Kärnten: Sucht(tätigkeits)Bericht 2023 - Die Sucht hat viele „Gesichter“

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Barbara Drobesch, Eva Maria Adlmann, Landesrätin Beate Prettner, Thomas Trabi
Foto: Büro LRin Prettner
14 Jun 10:00 2024 von Redaktion Salzburg Print This Article

LR.in Beate Prettner: Tätigkeitsbericht 2023 der „Suchtprävention und Suchtkoordination“ des Landes Kärnten vorgelegt - Suchtrisiken nehmen zu – weiterer Ausbau von Therapieplätzen geplant – Präventionsangebote so umfangreich wie nie: Bereits mehr als 2000 Lehrkräfte für präventive Arbeit in den Klassenzimmern ausgebildet

KLAGENFURT. 70 Seiten umfasst der (Tätigkeits)Bericht 2023 der „UA Suchtprävention und Suchtkoordination“, der heute von Gesundheitsreferentin Beate Prettner gemeinsam mit den zuständigen Expertinnen Barbara Drobesch und Eva Maria Adlmann in einer Pressekonferenz präsentiert wurde. Der Bericht zeichnet nicht nur ein Bild von den präventiven sowie therapeutischen Maßnahmen im Kampf gegen die vielfältigen Formen von Sucht; er gibt auch einen Überblick über die „Suchtsituation“ im Land. Österreichweit erfolgt diese Offenlegung zum Jahr 2023 erst im Feber 2025. „Wir gehen in Kärnten sehr transparent und rasch vor, weil wir die Situation rund um legales und illegales Suchtverhalten laufend analysieren. Das gibt uns die Möglichkeit, sehr schnell auf Entwicklungen reagieren zu können“, erklärte Prettner.

Laut Gesundheitsreferentin ziehen sich Suchterkrankungen durch alle Alters- und Gesellschaftsschichten. „Wenn man von Sucht spricht, ist meistens Drogensucht gemeint. Tatsache ist aber: Die Sucht hat viele Gesichter. Nikotinsucht und Alkoholsucht etwa führen zu viel mehr Todesopfern. Rauchen ist die am weitesten verbreitete Sucht in Österreich. Jede fünfte Person raucht täglich - auch in Kärnten. Tabakrauchen ist in Österreich gemäß aktuellen Schätzungen für 14.000 Todesfälle pro Jahr verantwortlich“, sagte Prettner. Ferner würde jede siebte Person in Kärnten in einem gesundheitsgefährdenden Ausmaß Alkohol konsumieren. Ein solches Verhalten sei bei Männern doppelt so häufig feststellbar ist wie bei Frauen. „Wir dürfen auch nicht die Spielsucht, die Konsumsucht, die Esssucht, die Medien- und Internetsucht vergessen - diese bringen unsagbares Leid für die Betroffenen und deren Familien mit sich“, warnte die Gesundheitslandesrätin. Sucht könne demnach nicht singulär betrachtet werden – „vielmehr handelt es sich um eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung, die Mitstreiter in den unterschiedlichsten Bereichen und einen intensiven Austausch der Institutionen erfordert. Deshalb habe ich auch den Kärntner Suchtbeirat und das Kärntner Suchtforum ins Leben gerufen – mit mehr als 40 ExpertInnen aus den unterschiedlichsten Bereichen und Institutionen.“

Fasst man die Drogensituation kurz zusammenfassen, ist zu sagen: Sie ist steigend und massiven Einflüssen ausgesetzt. „Wie der im Feber dieses Jahres präsentierte GÖG-Bericht zeigte, gab es österreichweit im Jahr 2022 248 Todesfälle aufgrund von illegalem Drogenkonsum; das war ein Plus von 13 Todesfällen. 16 dieser 248 Todesopfer wurden in Kärnten verzeichnet. Das war ein Plus von zwei. Damit befand sich Kärnten österreichweit an 5. Stelle. Im Vorjahr, also 2023, ist die Zahl der Todesfälle weiter gestiegen: und zwar auf 23. Für die anderen Bundesländer gibt es dazu noch keine Zahlen“, informierte die Gesundheitsreferentin.
„Wir müssen generell feststellen, dass der risikoreiche Substanzkonsum zunimmt: Er besteht hauptsächlich aus Mischkonsum (Polytoxikomanie mit Opiatkonsum) – vorrangig wird mit anderen legalen oder illegalen Suchtmitteln kombiniert“, erläuterte Suchtkoordinatorin Barbara Drobesch. „Die größte Herausforderung, vor der wir stehen, ist: Der Markt wird massiv mit Drogen überschwemmt; vom Darknet gar nicht zu reden. Zudem tauchen immer mehr neue Substanzen auf, die in großer Experimentierbereitschaft getestet werden“, hielt Drobesch fest. Sehr schwierig sei es, Suchterkrankte dazu zu animieren, Hilfe anzunehmen. „Betroffene Menschen zu einer Beratung zu motivieren, ist oft ein zäher Prozess – viele Patienten zögern lange, bevor sie Hilfe in Anspruch nehmen. Umso wichtiger ist es, möglichst viele und wohnortnahe Anlaufstellen zu haben“, so Drobesch. Laut LR.in Beate Prettner habe man in Kärnten genau das forciert: „Wir haben unser Beratungs- und Therapieangebot flächendeckend auf alle Bezirke ausgebaut. Wir haben heute um 800 Plätze mehr als vor fünf Jahren. Und aktuell ist ein weiterer Ausbau der Drogenambulanzen in Villach und Klagenfurt in Arbeit.“ Wie Drobesch erklärte, wurden im Vorjahr 4.500 Personen betreut, ca. 2.700 davon haben illegale Substanzen konsumiert. „Es gelingt uns zusehends, mit mehr Betroffenen in Kontakt zu kommen; hilfreich dabei ist unter anderem das Spritzenaustausch-Programm. Es ist bei manchen Betroffenen die einzige Möglichkeit, sie an unsere Hilfsmaßnahmen heranzuführen.“

Wie LR.in Prettner betonte, setze das Kärntner Suchtprogramm bei der Prävention an: „Denn unser Ziel muss es sein, junge Menschen in ihrer Persönlichkeit so zu stärken, dass sie den Herausforderungen und Krisen standhalten können. Wir schärfen deshalb jedes Jahr bei unseren Präventionsmaßnahmen nach und übernehmen alle wissenschaftlich fundierten Angebote für Kärnten. Eva Maria Adlmann, Leiterin der Suchtprävention, stellte fest: „Wir haben im Vorjahr mehr als 20 Prozent der 15- bis 19-Jährigen mit unterschiedlichsten Präventionsangeboten erreicht. Zudem haben wir mittlerweile mehr als 2000 Lehrkräfte als Schlüsselkräfte und Multiplikatoren ausgebildet. Alleine für das Suchtpräventionsprogramm PLUS wurden rund 380 Lehrerinnen und Lehrer geschult. Sie alle arbeiten präventiv direkt in den Klassenzimmern.“ Bei Auffälligkeiten würden diese die Suchtprävention des Landes kontaktieren. „In den Bildungseinrichtungen wenden wir uns mit ganz gezielten, altersgemäßen Programmen an die Jugendlichen“, so Adlmann. „Abgesehen von diesen Angeboten in den Schulen und für die Schulen bieten wir außerhalb der Bildungseinrichtungen laufend Workshops an. Außerdem haben wir im Vorjahr einmal mehr unsere Programme für konsumierende Jugendliche forciert – etwa „Way out“ oder „Grenzwert“. Dazu kommen große öffentliche Schwerpunktsetzungen: Dazu gehört die Dialogwoche Alkohol oder unsere Aktion H2O und 0,0 Promille“, erklärte Adlmann.

Für den Primarius der Abteilung Kinder- und Jugendpsychiatrie im Klinikum Klagenfurt, Thomas Trabi, zeigte sich, dass „gerade in der Suchtthematik ein großes Miteinander von unterschiedlichen Professionen wichtig ist. Die Behandlung von Suchterkrankungen ist nie eine rein medizinische: Es braucht pädagogische Begleitung, es braucht die Sozialarbeit, es braucht Psychotherapien.“ Primarius Trabi warnte aber davor, das Problem zu dramatisieren – „es gibt einen riesengroßen Unterschied zwischen konsumierenden Jugendlichen und suchterkrankten Jugendlichen. Wesentlich ist es, jene jungen Menschen herauszufiltern, die tatsächlich risikoreich konsumieren.“ Das sei natürlich eine Herausforderung. „Es ist daher gut, dass es auch immer mehr Medizinerinnen und Mediziner gibt, die sich diesem Thema zum Beispiel mit motivierender Gesprächsführung widmen. Damit kann es gelingen, Jugendliche rechtzeitig in eine Behandlung zu bringen.“

Noch ein Blick auf das „Sucht“-Budget: „Das Budget wird jedes Jahr aufgestockt. 2023 waren es rund 5,1 Millionen Euro. Im heurigen Jahr ist das Plus mit einer Million Euro sehr deutlich. Notwendig macht das unter anderem der laufende Ausbau an Therapieplätzen, die teuer sind. Aber auch im Präventionsbereich beläuft sich die Steigerung auf knapp 20 Prozent“, informierte Prettner.


Quelle: Land Kärnten



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