Wien: Städtebund - KDZ-Gemeindefinanzbericht 2021 empfiehlt Reformen
Das zweite Gemeindepaket hat Städten und Gemeinden eine wichtige Verschnaufpause verschafft, doch die wirklichen Herausforderungen stehen erst bevor und können nur durch mittelfristige Reformen bewältigt werden.
Das ist das wichtigste Fazit des nun vorliegenden Berichts „Österreichische Gemeindefinanzen 2021 – Entwicklungen 2009 bis 2022“, das das KDZ- Zentrum für Verwaltungsforschung im Auftrag des Österreichischen Städtebundes erarbeitet hat. Der aktuelle KDZ-Gemeindefinanzbericht, der mittlerweile ein Standardwerk für den kommunalen Bereich geworden ist, steht selbstverständlich im Zeichen der Auswirkungen der Corona-Krise.
Gute Ausgangsbasis für Gemeindefinanzkrise
Zunächst zeigt sich im Bericht, dass sich die österreichischen Gemeindefinanzen bis 2019 – nicht zuletzt aufgrund der guten Wirtschaftslage – positiv entwickelt haben. Investitionen erreichten vor allem im Zeitraum 2017 bis 2019 einen neuen Höchstwert. Rücklagen konnten aufgebaut werden. Die Verschuldung konnte weitgehend konstant gehalten werden.
Die Gemeinden haben trotz überdurchschnittlicher Steigerungen im Umlagenbereich eine gute Ausgangslage für die nun bestehende Gemeindefinanzkrise geschaffen. Dies gelang teils durch Einsparungen, teils wurde verstärkt auf andere Einnahmequellen – wie insbesondere höhere Deckungsbeiträge bei Gebühren und Leistungsentgelten – zurückgegriffen. Dieser Trend wird sich nun noch deutlich verstärken müssen.
Wirtschaftskrise 2008/2009 dämpfte kommunale Investitionen nachhaltig
Die kommunalen Investitionen brachen in Folge der Wirtschaftskrise 2008/2009 deutlich ein und erholten sich erst mit deutlicher Verzögerung wieder. Wichtiger Grund dafür ist, dass damals keine eigenen Investitionsprogramme für Gemeinden aufgelegt wurden. Unter Berücksichtigung des Baukostenindex haben die Investitionen erst im Jahr 2017 wieder das Vor-Krisen-Investitionsniveau erreicht. In den Jahren 2017 bis 2019 wurden kommunale Investitionen angekurbelt – etwa durch das kommunale Investitionsprogramm 2017 (KIP I.) oder die Ausbauprogramme in den Bereichen Ganztagsschulen und Pflichtschulen. Dies zeigt die hohe Bedeutung von Investitionsprogrammen gut auf.
Fehlende mittelfristige Ausrichtung bei den Gemeindepaketen des Bundes
Inzwischen wurden zwei Gemeindepakete geschnürt: Mitte 2020 wurde das kommunale Investitionspaket mit 1 Mrd. Euro fixiert, mit Jänner 2021 folgte ein zweites Gemeindepaket auf Bundesebene in der Höhe von 1,5 Mrd. Euro für das Jahr 2021. Diese Gemeindepakete dämpfen zwar den Einbruch der kommunalen Investitionen, stellen aber noch keine mittelfristig nachhaltige Lösung dar.
Die Lehren aus der Finanzkrise 2008/2009 zeigen, dass Gemeindeinvestitionen sensibel auf wirtschaftliche Einbrüche reagieren und es – ohne entsprechender Gegensteuerungsmaßnahmen – Jahre dauern kann, bis wieder an das Vorkrisenniveau angeschlossen wird. Das KDZ empfiehlt daher eine Verlängerung und Aufstockung des kommunalen Investitionsprogrammes (KIP 2) inkl. stärkerer Schwerpunktsetzungen Richtung Klimaschutz und Demografie.
Da das zweite Gemeindepaket zu zwei Dritteln auf Vorschüssen auf künftige Ertragsanteile basiert, ist es als Darlehen des Bundes an die Gemeinden zu werten. Der Betrag muss daher in den Folgejahren wieder zurückgezahlt werden. Dies führt dazu, dass die Ertragsanteile in den nächsten Jahren in nur geringem Ausmaß (zwischen 1 und 2 Prozent p.a.) ansteigen werden, möglicherweise kann damit die Inflation nicht abgedeckt werden. Mittelfristig erfordert dies ein hartes Konsolidierungsprogramm für die Gemeinden. Leistungskürzungen wären damit verbunden.
KDZ empfiehlt breites Maßnahmenbündel und mittelfristige Reformen
Die jetzigen beiden Gemeindepakete allein reichen nicht aus, um die Gemeinden mittelfristig aus der Krise zu bringen. Das KDZ empfiehlt dazu ein Maßnahmenbündel, das von Bund, Ländern und Gemeinden getragen wird. Neben den finanziellen Hilfen des Bundes braucht es auch grundlegende Reformen wie etwa bei den Gemeindestrukturen, eine Pflegereform etc. Auch der Europäische Aufbauplan sollte für kommunale Projekte bestmöglich genutzt werden. Angesichts der Krise werden aber auch die Gemeinden einen wesentlichen Beitrag leisten müssen.
Wichtig ist daher nun, die Verschnaufpause durch das zweite Gemeindepaket zu nutzen und ab jetzt an Reformen zu arbeiten, um die Gemeindefinanzen mittelfristig abzusichern. Dazu gehören auch längst fällige Reformen wie die Entflechtung der Transferzahlungen zwischen Ländern und Gemeinden und ein aufgabenorientierter Finanzausgleich und Stärkung der Abgabenautonomie. Davon wird auch abhängen, ob die Gemeinden ihren Beitrag zur Bewältigung der Wirtschaftskrise leisten werden können oder nicht.
Gemeindefinanzbericht zum Download: https://www.staedtebund.gv.at/fileadmin/USERDATA/themenfelder/finanzen/Stadtdialog_Gemeindefinanzen_2021.pdf
Mehr unter: www.kdz.or.at sowie www.staedtebund.gv.at
Quelle: Stadt Wien