Wien: Stadt Wien vergibt Buchprämien an sechs Wiener Autorinnen und Autoren
Die mit je 2.500 Euro dotierten Prämien dienen Förderung der heimischen Literaturszene
Die diesjährigen Buchprämien der Stadt Wien gehen an die Autor*innen Barbi Markovi?, Iris Blauensteiner, Sabine Schönfellner, Peter Henisch, Walter Schübler und Stanislav Struhar. Die Auswahl der Bücher erfolgte durch eine Fachjury.
Die Buchprämien der Stadt Wien dienen der Förderung der heimischen Literaturszene. Sie werden jährlich vergeben und sind mit je 2.500 Euro dotiert. 2022 gab es insgesamt 41 Einreichungen von Wiener Autor*innen in Wiener Verlagen.
Die folgenden Bücher wurden ausgezeichnet:
Barbi Markovi? für “Die verschissene Zeit” (Residenz Verlag) Iris Blauensteiner für “Atemhaut” (Kremayr & Scheriau) Sabine Schönfellner für “Draußen ist weit” (Literaturverlag Droschl) Peter Henisch für “Der Jahrhundertroman” (Residenz Verlag) Walter Schübler für “Bibiana Amon. Eine Spurensuche“ (Edition Atelier) Stanislav Struhar für “Farben der Gegenwart“ (Wieser Verlag) Begründungen der Jurymitglieder Barbi Markovi? für “Die verschissene Zeit” (Residenz Verlag)
Barbie Markovi? erzählt in „Die verschissene Zeit“ eine Coming-of-Age-Geschichte in Zeiten der Jugoslawienkriege, als Nachbarn zu Feinden wurden und Bomben fielen. Im Zentrum des Romans stehen Jugendliche aus Banovo brdo, einem Stadtteil von Belgrad und eine Zeitmaschine. Das aberwitzige Abenteuer thematisiert klug und in wütender Sprache den Kampf um Erinnerung ebenso wie die Sehnsucht einer Generation nach einem Zustand, in dem „die Traumata keinen Nährboden mehr bekommen“ (Barbie Markovi?).
Iris Blauensteiner für “Atemhaut” (Kremayr & Scheriau)
Die Schriftstellerin und Filmemacherin Iris Blauensteiner nimmt in ihrem Roman „Atemhaut“die Gegenwart der Arbeitswelt in den Blick und macht den Verlust von Arbeit und Würde zum Thema. Ein Logistikzentrum dient ihr dabei als Modell der Gesellschaft: Beste Ware wird zu Müll. Die Distanz zum Ich, die in einer solchen Welt entsteht, vermittelt die Autorin in einer konsequent durchgehaltenen Erzählperspektive.
Sabine Schönfellner für “Draußen ist weit” (Literaturverlag Droschl)
Es war schon immer das Privileg der Literatur, Schwäche in Stärke, Ungesagtes in Ausgesprochenes und Enge in Weite zu verwandeln. Besonders von Letzterem und dem selten gewordenen Gut des Zuhörens handelt Sabine Schönfellners Debütroman „Draußen ist weit“. Die Ich-Erzählerin, namenlos und nach ihrem Platz im Leben suchend, wird darin als Zuhörerin und Vertraute mit den Geschichten von drei älteren Menschen konfrontiert, die bis in den Zweiten Weltkrieg zurückreichen. In präziser Sprache und die Handlungsstränge kunstvoll verknüpfend gelingt es Sabine Schönfellner das Verschwiegene zum Kern der Erzählung zu machen und darüberhinaus, einen möglichen produktiven Umgang nachfolgender Generationen mit dem Schweigen zu thematisieren.
Peter Henisch für “Der Jahrhundertroman” (Residenz Verlag)
In seinem „Jahrhundertroman“ erweist sich Peter Henisch wieder als ein sich vor E. T. A. Hoffmann verbeugender Romantiker. Wie nebenbei schreibt er eine kleine österreichische Literaturgeschichte, wenn er große Literaten des 20. Jahrhunderts zu seinen Hauptfiguren macht. Er definiert sie nicht über ihr Werk, sondern über ihr Verhalten, das er in zugespitzten Situationen ihre Persönlichkeit entlarven lässt.
Walter Schübler für “Bibiana Amon. Eine Spurensuche“ (Edition Atelier)
Es ist eine langjährige akribische Recherche, die Bibiana Amon (1892–1966), einer aus kleinsten Verhältnissen stammenden Frau, Kontur verleiht. Ab den späten 1910er-Jahren spielte sie in der Wiener Kunst- und Literaturszene eine – bislang unbekannte – Rolle, von der sie in ihrem autofiktionalen Roman „Barrières“ (1939) erzählt. Walter Schübler macht diesen erstmals auf Deutsch zugänglich, seine Gegenüberstellung der aus Korrespondenzen, Schlüsselromanen, Archiven und Nachlässen erhobenen Fakten verdichtet sich zu einem beeindruckenden Dokument weiblicher Selbstermächtigung.
Stanislav Struhar für “Farben der Gegenwart“ (Wieser Verlag)
Reich an Facetten und Schattierungen endet Stanislav Struhars „Farben-Trilogie“: Der Band „Farben der Gegenwart“ beinhaltet neben zwei neuen Erzählungen eine Übersetzung seiner frühsten Prosa, die insbesondere seine feinfühlige Wahrnehmung der Stadt Wien widerspiegelt. Dieser immer noch unterschätzte Autor öffnet in seiner ruhigen Prosa ein emotionales Spektrum zwischen Einsamkeit, (Heimat-)Verlust, Empathie und Mut zu Neuanfängen und zieht damit unweigerlich in seinen Bann.
Quelle: Stadt Wien