Wien: Städtebund - Dynamische Sozialausgaben belasten Städte stark
Forderung nach Entlastung und Reformen
Das KDZ – Zentrum für Verwaltungsforschung hat im Auftrag des Österreichischen Städtebundes einen aktuellen Überblick zu Grundlagen und Finanzierung von Pflege und Sozialhilfe erstellt. [1] Für Städte und Gemeinden zeigt sich eine hohe Dynamik der Sozialhilfeumlagen und das Problem, dass sie die Aufgabenbereiche beträchtlich mitfinanzieren, jedoch gleichzeitig keine entsprechenden Mitbestimmungsrechte haben.
19% Ausgabensteigerung von 2017 bis 2021 im Sozialhilfebereich
Im Jahr 2021 wurden insgesamt 19,8 Mrd. Euro von Bund, insbesondere jedoch von Ländern und Gemeinden für den Sozialhilfebereich ausgegeben. 2017 betrugen die Gesamtausgaben der drei Gebietskörperschaften noch 16,9 Mrd. Euro. Von 2017 bis 2021 betrug der Ausgabenzuwachs also rund 19 Prozent. Die Ausgaben der Städte und Gemeinden im Sozialbereich beliefen sich 2021 auf 2.746 Mio. Euro bzw. 11,4 Prozent des Gemeindebudgets (ohne Wien). Mit 1.831 Mio. Euro entfiel der Großteil der Ausgaben auf die Sozialhilfeumlagen.
Städte mit besonders hohen Sozialausgaben belastet
Betrachtet man die Sozialausgaben nach Einwohner*innenklassen, zeigt sich, dass diese mit der Anzahl der Bewohner*innen deutlich ansteigen, ein Grund dafür ist, dass die Städte pro Kopf mehr an Sozialhilfeumlage entrichten müssen.
Betrachtet man die von den Kommunen finanzierte Sozialhilfeumlage, die sie an die Länder abführen müssen [2] und die bis zu 50 Prozent der gesamten Sozialhilfe des jeweiligen Bundeslandes beträgt, im Detail, zeigt sich in den letzten zehn Jahren eine Steigerung von 47 Prozent bei den Ausgabensteigerungen auf Gemeindeebene. Die Ertragsanteile der Gemeinden nahmen im selben Zeitraum nur um 36 Prozent zu. Obwohl die Anzahl an Bezieher*innen der Sozialhilfe abnimmt, steigen die pro-Kopf-Ausgaben stetig. Dies trifft größere Städte stärker, da die Armutsgefährdung in größeren Städten stärker ausgeprägt ist als in ruralen Gebieten.
Pflegedienstleistungen: Finanzierungslast verschiebt sich von Bund hin zu Ländern, Städten und Gemeinden
Vergleicht man die unterschiedlichen Ausgabengrößen im Pflegebereich, so zeigen sich unterschiedliche Dynamiken bei den Gebietskörperschaften. Das Pflegegeld (Finanzierung zum Großteil durch den Bund) stieg im Zeitraum von 2013 bis 2021 um 11 Prozent. Dem gegenüber kam es bei den Pflegedienstleistungen, welche von Ländern und Gemeinden gemeinsam getragen werden, zu einer Steigerung um 60 Prozent.
Die mangelnden jährlichen Anpassungen des Pflegegeldes an die Preisentwicklungen bis zum Jahr 2020 haben dazu geführt, dass es zu Verschiebungen der Finanzierungslast vom Bund zu den Ländern und Gemeinden gekommen ist, da ein immer größerer Anteil der Pflegeausgaben über die Sozialhilfe abgedeckt werden muss. Die Abschaffung des Pflegeregresses im Jahr 2018 verstärkte die Dynamik im Pflegedienstleistungsbereich weiter. Der Pflegefonds sollte diese Ausgabendynamik bremsen - ein Effekt, der sich jedoch in zu geringem Ausmaß zeigte.
Städtebund fordert Entlastung der Gemeindeebene
„Die Reformbedarfe im Pflegebereich sind vielfältig. Angesichts der demografischen Entwicklung gilt es, die Finanzierung der Pflege langfristig abzusichern und die Versorgungsqualität durch entsprechende Rahmenbedingungen zu gewährleisten. Mit der aktuell geplanten ‚Zielsteuerung Pflege‘ könnte hier ein wichtiger Rahmen für Zielsetzungen gesetzt und die Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern, Städten und Gemeinden verbessert werden“, schließt Thomas Weninger, Generalsekretär des Österreichischen Städtebundes.
Der Österreichische Städtebund erhebt im Hinblick auf die gestarteten Finanzausgleichsverhandlungen u.a. nachfolgende Forderungen:
Reform der Pflegefinanzierung und Absicherung der langfristigen Finanzierbarkeit des Pflegebereiches, beispielsweise durch mehr Mittel in der vertikalen Mittelverteilung Erhöhen des Verbindlichkeitsgrades des Kostendämpfungspfades bei den Ko-Finanzierungsverpflichtungen der Gemeinden Durchführen von Reformen im Transfer- und Aufgabenbereich, um eine insgesamt effizientere und effektivere Pflege zu realisieren Einbeziehung der Kommunen in die geplante „Zielsteuerung Pflege“ Absicherung der laufenden Finanzierung von derzeit befristet finanzierten Maßnahmen und Projekten (bspw. Community Nurses, Entgelterhöhungszweckzuschussgesetz)
Das vollständige Fact-Sheet „Soziales und Pflege“ finden Sie auf der Website des Österreichischen Städtebundes unter folgendem Link: https://www.staedtebund.gv.at/services/publikationen/studien-oestb/studien-im-auftrag-des-oesterreichischen-staedtebundes-details/?tx_ttnews%5Btt_news%5D=122891&cHash=ba9675634fb67638315e641dbd2b603f
[1] Auch ein Gutteil der Pflegedienstleistungen wird über die Sozialhilfe finanziert, wenn sich Menschen zB. die Pflege nicht leisten können, springt die Sozialhilfe ein.
[2] Oder ihnen von diesen bereits abgezogen wird.
Quelle: Stadt Wien