Wien: Straße in Wien-Döbling nach Rudolf Gelbard benannt
Eine Gasse beim Karl-Marx-Hof in Döbling – zwischen 12.-Februar-Platz, Heiligenstädter Straße und Boschstraße – wird künftig an den Holocaustüberlebenden, Zeitzeugen und Antifaschisten Rudolf Gelbard erinnern. Wiens Bürgermeister Michael Ludwig hat die Enthüllung der Straßenbenennungstafel heute, Donnerstag, im Rahmen einer feierlichen Zeremonie persönlich vorgenommen. Zahlreiche Ehrengäste, darunter Gelbards Witwe Ingeborg und Wiens Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler, waren dabei anwesend.
In seiner Rede hob Bürgermeister Ludwig den „wachen Geist“ Gelbards hervor: „Wann immer uns ein Zeitzeuge des Holocaust verlässt, wird unsere Gesellschaft ärmer. Deshalb ist es unsere Pflicht ihr schwieriges Erbe anzutreten und Verantwortung für unser tägliches Handeln in der Gesellschaft zu übernehmen“, sagte Ludwig über den Einsatz Gelbards. „Die Benennung eines Wiener Straßenzugs nach ihm, ist diesbezüglich ein erster kleiner – wenngleich nicht nur symbolischer – Schritt, in eine Welt von mehr Gerechtigkeit, Respekt und gegenseitiger Akzeptanz“, begründete der Wiener Bürgermeister die Entscheidung. Ludwig führte weiter aus, dass „Gelbard als aktiver Zeitzeuge seine Erfahrungen und sein Wissen an Schulen in ganz Österreich vermittelt hat. Unser Wegbegleiter und Freund Rudi hat als unermüdlicher Mahner wider das Vergessen Unschätzbares für die so wichtige Erinnerungskultur geleistet.“
Stimme gegen Rassismus
Bürgermeister Ludwig erinnerte daran, dass Gelbard ein „glühender Antifaschist war, der sich bis zuletzt – trotz seines Alters und seiner Krankheit – niemals schonte.“ Bis zuletzt habe sich der Wiener in politische Debatten eingebracht und seine Stimme gegen Rassismus, Antisemitismus und Rechtsextremismus erhoben. Seine Aufrichtigkeit, seine Kraft und seine Deutlichkeit werden ebenso fehlen, wie seine Herzlichkeit und Liebenswürdigkeit, so Ludwig weiter. Der Wiener Bürgermeister mahnte am Schluss seiner Rede, dass wir heute erneut in einem Zeitalter von Krisen leben, die mit zentrifugalen Kräften die Gesellschaft entzweien. „Wir müssen die Unsicherheiten und Ängste der Menschen ernst nehmen. Für die Aufgabe, Vertrauen zu schaffen oder es zurückzugewinnen, braucht es zu jeder Zeit ganz besondere, verständnisvolle und kluge Vermittler. Vermittler nach dem Vorbild und im Format von Rudolf Gelbard“, schloss Ludwig.
Zur Person
Rudolf Gelbard wurde am 4. Dezember 1930 in Wien geboren und wuchs in der Leopoldstadt auf. Aufgrund der jüdischen Abstammung wurde er im Alter von zwölf Jahren mit seinen Eltern ins Konzentrationslager Theresienstadt deportiert. Nach der Befreiung aus dem Konzentrationslager holte Rudolf Gelbard die Schulbildung nach. Von 1948 bis 1950 besuchte er die Handelsschule Neumann, die Akademie der Sozialistischen Jugend Österreichs und Lehrveranstaltungen zur Zeitgeschichte und Politikwissenschaft an der Universität Wien und an Volkshochschulen. Von 1954 bis 1963 war Gelbard im Bundesministerium für soziale Verwaltung tätig, in den folgenden Jahren arbeitete er als Marktlieferant für Stoffe und als selbstständiger Handelsvertreter, bevor er 1975 zum „Kurier“ kam, wo er in der Ombudsmann-Redaktion arbeitete und zeitgeschichtliche Recherchen durchführte. Er war außerdem Beobachter in Prozessen gegen NS-Kriegsverbrecher und Neonazi-Prozessen. Nach seiner Pensionierung 1990 trat Gelbard bis zu seinem Tod im Jahr 2018 als Zeitzeuge an der Universität Wien, höheren Schulen, Berufsschulen und als Moderator zu zeitgeschichtlichen Themen auf. Für sein unermüdliches Engagement für Aufklärung und gegen Faschismus und Antisemitismus wurden ihm zahlreiche Auszeichnungen verliehen, darunter das „Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich“, das „Große Goldene Ehrenzeichen des Bundesverbandes der Israelitischen Kultusgemeinden Österreichs“, das „Goldene Verdienstzeichen des Landes Wien“ uvm. Rudolf Gelbard ist in einem Ehrengrab am Wiener Zentralfriedhof bestattet.
Quelle: Stadt Wien