Graz: StadtDialog - Heißes Thema Klimaschutz
Wie Städte wie Graz mit dem Klimawandel umgehen, wo die Hausaufgaben sind, um klimaneutral zu werden, aber auch mit welchen Strategien Kommunen, Unternehmen, (Bau-)Wirtschaft und schließlich jede:r Bürger:in sich dem Klimawandel anpassen (müssen), war Thema beim bereits fünften Grazer StadtDialog, der viele Interessierte ins Haus der Architektur brachte und ob der sommerlichen Temperaturen für "heiße" Nachrichten und Diskussionen sorgte. Die Vortrags- und Diskussionsreihe wird vom Haus der Architektur (HDA), der Kammer der Ziviltechniker:innen für Steiermark und Kärnten sowie der Stadt Graz veranstaltet.
Vizebürgermeisterin Judith Schwentner sprach als zuständige Referentin in aller Deutlichkeit aus, was Gebot der Stunde sei: „Über allen Themen steht das Klima. Alles, was wir zu Klimaschutz und Klimawandelanpassung machen, betrifft unser Leben: Im Verhalten, in der Mobilität, wie wir bauen und planen. Als gutes Beispiel kann ich hier das Bauprojekt bei der einstigen Vorklinik nennen. Mit dem dortigen Baukarussell wurde die gesamte Infrastruktur im Inneren abgebaut, wiederverwertet und verkauft. Da waren edelste Produkte genauso dabei wie Liebhaberobjekte, die man erwerben konnte. Bei dem Ganzen handelt es sich außerdem um ein Sozialprojekt, was veranschaulicht, wie Klimaschutz und soziales Zusammenwirken unser Leben im besten Fall bereichert."
Stadtbaudirektor Bertram Werle unterstrich in seiner Begrüßung, wie wichtig Kooperationen, etwa mit der Ziviltechniker:innenkammer und dem Haus der Architektur aber auch den Planer:innen und Umsetzer:innen in der Stadt sowie in privaten Bereichen sei: „Die Klimaorientierung bestimmt unser tägliches Handeln. Wie statten wir Plätze, Räume mit wertvollem Grün aus, welche Baustoffe verwenden wir, wie hilft uns das Schwammstadt-Prinzip etwa bei Trockenheit, wie gestalten wir eine Stadt der kurzen Wege mit hoher Aufenthaltsqualität? All das wird uns im nächsten Jahrzehnt beschäftigen."
Der Präsident der Kammer der Ziviltechniker:innen für Steiermark und Kärnten, Gustav Spener schlägt in dieselbe Kerbe „Klimaschutz ist nicht nur für die Politik oder die Verwaltung eine der größten Herausforderungen. Bedenkt man, dass 38 Prozent der Treibhausgase auf das Konto der Bauausführung geht, ist es auch für Planer eine herausfordernde Querschnittsmaterie, der wir uns gerne und mit voller Kraft stellen."
Gastgeberin Beate Engelhorn, Leiterin des HDA (Haus für Architektur): „Wir müssen alle viel mehr miteinander reden, in Dialog kommen, deshalb sind Veranstaltungen wie diese auch so wichtig. Mit dem Thema Klimaschutz berschäftigen wir uns schon lange, was etwa Ausstellungen und Forschungsprojkete etwa zum Bauen bei Extremwetterlagen bei uns im Haus verbildlichen. Nichts zu verändern wäre jedenfalls das Schlechteste."
Wo die Stadt Graz, genauer gesagt das Haus Graz mit all seinen Beteiligungen hinsichtliche CO2-Bilanz steht, wie der Klimaschutzplan aussieht, wohin die Reise geht, wo man aber auch die Zivilgesellschaft „mitnehmen" muss, darüber gaben Umweltamtsleiter Werner Prutsch und der Grazer Klimaschutzbeauftragte Thomas Drage einen Überblick: „Im Stadtgebiet entstehen pro Jahr 1,52 Millionen Tonnen CO2eq . Der Magistrat und die Holding verursachen davon 42.600 Tonnen, das sind gerade einmal knapp drei Prozent. Allein in unserem Bereich haben wir 400 Maßnahmen erarbeitet – davon 231 verschiedene – die unseren CO2-Ausstoß verringern. 191 davon sind auch wirtschaftlich interessant. Für unser Ziel, 2040 im Stadtgebiet die CO2-Netto-Null zu erreichen, reicht das aber nicht aus. Für die Planung und die Bauwirtschaft wären aus unserer Sicht Revitalisierung statt Neubau, langlebiges Bauen und Sanieren sowie eine klimafreundliche Materialwahl wichtig. Zur Veranschaulichung: Ein Betonwürfel mit jeweils 4,1 Metern Kantenlänge verursacht so viele Treibhausgasemissionen wie eine Person im Jahr – 13,7 Tonnen CO2eq."
Da Klimawandel ein globales Thema ist, zeigte Rudi Scheuermann von Arup Deutschland – Cities Business in seinem Impulsvortrag, welche Herausforderungen, aber vor allem auch welche Lösungen andere Städte haben: „Globale Lösungen sind allein aus geopolitischer Sicht schwierig. Dennoch dürfen wir nicht Argumente finden, warum etwas nicht geht. In Städten wäre es übrigens relativ simpel, die Überhitzung in den Griff zu bekommen. Die schnellste Möglichkeit lautet: Begrünung. Das müssen nicht immer nur große Bäume sein, jede begrünte Oberfläche leistet hier wertvolle Beiträge. Der zweite Ansatz: Entsiegeln, wo es nur möglich ist. Das nützt auch bei Starkregenereignissen. Was zudem nicht zu vernachlässigen ist: Klimaneutralität allein reicht nicht aus. Im Gegenteil, wir müssen Projekte umsetzen, die sich positiv darauf auswirken. Das heißt: Natur wieder herstellen. Das hilft Städten, die traditionell für Toleranz und Experimentierfreudigkeit stehen, übrigens auch im sozialen Gefüge."
Bei der Podiumsdiskussion mit Julia Fessler, GF susform - sustainability transformation, Günter Katherl von Caramel architekten, Sabrina Pemberger vom Verein des österreichischen Klimarat der Bürger:innen und den beiden Vortragenden Werner Prutsch und Rudi Scheuermann berichteten die Expert:innen von ihren Erfahrungen, gaben Auskunft zu Detailfragen und waren sich über eines einig: Es braucht Möglichkeiten, wie jede: einzelne zum Klimaschutz einen Beitrag leisten kann, aber auch ein vermehrtes Bewusstsein, dass "die da oben" es nicht für einen richten können, sondern dass man bei sich selbst anfängt. Moderator und Leiter des Referats für Bürger:innenbeteiligungen, Wolf-Timo Köhler, ließ etliche Interessierte zu Wort kommen. Die Fragen und mitunter hitzigen Diskussionsbeiträge wurden von den Expert:innen gerne aufgenommen.
Im Anschluss konnte man sich im HDA bei austauschen und weiter diskutieren.
Den 5. StadtDialog gibt es bald auch zum Nachhören. Wir informieren.
Quelle: Stadt Graz