Wien: Städtebund kritisiert Klimabonus
Berechnung benachteiligt Städter*innen und behindert Mobilitätswende
Die Klimabonusverteilung benachteiligt Städter*innen deutlich und bindet 1,4 Mrd. Euro pro Jahr. Dazu Städtebund-Generalsekretär Thomas Weninger – auch aufgrund aktueller Medienberichte: „Städterinnen und Städter werden beim Klimabonus massiv benachteiligt. Wir orten sogar eine Gleichheitswidrigkeit des Gesetzes aufgrund von Unsachlichkeit.“
Der derzeitige Klimabonus benachteiligt jene, die in der Stadt wohnen und ein dichtes Öffi-Netz haben. „Diese Methode versteht niemand. Warum werden jene benachteiligt, die in Städten wohnen, klimafreundlich unterwegs sind und darüber hinaus höhere Ausgaben fürs Wohnen zu bewältigen haben“, fragt Weninger.
Aber es reichte der Bundesregierung offenbar nicht, Personen mit guter ÖV-Anbindung zu benachteiligen (die ÖV-Qualität wird über die „ÖV-Güteklasse“ adressgenau ausgewiesen). Es sollten gezielt Städter*innen benachteiligt werden. Daher wurde über eine Kategorisierung nach der Urban-Rural-Typologie der Statistik Austria (diese klassifiziert Gemeinden nach ländlich und städtisch) zusätzlich noch ein Faktor eingeführt, der insbesondere die Bewohner*innen der Wiener Innenstadtbezirke um 145 Euro und die Bewohner*innen der übrigen Landeshauptstädte und der anderen Wiener Bezirke um 96 Euro gegenüber der höchsten Kategorie (Kategorie 4: 100 Prozent des Sockelbetrages von 145 Euro) benachteiligt.
Gerade hier sieht der Städtebund die unsachliche Ungleichbehandlung: hätte man jenen mit schlechter ÖV-Erschließung tatsächlich mehr Klimabonus gewähren wollen, wäre dies über die ÖV-Güteklasse nach gleichen Regeln für alle möglich gewesen. Nun werden aber zusätzlich über eine Gewichtung gemäß der Urban-Rural-Typologie genau jene finanziell benachteiligt, die über die Wahl ihres Wohnstandorts per se schon klimafreundlicher unterwegs sind und zudem höhere Kosten für das Wohnen zu begleichen haben.
„Da hätte man für alle Postleitzahlen abseits von regionalen Zentren gleich Tankgutscheine verteilen können. Der Klimabonus ist jedenfalls weder ökologisch, noch sozial gerecht und zudem unsachlich“, so Städtebund-Generalsekretär Thomas Weninger.
Selbst der Budgetdienst des Österreichischen Parlaments betonte, dass der regionale Zuschlag in Regionen mit schlechterer Anbindung an den öffentlichen Verkehr höher sei als die durchschnittliche Mehrbelastung (aufgrund von höheren Treibstoffausgaben). Bei dieser Betrachtung des Budgetdiensts wurden die höheren Ausgaben für das Wohnen in den Städten noch nicht einmal in die Bewertung einbezogen.
Und Weninger weiter: „Die Geschäftsleitung des Österreichischen Städtebundes – bestehend aus den Bürgermeister*innen aller im Parlament vertretenen Fraktionen - hat die Bundesregierung bereits im Frühjahr 2023 aufgefordert, den Klimabonus zu evaluieren und gegebenenfalls zu adaptieren. Bislang sind dazu keine Aktivitäten erfolgt. Daher ist dies auch eine der zentralen Forderungen des Österreichischen Städtebundes an die nächste Bundesregierung im Verkehrsbereich.“
Weninger weist auf das fehlende Geld für den ÖV-Ausbau (Flottenerneuerung, Angebots- und Kapazitätsausweitung) hin: „Mit dem Klimabonus fördert die Bundesregierung über die Einnahmen aus der CO2-Abgabe autoaffines Mobilitätsverhalten im ländlichen Raum mit 1,4 Mrd. Euro pro Jahr, während in den Städten und Stadtregionen ca. 1 Mrd. Euro pro Jahr für den Öffi-Ausbau fehlen, um die Klimaziele zu erreichen.“
So erfordert der Mobilitätsmasterplan des Bundes, die zurückgelegten Personenkilometer im ÖPNV bis 2040 um die Hälfte des derzeitigen Niveaus auf 40 Prozent anzuheben, um die Klimaziele im Verkehrsbereich zu erreichen.
Allerdings stehen die Städte derzeit aufgrund steigender Fahrgastzahlen (Klimaticket) und bundesrechtlicher Erfordernisse zur Umrüstung ihrer Fuhrparks derzeit dermaßen unter Druck, dass die erforderlichen ÖV-Infrastrukturinvestitionen hintangestellt werden, um den laufenden Betrieb decken zu können. Im städtischen ÖV wachsen derzeit die Ausgaben doppelt so schnell wie die Einnahmen, wie eine Erhebung des KDZ - Zentrum für Verwaltungsforschung vom Juni 2023 belegt.
„Aber der Bund stellt die erforderlichen Budgets für den massiven Ausbau des städtischen Nahverkehrs nicht zur Verfügung. Ein Teil der CO2-Abgabe, die heute den Klimabonus speist, sollte jedenfalls künftig auch für den Ausbau des Umweltverbundes (Öffis, Rad, Fußverkehr) verwendet werden,“ so Städtebund-Generalsekretär Thomas Weninger.
Weninger betont weiter: „Wenn die Finanzierung der Mobilitätswende heute nicht gesichert ist, wird Österreich morgen die Klimaziele verfehlen – und das, obwohl wir eine CO2-Abgabe eingeführt haben.“
Abschließend sagt Städtebund-Generalsekretär Thomas Weninger: „Eine neue Bundesregierung muss den Klimabonus neu aufstellen – mit sozialer und ökologischer Treffsicherheit und sich auch darüber Gedanken machen, ob ein Teil der Einnahmen nicht für die Mobilitätswende verwendet werden sollte.“ Zudem würde der Ausbau des Umweltverbundes (Öffis, Rad- und Fußverkehr) besonders Pendler*innen und sozial schwachen Gruppen zugutekommen.
Hier die gesamte Stellungnahme des Österreichischen Städtebundes zum Klimabonusgesetz aus 2021:
www.staedtebund.gv.at/fileadmin/USERDATA/stellungnahmen/dokumente/2022_STN_Steuerreformgesetz.pdf
Hier die Vorschläge des Österreichischen Städtebundes zur Finanzierung der Mobilitätswende:
www.staedtebund.gv.at/themen/mobilitaet/
Hier die Städtebund-Forderungen an eine neue Bundesregierung:
www.staedtebund.gv.at/ePaper/forderungen_2024/#p=1
Quelle: Stadt Wien