel, Waldviertel und Industrieviertel sowie der österreichweiten Marke SPARDA-BANK die größte der österreichischen Volksbanken. Neben dem eigenen Retailgeschäft erfüllt die VOLKSBANK WIEN AG seit Juli 2015 als Zentralorganisation auch übergeordnete Aufgaben für den Volksbanken-Verbund (Stand 30.06.2024). Weitere Informationen auf www.volksbankwien.at bzw. www.volksbank.at/nachhaltigkeit.
Hinweis: Der Volksbanken-Verbund legt großen Wert auf Diversität und die Gleichberechtigung aller Geschlechter. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher, weiblicher und diverser Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.
Quelle: OTS