Wien: Städtebund - Mobilitätswende gelingt nur mit Städten, „verkehrsberuhigte City“ umsetzen
Grazer Vizebürgermeisterin Judith Schwentner neue Stellvertreterin des Verkehrsausschusses des Städtebundes
Die Expert*innen des Österreichischen Städtebundes im Bereich Verkehr haben heute, Mittwoch, 5. Oktober 2022 und gestern, 4. Oktober 2022 in Klagenfurt getagt und sich zu folgenden Themen beraten: langfristige Finanzierung des öffentlichen Verkehrs, die aktuelle Novelle der Straßenverkehrsordnung und zu Möglichkeiten für eine automatisierte Kontrolle von städtischen Verkehrsberuhigungsmaßnahmen.Der Verkehrsausschuss des Städtebundes betont, dass die angepeilte Mobilitätswende in Österreich nur gelingen kann, wenn die Städte „an Board“ sind. Dafür brauchen die Städte aber vor allem finanzielle Unterstützung für die Umrüstung ihrer Verkehrsflotte (Busse, Straßenbahnen, etc.) und für den Ausbau der Öffis in ihren Städten. Insbesondere gilt es, den Städten langfristig finanzielle Ressourcen zur Verfügung zu stellen, damit der Öffi-Ausbau und die Umrüstung abgesichert werden können – vor allem auch angesichts der aktuellen Teuerungen, die sich auf Baukosten, Personal, Treibstoffe, etc. niederschlagen; denn „die derzeitige Struktur der ÖV-Finanzierung ist dazu nicht geeignet“, hält Städtebund-Generalsekretär Thomas Weninger fest. Nach einer aktuellen Erhebung des Städtebundes sind allein in den Landeshauptstädten Wien, Graz, Salzburg, Linz, Klagenfurt und Innsbruck für saubere Fahrzeuge und Infrastrukturen bis zum Jahr 2030 mit 210 bis 250 Mio. Euro mehr zu rechnen; 90 Millionen Euro kommen allein für Ladeinfrastruktur dazu. „Bei diesen Zahlen sind Angebotsausweitungen im Öffentlichen Verkehr noch gar nicht inkludiert, die wir brauchen werden, wenn die heutigen Autofahrer*innen auf Öffis in den Stadtregionen umsteigen sollen“, so Weninger.
Gastgeberin Stadträtin Sandra Wassermann aus Klagenfurt ergänzt: „Es braucht gerade für Städte, die wie Klagenfurt den Sprung in Richtung ÖV-Ausbau wagen, eine Perspektive, wie sie diese Anstrengung finanziell bewältigen können. Wir brauchen dringend ein gewisses Maß an Planbarkeit. Die derzeitige ÖV-Finanzierung muss auf nachhaltig stabile Beine gestellt und mit ausreichenden finanziellen Mitteln und Anreizen für die Städte versehen werden. Nur dann kann gewährleistet werden, dass Städte sich drüber trauen, ihr ÖV-Angebot maßgeblich auszubauen und als „Gamechanger“ der Mobilitätswende auftreten zu können.“
Harald Ludwig bleibt Vorsitzender, Judith Schwentner neue Vize
Heute wurde die Grazer Vizebürgermeisterin und Verkehrsstadträtin, Judith Schwentner zur stellvertretenden Vorsitzenden des Verkehrsausschusses des Österreichischen Städtebundes gewählt. Schwenter zur Verkehrspolitik in Graz: „Sicherheit von Fußgänger*innen und Radfahrer*innen steht in meiner Verkehrspolitik für Graz an oberster Stelle. Für ein gutes Klima auf der Straße ist daher die Neuordnung des Verkehrs eines meiner wichtigsten Ziele als Verkehrsreferentin: Fußgänger*innen vor Radfahrer*innen vor dem Öffentlichen Verkehr und dem Motorisierten Individualverkehr. Mit der ersten Fußgänger*innenbeauftragten, die seit Sommer im Einsatz ist, und dem Ausbau der Radinfrastruktur im Zuge der Radoffensive 2030 sind wir hier bereits auf einem guten Weg. Um dem Ruf von Graz als Fahrradstadt gerecht zu bleiben, werden in den nächsten Jahren gemeinsam mit dem Land Steiermark umfassende Projekte realisiert. Das beginnt mit neuen Planungsgrundsätzen und einer Wertehaltung, die die aktive Mobilität klar bevorzugt. In den kommenden Jahren werden wir eine neue Mobilitätsstrategie präsentieren und die Infrastruktur sowie Services für den Fuß- und Radverkehr weiter ausbauen. Unterstützend wirkt natürlich die aktuelle 33. StVO Novelle. Im Rahmen der Mobilitätswende verteilen wir auch den öffentlichen Raum neu und attraktivieren ihn durch die Schaffung von Verweilzonen und Grünräumen“. Der St. Pöltner Vizebürgermeister Harald Ludwig bleibt weiter Vorsitzender des Fachausschusses und freut sich über Unterstützung aus der zweitgrößten Stadt Österreichs bei der Aufgabe, den Anliegen der Städte auf Bundesebene Gehör zu verschaffen. Dazu Harald Ludwig: „Wenn die Städte und Kommunen nicht in die Lage versetzt werden, verstärkt in den Umweltverbund zu investieren, werden die Klimaziele nicht erreicht werden.“Die Verkehrsexpert*innen befassten sich auch mit der praktischen Umsetzung der 33. StVO-Novelle, die u.a. die Verordnung von Fahrradstraßen vereinfacht; der Städtebund rechnet damit, dass viele Mitglieder neue Fahrradstraßen ausweisen und bestehende Fahrradstraßen ausdehnen werden. Die neue StVO bietet auch die Rechtsgrundlage für Schulstraßen. Das komme laut Österreichischem Städtebund dem Umweltverbund zugute, steigere die Verkehrssicherheit und aktiviert zusätzlich die umweltfreundliche Mobilität der jüngsten Verkehrsteilnehmer*innen und deren Eltern in den Städten. Bei der konkreten Umsetzung sind jedoch noch einige Fragen offen, denen sich die Städte im gegenseitigen Austausch nähern wollen.Der Verkehrsausschuss ersucht anlässlich der Präsentation des entsprechenden Rechtsgutachtens von Univ. Prof. Dr. Nikolaus Forgó auch Frau Ministerin Leonore Gewessler, automatisierte Ein- und Zufahrtskontrollen in bzw. durch verkehrsberuhigte Bereiche nach italienischem Vorbild zu ermöglichen. „Wir setzen große Hoffnungen darauf, dass Ministerin Gewessler hier einen Durchbruch zugunsten der schwächeren Verkehrsteilnehmer*innen wagt“, betont Städtebund-Generalsekretär Thomas Weninger, der darauf verweist, dass ca. ein Dutzend österreichische Städte aktives Interesse an einer derartigen Regelung gezeigt haben. Zuletzt haben sich die Landesverkehrsreferent*innen dieser Forderung angeschlossen.
Über den Österreichischen Städtebund
Der Österreichische Städtebund ist die Interessenvertretung und eine starke Stimme für Städte und größere Gemeinden in Österreich. Aktuell sind es 259 Mitgliedsgemeinden. 5,5 Millionen Menschen leben in Österreich in Städten. Auch 71 Prozent der Arbeitsplätze befinden sich in Städten.
Quelle: Stadt Wien