Salzburg: Schulsozialarbeit während Pandemie stark gefordert
Foto: Land Salzburg/Stefan Mayer
55 Fälle im Nachsorgeprogramm intensiv betreut / Schwierige Rahmenbedingungen für effektive Hilfe
(LK) Die 15-jährige M. taucht zwei Monate nicht in der Schule auf. Sie wurde in ihrer Klasse immer wieder gemobbt, bis es ihr zu viel wurde. Dann kam die Schulsozialarbeit ins Spiel. Gemeinsam fanden sie eine neue Klasse für M. Dort besucht sie nun regelmäßig den Unterricht und tankt wieder neue Lebensenergie. „Nur ein anonymisiertes, aber reales Beispiel, dass die Schulsozialarbeit wirkt, dass niemand alleine gelassen wird, der Hilfe braucht“, so Bildungslandesrätin Daniela Gutschi.
„Kindern, Jugendlichen und deren Eltern Beziehung und Kontinuität anzubieten – dafür gibt es die Schulsozialarbeit. Während der Pandemie und den vor allem psychisch belastenden Einschränkungen haben wir hier mit einem Nachsorgeprogramm das Angebot noch einmal um 300.000 Euro verstärkt. Inzwischen sind über 30 Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter an den Salzburger Pflichtschulen im Einsatz. Das Bildungsressort hat die Gelder für diesen Bereich in den vergangenen Jahren verzehnfacht, und ich plane einen weiteren Ausbau dieses wichtigen Unterstützungsangebotes“, so Landesrätin Daniela Gutschi.
55 Fälle an 23 Schulen betreut
Drei Monate von April bis Juni kümmerten sich Spektrum, Neustart und ÖZPGS (Österreichisches Zentrum für psychologische Gesundheitsförderung im Schulbereich) in dem Nachsorgeprogramm um besonders akute Fälle. Besucht wurden 23 Schulen in allen Bezirken, die keine regelmäßige Versorgung durch Sozialarbeit haben und wo explizit aufgrund der Pandemie rasches Handeln notwendig war. In 55 solcher Fälle kam es zu rund 240 Kontakten mit Jugendlichen, Lehrpersonen und Eltern.
Vielfältige Probleme
Die vorwiegenden Themen der Betreuungen betrafen Schulabsentismus, also das unerlaubte Fernbleiben vom Unterricht, Schwierigkeiten mit Homeschooling und deren Folgen, Differenzen mit den Eltern, Zukunfts- und Versagensängste, psychische, psychiatrische oder psychosomatische Probleme und Mobbing. Neben persönlichen Kontakten in den Bildungseinrichtungen fanden viele Telefonate und auch Hausbesuche bei den betroffenen Schülerinnen und Schülern statt.
Schuster: „Vertrauen braucht Zeit.“
Das Landes-Medienzentrum (LMZ) sprach mit Spektrum-Geschäftsführer Thomas Schuster.
LMZ: Was waren die besonderen Herausforderungen im Nachsorgeprogramm?
Schuster: Wir mussten zu Lehrkräften, Eltern, Schülerinnen und Schülern in kurzer Zeit Vertrauen aufbauen. Das wurde dank des zusätzlichen Ausbaus durch das Land ermöglicht. Normalerweise betreut ein Sozialarbeiter maximal drei Schulen kontinuierlich und hat dadurch Zeit, das Umfeld und die Menschen kennenzulernen. Im Nachsorgeprogramm gab es dafür viel weniger Zeit. Vor allem wenn jemand nicht mehr in die Schule geht oder Homeschooling an der Tagesordnung ist, ist das dann schwierig.
LMZ: Welche konkreten Auswirkungen hatte das?
Schuster: Dass wir dann aktiv auf die Jugendlichen zugehen müssen. In der standortbezogenen Schulsozialarbeit gibt es das Prinzip der Freiwilligkeit. Das war beim Nachsorgeprogramm nicht möglich. Dadurch standen uns viele Jugendliche vorerst skeptisch gegenüber. Mit verstärkten vertrauensbildenden Maßnahmen haben wir aber meistens eine gute Arbeitsbeziehung erreicht.
LMZ: Welche Erkenntnisse ziehen Sie aus diesen drei Monaten?
Schuster: Wir haben von den Schulen sehr viele erfreuliche und wertschätzende Rückmeldungen bekommen. In den meisten Fällen waren auch die Jugendlichen und die Eltern für die Unterstützung dankbar. Das Angebot hat aber trotz dieser Erfolge gezeigt, dass nur der Weg der standortbezogenen Schulsozialarbeit mit dem Ausbau der Stunden in den vergangenen Jahren nachhaltig und präventiv wirken kann. Es braucht eben Zeit, um professionelle Beziehungen aufzubauen. Ansonsten ist es nur so mal ein Pflaster auf eine Wunde geklebt ohne dauerhafte Wirkung. Und was man auch nicht vergessen darf: Bei vielen Jugendlichen hat der Abbruch der Betreuung nach drei intensiven Monaten trotz Weitervermittlung an andere Einrichtungen doch eine Lücke hinterlassen.
Quelle: Land Salzburg