Wien: Städtebund/KDZ - Massive Liquiditätsprobleme der Gemeinden 2023
KDZ und Städtebund präsentierten Gemeindefinanzprognose
2023 wird für die Städte und Gemeinden erneut finanziell stark herausfordernd. Ohne Stützung der Liquidität der Gemeinden durch Bund und Länder wird es zu einem markanten Anstieg der Abgangsgemeinden kommen. Mit dem kommunalen Investitionsprogramm 2023 wird ein erster Schritt zur Stützung der kommunalen Investitionen geleistet.
2023 ähnliche Liquiditätsprobleme wie im Krisenjahr 2020
Das KDZ – Zentrum für Verwaltungsforschung hat im Auftrag des Österreichischen Städtebundes eine Prognose in zwei Varianten zur Entwicklung der Gemeindefinanzen bis zum Jahr 2026 erstellt. Bei Berücksichtigung der aktuellen Inflationsentwicklung und der Ertragsanteilsprognose des Bundes ist für 2023 mit einem deutlichen Einbruch der Liquidität der Städte und Gemeinden zu rechnen, welche sich bis 2026 nur teilweise erholen wird. Kostenintensive Bereiche, die laufend Budgetmittel benötigen sind vor allem Kindergärten und Schulen, die Öffis und Kultureinrichtungen.
„Der Überschuss der operativen Gebarung (Öffentliche Sparquote - ÖSQ) wird mittelfristig statt der erforderlichen 15 Prozent höchstens 10 Prozent sein. Somit fehlt ein Drittel des Spielraums für Investitionen“, zeigt KDZ-Geschäftsführer Peter Biwald einen kritischen Entwicklungspfad auf. Die ÖSQ zeigt an, inwieweit Überschüsse in der operativen Gebarung erwirtschaftet werden können, um diese v.a. in kommunale Infrastruktur zu investieren.
Steigende Energiepreise und stagnierende Ertragsanteile
2023 werden die Ausgaben doppelt so stark steigen wie die Einnahmen, wodurch die ohnehin schon angeschlagene Finanzierung der kommunalen Daseinsvorsorge zusätzlich unter Druck kommt.
Ein wesentlicher Grund hierfür sind die stark steigenden Energiepreise. 2020 lag der Anteil der Energiekosten am Verwaltungs- und Betriebsaufwand der Gemeinden bei 47 Prozent. Bei einer angenommenen Verdreifachung der Energiepreise binnen zwei Jahren steigt der Anteil auf 70 Prozent.
Gleichzeitig werden die Ertragsanteile, welche knapp 40 Prozent der Einnahmen der Gemeinden ausmachen, 2023 mit voraussichtlich 1,1 Prozent nur geringfügig ansteigen, während inflationsbedingt die Ausgaben kräftig um bis zu 8,5 Prozent steigen. Gründe für die schwache Entwicklung der Ertragsanteile liegen in steuerrechtlichen Maßnahmen des Bundes wie etwa die Abschaffung der kalten Progression, die Teuerungs-Entlastungspakete und der ökosozialen Steuerreform.
Dies wird noch verschärft, da die Ko-Finanzierungsleistungen der Gemeinden in den Bereichen Gesundheit und Soziales ebenfalls sehr hohe Steigerungsraten aufweisen und daher die finanziellen Spielräume der Gemeinden für die kommunale Daseinsvorsorge zunehmend sinken. Steigende Zinszahlungen kommen ebenfalls hinzu.
Einschätzung zum Kommunalen Investitionsprogramm
Vom Bund wurde ein Kommunales Investitionsprogramm (KIP) für die Jahre 2023 und 2024 mit einem Volumen von 1 Mrd. Euro angekündigt. Die Hälfte der Mittel kann ausschließlich für Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz und des Ausbaus erneuerbarer Energien verwendet werden, die andere Hälfte für kommunale Infrastrukturen. „Allerdings müssen Städte und Gemeinden 50 Prozent Eigenmittel aufbringen; Mittel die sie nicht haben“, verweist Städtebund-Generalsekretär Thomas Weninger wiederholt auf die Herausforderungen für die Kommunen.
Betrachtet man das KIP 2020 wurden nur 5,4% des Förderprogrammes für Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz i.e.S. genutzt. Unter der Annahme, dass rund 20% der Investitionen in Kindertagesheime, Schulen und andere kommunale Gebäude zur Steigerung der Energieeffizienz dienen, erhöht sich der Anteil auf rund 12%.
„Städte und Gemeinden müssen ihre Anstrengungen zur Steigerung der Energieeffizienz daher verfünffachen. Inwieweit ihnen dies angesichts der fehlenden Liquidität, den langen Planungsvorläufen und den schwierigen Lieferketten gelingen wird, ist jedoch fraglich“, führt KDZ-Finanzexpertin Karoline Mitterer aus.
Kurzfristig Liquidität, mittelfristig Reformen
Städte und Gemeinden tragen im Rahmen der kommunalen Daseinsvorsorge wesentlich zur Lebensqualität der Bürger*innen bei. Insbesondere Kinderbetreuung, Ganztagsschulen, Soziales, Gesundheit und öffentlicher Verkehr weisen eine sehr hohe Dynamik auf, welche im aktuellen Finanzausgleich jedoch nur unzureichend berücksichtigt ist. Die Finanzierung des laufenden Betriebes dieser Bereiche ist damit zunehmend in Gefahr, die Krise zeigt das Problem besonders deutlich.
„Um die kommunale Daseinsvorsorge abzusichern, braucht es kurzfristig Maßnahmen zur Stützung der Liquidität von Seiten des Bundes. Mittelfristig braucht es eine Verschiebung von Mitteln im Rahmen des vertikalen Finanzausgleichs zugunsten von Ländern und Gemeinden. Und wir brauchen mehr Personal, das finanziert wird. Denn nur mit mehr Personal, dessen langfristige Finanzierung gesichert ist, können wir den Aufgaben der Daseinsvorsorge nachkommen. Das Personal in den Städten ist unsere wichtigste Ressource “, betont Städtebund-Generalsekretär Thomas Weninger abschließend.
Quelle: Stadt Wien