Salzburg: Salzburgs „Landesmutter“ Erentrudis war eine „Powerfrau“

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Salzburg

05 Sep 08:00 2024 von Redaktion Salzburg Print This Article

Akademischer Festakt im Domquartier / Interview mit Historiker Wolfgang Neuper

(LK) Nach heutigen Maßstäben war Salzburgs „Landesmutter“ Erentrudis eine echte Powerfrau, die Geschichte geschrieben hat. Als mächtige Äbtissin stand sie vor 1.300 Jahren dem Stift Nonnberg vor – zentral für die frühe christliche Gemeinde Salzburgs sowie ein bedeutender Wirtschaftsbetrieb. Nach ihrem Tod, vermutlich 718, wurde ihr Grab zur Pilgerstätte und sie seither als Heilige verehrt.

Vor 400 Jahren hat Erzbischof Paris Lodron Erentrudis zur „Landesmutter“ erhoben. Sie ist seither Landespatronin, neben den beiden Heiligen Rupert und Virgil. Das Land Salzburg, die Erzdiözese und das Stift Nonnberg haben anlässlich dieses Jubiläums Mittwochabend zu einem Akademischen Festakt im Domquartier geladen und diese außergewöhnliche Frau, ihr Wirken und ihre historische Bedeutung in den Mittelpunkt gestellt.

Haslauer: „Erentrudis mit Salzburg verwurzelt.“

Landeshauptmann Wilfried Haslauer betont anlässlich des Festaktes am Mittwochabend die christliche und weltliche Bedeutung von Erentrudis: „Für viele Menschen in Salzburg war und ist die Heilige ein wichtiger Anker im Leben. Insbesondere die ihr zugeschriebenen Wunder geben Hoffnung. Erentrudis hat einen ganz besonderen Platz in unserer Geschichte verdient und ist tief mit der Kultur im Land verwurzelt. Dieses möchten wir mit der wissenschaftlichen Auseinandersetzung und dem Fest am 8. September in den Mittelpunkt stellen.“

Schlüsselfigur in Salzburgs Geschichte

Historiker Wolfgang Neuper hat sich intensiv mit Salzburgs „Landesmutter“ auseinandergesetzt. Der Archivar arbeitet seit einem Jahr im Salzburger Landesarchiv, davor war er 15 Jahre im Archiv der Erzdiözese Salzburg tätig. Das Landes-Medienzentrum (LMZ) hat mit dem Experten für Mittelalterliche Geschichte über Erentrudis gesprochen.

LMZ: Herr Neuper, was wissen wir heute von der historischen Person Erentrudis?

Neuper: Zeitgenössische Berichte liegen uns nicht vor. Die frühesten Quellen zu Erentrudis finden wir in den Lebensbeschreibungen von Rupert, die auf das späte 8. Jahrhundert zurückgehen - rund 80 Jahre nach ihrem Tod. Dort wird sie als Begleiterin Ruperts beschrieben. Im Volksmund hält sich die Legende, dass sie die Nichte von Rupert gewesen sei - das ist aber nicht gesichert. Definitiv fest steht, dass Erentrudis die erste Äbtissin am Kloster Nonnberg war. Im Verbrüderungsbuch von St. Peter wird sie als solche vermerkt.

LMZ: Wie wird Erentrudis in den historischen Quellen beschrieben, wie war sie?

Neuper: Auch hier sind die Quellen leider nicht sehr aussagekräftig. Aus dem frühen 14. Jahrhundert – also rund 600 Jahre nach ihrem Tod - ist ihre erste Lebensbeschreibung überliefert. Der Chronist Caesarius beschreibt dabei ihre hohe Gelehrsamkeit, Gastfreundschaft oder auch Nächstenliebe. Das ist aber kein Bericht aus erster Hand, sondern positive Zuschreibungen von Eigenschaften, die bei als Heilige verehrte Personen Usus war.

LMZ: Wie kann man sich Salzburg zu Lebzeiten von Erentrudis vorstellen?

Neuper: Die Altstadt, so wie wir sie heute kennen, hat nichts mit dem Salzburg vor 1.300 Jahren zu tun. Die Reste der antiken Bevölkerung haben am Festungs- sowie Nonnberg gelebt. Zurzeit von Rupert und Erentrudis hat die Wiederansiedlung der heutigen Altstadt erst wieder begonnen. Steingebäude gab es nicht. Auch der Bischofshof, er stand in der Nähe des heutigen Doms, war aus Holz.

LMZ: Welche Bedeutung hatte das Stift Nonnberg in dieser Zeit?

Neuper: Das Stift Nonnberg wurde sehr schnell nach seiner Gründung um 714 durch die bayerische Herzogsfamilie zu einem geistlichen Zentrum, von dem aus viele Frauenklöster besiedelt wurden. Es war Hauskloster der Agilolfinger und adeliges Damenstift und wurde mit reichem Grundbesitz ausgestattet, was es auch zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor machte. Durch Schenkungen hat es immer mehr Grund und Boden mitsamt Landwirtschaften erhalten – so gehörte beispielsweise das Nonntal damals zum Areal des Klosters. Heute ist das Benediktinerinnenstift das älteste noch bestehende Frauenkloster nördlich der Alpen.

LMZ: Das erste große Erentrudisfest wurde vor 400 Jahren gefeiert - warum war das Erzbischof Paris Lodron wichtig?

Neuper: Wir wissen, dass 1624 die zweite Reliquientranslation von Erentrudis durchgeführt wurde. Quellen zur Entscheidung von Paris Lodron liegen nicht vor, aber es werden sicherlich für den Erzbischof und das Stift strategische Überlegungen eine Rolle gespielt haben. Im Rahmen seiner eher gemäßigten Gegenreformation wollte Paris Lodron vermutlich die Katholische Sache forcieren und durch die Translation mit dazugehöriger Prozession die Menschen beeindrucken. Seinen Untertanen eine bedeutende Heilige in der Zeit näher zu bringen, war möglicherweise das Kalkül. Auch für das Stift Nonnberg war es eine Möglichkeit, die Verehrung und den Kult um ihre erste Äbtissin wieder zu stärken.

Wochenende im Zeichen von Erentrudis

Höhepunkt der Feierlichkeiten für die Heilige Erentrudis ist der kommende Sonntag. Am 8. September findet um 10.00 Uhr ein Festgottesdienst im Dom statt. Danach steht das Erentrudisfest im Nonntal an – begleiten von einem lautstarken und farbenfrohen Umzug mit Schützen, Musikkapellen und Heimatvereinen von der Altstadt ins Nonntal. Ein Höhepunkt der Feierlichkeiten ist die Prozession der Reliquien vom Stift Nonnberg zum Dom sowie Erhard-Kirche im Nonntal und wieder zurück.


Quelle: Land Salzburg



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