Graz: StadtDialog - Bahn frei für öffentlichen Verkehr
Welche Weichen im Öffentlichen Verkehr gestellt werden bzw. noch gestellt werden müssen, um dynamisch wachsende Ballungsräume klimafreundlich zu entwickeln, war Thema beim bereits vierten Grazer StadtDialog, der im Haus der Architektur über die Bühne ging. Die Vortrags- und Diskussionsreihe wird vom Haus der Architektur (HDA), der Kammer der Ziviltechniker:innen für Steiermark und Kärnten sowie der Stadt Graz veranstaltet.
Vizebürgermeisterin Judith Schwentner betonte als zuständige Referentin der Verkehrs-, Planungs- und Stadtentwicklungsagenden: „Der Verkehr allein ist für 20 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich. Gerade in diesem Bereich haben wir es selbst in der Hand, den Klimaschutz voranzutreiben. Es geht neben dem Forcieren des öffentlichen Verkehrs und des Rad- und Fußverkehrs auch um die Transformation unserer Straßen, des Verkehrs- und des Stadtraumes. Wie wir diesen zukunftstauglich gestalten und verteilen, ist eine wichtige Aufgabe."
Stadtbaudirektor Bertram Werle unterstrich in seiner Begrüßung die Wichtigkeit von Stadtgrenzen überschreitenden, klimafreundlichen Mobilitätsangeboten: „Der Grazer Ballungsraum wächst weiter. Und damit werden auch Wege länger. Womit man diese zurücklegt, hat nicht nur auf Graz Auswirkungen, sondern auch auf das Umland und darüber hinaus. Die Vergleiche zu Projekten in Genf und Zürich, die wir von den Vortragenden hören, liefern uns dafür gute Einblicke und Diskussionsanregungen. "
Landesbaudirektor Andreas Tropper beschwor den Blick über den Tellerrand der einzelnen Kommunen: „Wir können große Aufgaben nur gemeinsam lösen. Dass der ÖV in der Steiermark bewegt, zeigen allein die Finanzierungsmittel. Mitte der 90er Jahre hatten wir dafür 0 Schilling im Budget. Mittlerweile geben wir für den Öffentlichen Verkehr rund 160 Mio. Euro aus. Das ist mehr aus als für den Straßenbau."
Gastgeberin Beate Engelhorn, Leiterin des HDA (Haus für Architektur): „Ich freue mich sehr über derartige kooperative Veranstaltungen. Dabei wird das HdA seinem Credo als Plattform für Stimmungs- und Erfahrungsaustausch gerecht."
Für den Präsidenten der Kammer der Ziviltechniker:innen für Steiermark und Kärnten, Gustav Spener ist eines gewiss: „Wir gestalten Zukunft. Es ist unsere Kernkompetenz, interdisziplinär von der Raum- und Stadtplanung über die Mobilität sowie blau-grüne Infrastruktur bis zur Architektur Projekte zu erdenken und umzusetzen."
Als einer der Vortragenden und jahrelangen Kenner der Grazer Verkehrsstrukturen gab Willi Hüsler nicht nur Einblicke zur „Entwicklungsstrategie für den Ausbau des öffentlichen Verkehrs im Großraum Graz - Stadtverkehr und Stadt-Umlandverkehr" und in die viel diskutierte S-Bahn-Spange, sondern zeigte auch wie sich im Raum Zürich die Verkehrspolitik zugunsten autofreier Oberflächen, des ÖV und der aktiven Mobilität entwickelt hat. „Auch in Graz kann der Umstieg vom Kfz-Verkehr auf umweltfreundlichere Mobilitätsarten nicht allein gelöst werden. Jedes zweite Auto fährt schließlich über die Stadtgrenze, da reichen Optimierungen innerhalb des Stadtgebiets nicht aus. Die S-Bahn mit einem Stadttunnel und attraktiven neuen Mobilitätsknoten haben wir bei der Bewertung einzelner Modelle im Auftrag der Stadt als geeignetstes empfohlen. Die Attraktivierung des ÖV, des Fuß- und Radverkehrs ist das eine. Das heißt aber auch, dass es für den Autoverkehr Restriktionen geben wird, die von der Bevölkerung mitgetragen werden muss."
„Wir sind ein „Opfer unseres Erfolgs", beschrieb der Generaldirektor für Verkehr im Kanton Genf, David Favre, die mit Frankreich grenzüberschreitende neue, 16 Kilometer lange S-Bahn-Tangente in Genf. Diese verbindet mittlerweile nicht nur eine Million Menschen, sondern lässt mit ihren fünf neuen Stationen auch durchgeplante Stadtentwicklungsbiete neu erstehen. „Wenn ich Graz einen Rat geben darf, dann ist es jener, noch größer zu denken. Unsere Erwartungen wurden derart übertroffen, sodass wir deutlich mehr Kapazitäten bräuchten."
Bei der Podiumsdiskussion mit Kerstin Weber vom Regionalmanagement Steirischer Zentralraum, dem Leiter der Grazer Verkehrsplanung, Wolfgang Feigl, Heidi Pretterhofer von Arquitectos ZT KEG und den beiden Schweizer Experten Willi Hüsler und David Favre stellten sich die Expert:innen sowohl Detailfragen zum Grazer S-Bahn-Spangen-Projekt als auch kritischen Stimmen aus dem Publikum, wem welcher Platz in Graz zustehe oder weggenommen werde, oder wie man klimafreundliche Maßnahmen in der Mobilität beschleunigen könne. Moderator und Leiter des Referats für Bürger:innenbeteiligungen, Wolf-Timo Köhler, ließ etliche Interessierte zu Wort kommen. Die Fragen und Diskussionsbeiträge wurden von den Expert:innen gerne aufgenommen und beantwortet zw. „weitergesponnen"
Im Anschluss konnte man sich im HDA bei gemütlichem Zusammensein austauschen und weiter diskutieren.
Den 4. StadtDialog gibt es bald auch zum Nachhören. Wir informieren.
Quelle: Stadt Graz