Wien: Städtebund - 28 Bürgermeister*innen unterzeichnen die Baumkonvention
Auf Initiative der Stadt Wien-Umweltschutz setzt sich die Plattform „Österreichische Baumkonvention“ seit Jahren für den Erhalt von Bäumen ein. Das Thema Baumschutz ist für alle Städte relevant, denn viele Baumbestände sind bedroht, weil aus Sicherheitsüberlegungen vorauseilend gefällt wird.
Der Österreichische Städtebund, der die Initiative unterstützt, hat daraufhin seine Mitgliedstädte aufgerufen, die Initiative zu unterstützen. Insgesamt 28 Städte – von Attnag-Puchheim bis Wiener Neustadt - haben nunmehr die Initiative unterzeichnet.
„Die große Zahl der unterstützenden Städte zeigt die wichtige Bedeutung der Bäume im urbanen Raum. Sie stellen einen wesentlichen Wohlfühlfaktor für die Menschen dar, wirken der Hitzebildung in Städten entgegen und müssen daher im Sinn einer nachhaltigen Risikoabschätzung vor voreiligen Rückschnitten oder gar Fällungen noch mehr geschützt werden“ sagt Thomas Weninger, Generalsekretär des Österreichischen Städtebundes.
Bäume und Wälder sind gerade in jüngster Zeit von ganz besonderer Bedeutung: Sie helfen, das Klima zu schützen und mildern die Folgen der Klimaveränderung wie Hitze und Starkregenereignisse, sie bieten bewährten Schutz vor Naturgefahren wie Lawinen oder Muren und reinigen unser Wasser. Jeder Mensch profitiert individuell von Bäumen durch ihre Wirkung auf die physische und psychische Gesundheit. Baumbestände sind ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für die nachhaltige Holzproduktion und den Tourismus. Für viele Organismen sind Bäume und Wälder unverzichtbare Lebensräume, sie bilden damit eine Säule der Biodiversität und sind in allen ihren Lebensphasen wertvoll.
Die Österreichische Baumkonvention wurde von der Plattform „Zukunft mit Bäumen – Bäume mit Zukunft“ verfasst, die bereits 2017 von Karin Büchl-Krammerstätter, Leiterin der Wiener Umweltschutzabteilung, initiiert wurde und der inzwischen mehr als 50 Institutionen und Persönlichkeiten angehören.
„Sicherheitsschnitte“ gefährden Bäume
Anlass für die Gründung der Plattform waren die immer häufiger durchgeführten massiven „Sicherheitsschnitte“ und Fällungen entlang öffentlich zugänglicher Waldbestände und an Einzelbäumen, die oft durchgeführt werden, um die Baumbesitzerinnen und -besitzer vor möglichen Haftungsfolgen rechtlich abzusichern. Aus schmalen Waldwegen oder Forststraßen entstanden so durch massive Baumfällungen breite Schneisen, alte Bäume verschwinden zunehmend aus Parks, Alleen und Siedlungen oder überleben nur stark zurückgestutzt.
Ausgangspunkt für die Plattform war eine Projektstudie zu umweltrechtlichen Haftungsfragen, die 2016 von der Wiener Umweltschutzabteilung (MA 22) gemeinsam mit den Dienststellen der Stadt Wien, in deren Verantwortung die Wald- und Baumpflege liegt, sowie der Wiener Umweltanwaltschaft bei der Johannes-Kepler-Universität Linz in Auftrag gegeben worden war. Die Autorinnen und Autoren belegten darin, dass die derzeitige Gesetzeslage in Bezug auf Baumhaftung in Österreich zu einer uneinheitlichen Judikatur führt und somit die Verantwortlichkeit und Haftung von Baum- und Waldbesitzerinnen und -besitzern immer weiter ausgedehnt wird.
Eine im November 2019 präsentierte Studie des Umweltbundesamtes bestätigte: Theoretisch wäre fast ein Viertel aller Waldflächen Österreichs von derartigen "Sicherungsschnitten" bedroht. Insgesamt sind es 959.029 Hektar - das sind 24,1 Prozent aller bundesweiten Waldstücke. Das Umweltbundesamt hatte für diese Studie im Auftrag der Stadt Wien - Umweltschutz sämtliche Verkehrswege Österreichs - von Autobahnen und Schnellstraßen über Landstraßen bis hin zu Forststraßen und Wanderwegen - analysiert.
Verhältnismäßigkeit ist das oberste Gebot
In der Österreichischen Baumkonvention wird nun unter anderem bekräftigt: „Bei der Durchführung von Pflegemaßnahmen ist Baumschonung das oberste Gebot. Gleichzeitig ist auf die Zumutbarkeit für Baumverantwortliche und die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen zu achten. Bäume sind natürlich gewachsene Organismen und daher hinsichtlich der Einschätzung von Risiken nicht mit einem Bauwerk gleichzusetzen. Wichtig ist, Bäume im Zusammenhang mit ihrem Standort und den dort gegebenen Sicherheitserwartungen differenziert zu betrachten und Maßnahmen der Kontrolle, Pflege und Information darauf abzustimmen. Vorsorgliche Fällungen und drastische Rückschnitte aus Angst vor Haftungsfolgen sind weder wirtschaftlich noch für Menschen und Umwelt nützlich. Anzustreben ist daher auch eine Weiterentwicklung der dafür maßgeblichen rechtlichen Grundlagen, nicht zuletzt um mehr Rechtssicherheit herzustellen. Das Verständnis, die Alltagskompetenz und die Eigenverantwortung der Bevölkerung im Umgang mit Bäumen ist durch entsprechende Bewusstseinsbildung zu stärken.“
Durch die Unterzeichnung der Österreichischen Baumkonvention sollen auch die zahlreichen Initiativen und Schulterschlüsse unterstützt und bestärkt werden, die in jüngster Zeit für einen besseren, umfassenden Schutz der Baumbestände und entsprechende rechtliche Klarstellungen gestartet wurden. So wurde beispielsweise im Justizministerium eine Arbeitsgruppe gebildet, die entsprechende Passagen im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) überarbeiten und damit Haftungsfragen eindeutig klären soll, insbesondere soll damit auch klarbestellt werden, dass man für Bäume als Naturgebilde nicht denselben Haftungsmaßstab anlegen kann, wie für Gebäude.
28 Bürgermeister*innen haben unterzeichnet
Folgende Städte unterstützen die Initiative (Stand 9.7.2021): Attnang-Puchheim; Braunau am Inn; Bregenz; Feldkirch; Feldkirchen a. d. Donau; Gramatneusiedl; Graz; Hallein; Horn; Innsbruck; Judenburg; Kapfenberg; Knittelfeld; Leibnitz; Leoben; Maria Enzersdorf; Mödling; Neumarkt am Wallersee; Pasching; Perchtoldsdorf; Salzburg; Schwechat; Steyr; Traisen; Traismauer; Trofaiach; Wels; Wr. Neustadt.
Quelle: Stadt Wien